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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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und schüttelte den Kopf. »Französinnen. Ständig rücken sie einem auf die Pelle.«
    »Flirten nennt man das hier. Eine uralte französische Gewohnheit, genau wie halsbrecherisches Autofahren.«
    »Flirten? Mit mir? Ich konnte nur mit Mühe und Not meine Hand loseisen.«
    »Was redest du da?«
    »Was glaubst du wohl?«
    »Seltsam. Auf die Idee wäre ich nie gekommen.« Max beobachtete nachdenklich, wie Nathalie vom Dorfplatz abbog und auf ihre Kanzlei zueilte.
    Am Nachmittag nahm Max seine mutmaßliche Cousine auf einen Rundgang über das Anwesen mit. Die Explosion am Vorabend hatte bewirkt, dass sie lockerer miteinander umgingen; die Streitereien waren vergessen, als sie sich den Weg durch die Rebstöcke bahnten und die Route für den Besuch des Önologen festlegten. Ein Weingut war für Christie vertrautes Terrain - ich bin eine richtige Weinbergschnecke, pflegte sie zu sagen -, und sie betrachtete die Rebstöcke mit kundigem Blick, bemerkte das Fehlen von Unkraut und Mehltau und verglich den Rückschnitt der Reben und das Befestigen der Austriebe an der Drahtanlage mit den kalifornischen Methoden. Alles in allem stimmten diese weitgehend überein, wie sie Max erklärte, außer, dass man im Napa Valley mehr Wert auf den letzten kosmetischen Schliff legte und oft einen Rosenbusch am Ende jeder Rebstockreihe pflanzte. »Das habe ich auch schon auf Fotografien aus Burgund und Bordeaux gesehen«, sagte Max. »Aber hier unten macht man sich nicht viel aus schmückendem Beiwerk. Wahrscheinlich haben die Weinbauern das Gefühl, dass sich der Aufwand nicht lohnt, denn schließlich kann man Rosenknospen nicht trinken.«
    »Eigentlich dienen sie nicht als schmückendes Beiwerk. Die Rosen haben vielmehr eine ähnliche Funktion wie früher die Kanarienvögel im Kohlebergwerk: Sie zeigen an, wenn Gefahr im Verzug ist. Wenn beispielsweise eine Krankheit grassiert, befällt sie den Rosenbusch in der Regel vor den Rebstöcken. Es bleibt also Zeit, sie zu behandeln, bevor es zu spät ist. Eine gute Idee, finde ich, auch wenn sie nicht auf dem Mist der Franzosen gewachsen ist.« Sie sah Max schräg von der Seite an. »Und es gäbe überhaupt keine Rebstöcke in Frankreich, wenn Amerika nicht wäre.«
    »Wegen dieses komischen Käfers, oder?«
    Christie nickte. »Phylloxera. An ihm gingen in den 1860er Jahren fast alle Weinreben in Frankreich zugrunde. Dann stellten die Franzosen fest, dass die amerikanischen Rebstöcke resistent gegen die Reblaus waren, und deshalb importierten sie Abermillionen, um damit die europäischen, die überlebt hatten, zu veredeln. Da hast du sie - die Grundzüge der Geschichte des modernen Weinanbaus in dreißig Sekunden.«
    »Das kannst du deinen Besuchern in der Weinkellerei erzählen. Aber ich glaube mich zu erinnern, dass die Reblaus überhaupt erst von Amerika eingeschleppt wurde.«
    Christie grinste. »Lassen wir das Thema.«
    Sie stiegen über die Mauer und betraten ein steiniges Feld am Rande des Grundstücks. Max stieß mit dem Fuß nach den Steinen, um zu sehen, ob sich etwas darunter befand, was auch nur annähernd einer Erdscholle glich. »Kein besonders reizvoller Anblick. Ich wundere mich, dass hier überhaupt etwas wächst.«
    Aber Christie antwortete nicht. Sie hatte ihre Sonnenbrille in die Haare geschoben und sich zwischen die Rebstock-Reihen gehockt. Sie blickte zu Max empor und reichte ihm ein kleines welkes Bündel Weintrauben im embryonischen Zustand, keine Traube größer als der Zündkopf eines Streichholzes. »Schau dir das an.«
    Er nahm das Bündel und wog es in der Hand.
    »Merkst du was?« Sie wartete nicht auf die Antwort. »Die Trauben sind nicht abgefallen. Sie wurden abgeschnitten. Siehst du den diagonalen Schnitt am Stamm? Das ist von einer Gartenschere. Und schau dir das an - überall in dieser Reihe wurden die Trauben auf die gleiche Weise entfernt.« Sie stand auf und ließ den Blick über die Rebstöcke schweifen. »Da drüben auch. Ich wette, auf der ganzen Parzelle.«
    Max konnte sich nicht vorstellen, dass Roussel Stunden damit verbracht hatte, Trauben vorzeitig abzuschneiden, die er mit so viel Mühe gehegt und gepflegt hatte. Das machte keinen Sinn. »Merkwürdig«, sagte er. »Ich wette, so etwas machen sie in Kalifornien nicht.«
    »Oh doch, aber nicht alle«, sagte Christie. »Nur die dogmatischen Weinbauern. Sie entfernen vielleicht jeden zweiten von drei jungen Trieben, damit der Rest besser durchlüftet und mit Nährstoffen versorgt wird. Damit

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