Ein Grausames Versprechen
Sie stieg aus, ging die Straße entlang und die inzwischen vertraute Einfahrt hinauf und beobachtete dabei unentwegt die Vorhänge. Nichts. Sie klopfte an die Tür. Noch immer nichts. Sie machte kehrt und ging zum Wagen zurück, wo sie ihr Notizbuch hervorholte und die Uhrzeit notierte.
Sie blätterte eine Seite zurück, wo sie die Autokennzeichen der Rios notiert hatte und ließ es offen auf dem Beifahrersitz liegen, dann schickte sie Murray eine SMS. Nichts hier.
Die Antwort kam rasch. Hier auch nicht.
Sie machte es sich im Sitz bequem. Im schlimmsten Fall würden die Kinder, von denen Nona gesprochen hatte, in ein paar Stunden von der Schule zurückkommen. Ella dachte an das blonde Mädchen im Eingang der Kapelle. Irgendwer würde doch sicherlich kommen, um sich um sie zu kümmern oder sie zu einem Besuch bei ihrem Onkel abzuholen.
Bestimmt.
Auf der Leinwand erschoss eine Person eine andere, und das Popcorn blieb Sal im Hals stecken. Er trank einen Schluck Sprite, aber es schien, als käme es nicht daran vorbei und schäumte wieder in seinen Mund zurück, sodass er husten musste. Der Mann drei Reihen vor ihm drehte sich mit finsterer Miene um. Sals Augen tränten, und er schnappte nach Luft. Das Popcorn war immer noch da. Er glaubte es zu spüren, wenn er an die entsprechende Stelle am Hals drückte. Er trank kleinere Schlucke, und der Klumpen rutschte langsam und schmerzhaft nach unten.
Es half nichts. Der Film war beschissen, der Sitz war unbequem, und wieso mussten die Leute so nahe bei ihm sitzen? Er konnte nicht aufhören, an die Mündung von Thomas’ Pistole zu denken und an seinen Gesichtsausdruck, als er sagte, er würde sich die Sanitäter holen. Keine Beschönigungen, dachte Sal. Töten. Er hatte gesagt, er würde sie töten.
Sal war elend zumute. Der Soundtrack war zu laut, doch selbst dabei hörte er die Frau in seiner Reihe ständig mit Plastik knistern. Er starrte sie eine Weile an, aber sie bemerkte es nicht einmal, sondern schaufelte weiter irgendwelches Zeug in sich hinein.
Schließlich stand er auf und ging an ihr vorbei hinaus.
Die Nachmittagssonne erschien ihm grell nach der Dunkelheit im Kino. Es war bereits nach zwei. Er fragte sich, ob die Polizei bereits bei ihnen gewesen war, ob alles vorbei war. Er ging eine Runde durch das Einkaufszentrum, versuchte sich durch Schaufenster abzulenken, beobachtete einen Jugendlichen, der in einem Computershop ein Videospiel spielte. Dann ging er eine Runde in die andere Richtung. Das Zentrum war riesig, aber bald war er wieder dort, wo er losmarschiert war.
Er dachte an die Sanitäter.
Ihm war übler denn je.
Nichts , textete Murray wieder.
Wie hier , antwortete Ella.
Bald ist Besprechung.
Ich weiß.
Sie saß mit dem Telefon in der Hand da und lugte durch die Büsche. So war das nicht geplant gewesen.
Ein Wagen fuhr langsam vorüber, und sie rutschte tiefer in den Sitz. Es war ein roter Corolla, und er bog in die Nachbareinfahrt der Rios ein. Ella erkannte die Fahrerin als die Frau, die ihnen erzählt hatte, die Rios seien alle im Krankenhaus bei Julio. Sie griff sich ihr Notizbuch und schob es zusammen mit dem Handy in ihre Tasche, dann stieg sie aus.
Die Frau wollte eben in ihr Haus gehen, beide Hände voller Einkaufstaschen aus einem Ökoladen.
»Verzeihung«, rief Ella. »Kann ich Sie kurz sprechen?«
Die Frau stieß die Gittertür mit der Schulter beiseite, um Ella sehen zu können. »Ach, hallo. Lassen Sie mich das nur kurz im Haus abstellen.«
Ella wartete an der Treppe und blickte zum Haus der Rios hinüber. Sie sah von hier einen Teil der Hausseite und bemerkte ein Fenster in der Garage.
»Tut mir leid«, sagte die Frau.
»Es tut mir leid, dass ich mich nicht früher vorgestellt habe«, sagte Ella und zeigte ihren Ausweis. »Ich bin Detective Ella Marconi.«
»Lottie Tuxworth.« Die Hand der Frau war weich. »Haben Sie die Rios im Hospiz gefunden?«
»Ja, danke«, sagte Ella. »Was können Sie mir über Sal erzählen?«
»Er ist ein netter junger Mann, sehr höflich. Hat den Tod seiner Mutter sehr schwer verkraftet.«
»Sehen Sie ihn viel kommen und gehen? Schauen oft Freunde von ihm vorbei?«
»Er scheint nicht sehr viele Freunde zu haben«, sagte Lottie. »Ein Chinese war heute Morgen da und hat mit ihm geredet, aber der könnte auch nur etwas verkauft haben. An meiner Tür war er allerdings nicht.«
»Was hat Sal danach getan?«
»Na ja, kurz darauf habe ich ihn in seinem Wagen wegfahren hören, und
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