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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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unbemannt. Max durchquerte den Hof, erreichte das Ende des Hauses, bog um die Ecke und stieß mit einer Gestalt zusammen. Einer weichen, überraschten. Eindeutig weiblichen.
    »Oh!« Sie wich erschrocken zurück. Und dann: »Hallo.« Sie war schätzungsweise Mitte zwanzig, hübsch, blauäugig, goldhaarig, goldhäutig. Und wenn sie lächelte, gab sie ihre Nationalität preis. Das einzige Land, in dem solche Zähne erzeugt wurden - so regelmäßig, so blendend weiß -, war Amerika. Max starrte sie mit offenem Mund an.
    »Sprechen... Sie... Englisch?« Sie stellte die Frage langsam und mit jener übertriebenen Klarheit, die häufig bei Kindern und Ausländern Anwendung findet.
    Max riss sich zusammen. »Gewiss«, erwiderte er. »Wie ein Einheimischer.«
    Die Besucherin war sichtlich erleichtert. »Phantastisch. Mein Französisch ist ungefähr so...« Sie hielt die Hand hoch und formte mit Daumen und Zeigefinger eine Null. »Vielleicht können Sie mir weiterhelfen? Ich suche den Besitzer des Anwesens. Einen Mr. Skinner?« Die typisch amerikanische Betonung verwandelte jeden Satz in eine Frage.
    »Er steht vor Ihnen.«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf und lachte. »Sie scherzen. Das geht nicht.«
    »Warum?«
    »Dafür sind Sie nicht alt genug.«
    Max rieb sich das Kinn und stellte fest, dass seine Finger mit Schaum bedeckt waren. »Ah. Ich war gerade dabei, mich zu rasieren.« Er wischte die Hand an der Rückseite seiner Shorts ab. »Alt genug wofür?«
    »Mr. Skinner ist mein Vater.«
    »Henry Skinner?«
    Das Mädchen nickte. »Ihnen ist etwas entgangen.« Sie tippte an seine Wange. »Genau hier.«
    Sie blickten sich stumm an, während sich Max das Gesicht abwischte. »Besser?«
    Das Mädchen trat von einem Bein aufs andere. »Es ist mir ungeheuer peinlich, aber ich habe eine lange Fahrt hinter mir und brauche dringend ein Badezimmer. Könnte ich wohl...«
    »Ach so, natürlich. Die Toilette.« Er bat das Mädchen ins Haus und deutete die Treppe hinauf. »Zweite links. Die Tür steht offen.«
    Madame Passepartout tauchte aus dem Wohnzimmer auf, ihr Gesicht ein einziges Fragezeichen, als sie dem Mädchen nachblickte, das zwei Stufen auf einmal nahm. »Eh alors ?«, sagte sie, an Max gewandt.
    »Kaffee«, sagte Max. »Das ist genau das, was wir jetzt brauchen.«
    Madame Passepartout, die spürte, dass sich hier die Gelegenheit für eine kurzweilige Verschnaufpause von den Spinnweben bot, marschierte schnurstracks in die Küche, begann mit Wasserkessel und cafetière zu hantieren und stellte drei Tassen plus Unterteller auf den Tisch. »Aha, ein Überraschungsbesuch von einer Freundin«, sagte sie und warf Max einen viel sagenden Blick zu. »Vielleicht eine copine?«
    »Ich habe sie noch nie im Leben gesehen.«
    Madame Passepartout schnaubte. Nach ihrer Erfahrung tauchten junge Frauen nicht zufällig im Haus junger Männer auf. Dahinter stand immer eine histoire. Sie goss kochendes Wasser über den gemahlenen Kaffee, während sie ungeduldig auf die Rückkehr der Fremden wartete. Sie spürte, dass etwas im Busch war - vielleicht sensationelle Enthüllungen.
    Womit sie Recht hatte, doch zu Madame Passepartouts Leidwesen erfolgten diese in Englisch, einer Sprache, die für sie einem Buch mit sieben Siegeln glich. Dennoch nahm sie am Tisch Platz, als die beiden sich zu unterhalten begannen; ihr Kopf drehte sich dabei unentwegt von einer Seite zur anderen, als wäre sie Zuschauerin bei einem Tennisturnier.
    »So, und jetzt das Ganze noch einmal, der Reihe nach. Das ist Madame Passepartout. Und ich heiße Max.«
    Das Mädchen beugte sich über den Tisch und reichte ihm die Hand. »Christie Roberts. Aus St. Helena, Kalifornien.«
    Daher die blendend weißen Zähne und die Sonnenbräune, dachte Max. »Sie kommen von weit her. Machen Sie hier Urlaub?«
    »Urlaub? Nicht ganz. Aber das ist eine lange Geschichte.« Sie ließ zwei Stück Zucker in ihre Tasse fallen und rührte ihren Kaffee um, während sie ihre Gedanken sammelte. »Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen. Sie sprach nicht oft über meinen Vater, erzählte mir nur, er sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als ich ein Baby war. Vor ein paar Jahren wurde sie sehr krank, und letztes Jahr starb sie. Ein Schlaganfall.« Christie schüttelte den Kopf. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an. Sie sind in Frankreich, dem Paradies der Raucher.« Max holte einen alten Suze-Aschenbecher herbei und schob ihn über den Tisch, während Christie eine

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