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Ein Hauch von Kirschblüten

Ein Hauch von Kirschblüten

Titel: Ein Hauch von Kirschblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
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er ihm hätte lange böse
sein können.
    „Was duftet denn hier so
köstlich?“, fragte Tom, zog das Jackett aus und hängte es an die Garderobe. Er
trug wieder ein weißes Hemd und man sah die Konturen des Drachen. Jan erinnerte
sich, dass er gestern Abend in derselben Position in Toms Rücken gestanden und
ihn gehalten hatte. Der Drache war ein kraftvolles Wesen. Und hatte er in der
japanischen Mythologie nicht auch schützende Funktion? Die Abbildung war nicht
fernöstlich, sondern eher mittelalterlich, doch Tom hatte sich das Motiv in
Japan stechen lassen. Hatte dieses Tattoo eine besondere Bedeutung für ihn oder
gefiel es ihm lediglich?
    „Jan?“
    „Äh ... Ja?“
    „Wo warst du denn mit deinen
Gedanken?“
    „Bei deinem Drachen.“ Jan grinste
und bat Tom in die Küche. „Hat das Tattoo eine tiefere Bedeutung für dich?“
    „Ja und nein.“ Tom setzte sich an
den Tisch, während Jan die vielen Tonschälchen aus dem Ofen holte. „Zu
allererst finde ich ihn schön, und ich genieße die verwunderten Gesichter, sobald
ich die Klamotten fallenlasse und die Menschen begreifen, dass ich ein anderer
bin, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Zweitens ist der Drache ein
Symbol des Wohlstandes. Es ist zwar kein japanischer Drache, weil ich farbige
Tattoos nicht so schön finde, aber die Magie von Meister Sakkura ist
hoffentlich in dessen Arbeit übergegangen.“
    „Und drittes ist er total sexy“,
bestätigte Jan.
    „Dann war die ganze Schinderei ja
nicht umsonst. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass es nicht schmerzhaft
war.“
    Sie grinsten sich an und widmeten
sich dem Essen. Jan erzählte von dem Getuschel in der Klinik, was ihm einen
finsteren Blick einbrachte. Er ging nicht weiter darauf ein. Tom würde sich
daran gewöhnen müssen, dass er sich nicht versteckte.
    „Und, wie war dein Tag?“
    „Anstrengend! Die Eröffnung
gestern ist ganz gut gelaufen, doch Sandra war sauer, dass sie es allein hat
durchziehen müssen. Ihre Laune war dementsprechend, als ich ihr sagte, dass ich
die nächsten Tage auch nicht da sein werde.“
    „Du kannst doch nichts für den
Unfall!“
    „Im Prinzip schon. Ich war
schließlich der Verursacher.“
    „Ach so? Das hast du mir gar
nicht erzählt.“
    „In Gedanken versunken habe eine
Ampel übersehen. Ich kann froh sein, dass dem anderen Fahrer nichts passiert
ist. Mein Versicherungsvertreter war auch nicht begeistert. Der Porsche war
erst knapp ein halbes Jahr alt.“
    „Du erfüllst auch jedes
Klischee.“
    „Weil ich einen Porsche fahre?
Ich kann ihn mir leisten und er ist standesgemäß.“ Tom grinste breit, doch Jan
behagte die Arroganz in dessen Stimme nicht. Dieser Thomas Richter war ihm
nicht sonderlich sympathisch. „Morgen Vormittag werde ich für ein, zwei Stunden
arbeiten. Du hast hoffentlich ein Büro? Ich habe um elf Uhr eine
Telefonkonferenz mit Mailand, die ich nicht umlegen konnte.“
    Jan nickte. Glücklicherweise
hatte er sich gerade eine Dattel im Speckmantel in den Mund gesteckt, sonst
hätte er Tom eine patzige Antwort an den Kopf geworfen . Der Herr braucht ein
Büro! Er selbst saß lieber mit dem Laptop auf dem Schoß im Schneidersitz in
seinem japanischen Wohnzimmer. Der Schreibtisch im Gästezimmer war ein
Überbleibsel seiner Studienzeit.
    „Ich muss auch noch eine Homepage
programmieren, aber das dürfte schnell gehen.“
    In Gedanken versunken trank Jan
einen großen Schluck Wein. Ihm wurde bewusst, dass sie sehr verschieden waren,
andere Maßstäbe setzten. Sobald er Dienstschluss hatte, bemühte er sich, die
Erlebnisse in der Klinik hinter sich zu lassen. Tom schaltete hingegen nie ab.
Vermutlich lag es daran, dass Jan Angestellter war und Tom die Verantwortung
für eine ganze Firma trug. Obwohl – eigentlich war er Vizechef. Die
Verantwortung trug sein Vater. Und da lag der Hund begraben. Jan war sich nicht
ganz sicher, warum, aber er glaubte, Thomas Richter arbeitete so hart, um sich
dessen Anerkennung zu sichern. Tom hatte sich zwar bemüht, seinen Vater in ein
gutes Licht zu rücken, doch Jan konnte für einen Mann, der den eigenen Sohn in
einer derart schweren Phase seines Lebens nach England abschob, keine Sympathie
empfinden. Das war unmenschlich und zeugte nicht gerade von Liebe und
Zuneigung. Er ist mir ein Fremder geworden , hatte Tom erzählt. Jan
glaubte nicht, dass sich das geändert hatte.
    „Jan?“
    Erschrocken sah Jan auf. Er war
so in die Grübeleien vertieft, dass er nicht einmal mitbekommen

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