Ein Hauch von Schmerz: Erotischer Roman (German Edition)
Carly hatte eine bedeutungsschwere Pause eingelegt, bevor sie das Gespräch mit einem einzigen Wort beendete. »Verliebtsein.«
Carly hatte im Laufe des gestrigen Telefonats eine weitere Bemerkung gemacht, die April sehr zu denken gab. »Lasst euch auf echte Intimität ein. Und damit meine ich: Reden. Nicht über Politik oder Literatur – das ist nicht Reden, sondern Konversation. Du könntest Ray fragen, wieso er von der Musikakademie geflogen ist. Oder hast du das inzwischen selbst gegoogelt?«
»Ich wusste nicht mal, dass er an der Musikakademie war. Ich will ihn direkt kennenlernen, ohne mich vorher im Internet über ihn schlaugemacht zu haben.«
Weil ihr das Thema langsam zu nah ging, hatte sie Carly schließlich gefragt, was es von ihr Neues gab, und war erstaunt gewesen, wie verschlossen ihre Freundin sich plötzlich gegeben hatte. »So einiges, aber da können wir ein andermal drüber reden.«
Da war etwas im Busch, dessen war April sich sicher, und wie sie Carly kannte, würde sie irgendwann damit rausplatzen.
»Twinkle, twinkle, little star«, klimperte sie weiter mit der rechten Hand, während sie sich mit dem linken Ellenbogen auf ein paar tieferen Tönen abstützte und ihr Kopf in ihrer linken Handfläche ruhte. Gut, dass Blain für ein paar Tage verreist war. So konnte sie sich ungestört ihren Grübeleien hingeben.
Hoffentlich meldete sich Ray bald mit einem Besichtigungstermin. Sie musste ihn noch vor Freitag sehen, vor der Restaurantverabredung. Sie brauchte ihn so sehr, dass es wehtat. Verrückt, völlig verrückt, denn sie wusste überhaupt nicht, wie er tickte. Mit Internetrecherchen würde sie ihm nicht näherkommen, vielmehr würde sie eine Wand aus Vorurteilen und Erwartungen errichten.
Ist Ray auf der Suche nach Liebe oder nur nach sexuellen Ausschweifungen? Und beeinflusst das Ziel einer Suche überhaupt das Ergebnis?
April hatte immer sowohl nach Liebe als auch nach Dominanz gesucht. Bei Blain hatte sie nur eines davon gefunden. War beides zusammen überhaupt möglich? Und konnte sie es bei Ray finden?
Als ihr Handy auf dem Couchtisch klingelte, schrak April hoch. Vielleicht war er es. Sie lief hin und nahm das Handy auf. »Hi«, meldete sie sich und merkte, dass man diesem kurzen Wort die Enttäuschung anhörte, denn sie hatte auf dem Display gesehen, dass es Carly war. April hatte sich schon gedacht, dass sie sich bald wieder melden würde.
»Fünfhundert Pfund die Stunde stehen auf dem Spiel. Ich muss das Ding zurückschaffen, ohne dass jemand es merkt.«
April versuchte gar nicht erst, Carlys kryptische Gesprächseröffnung zu entschlüsseln. Anscheinend ging es um »so einiges«, und da fehlten ihr die Hintergrundinformationen. »Welches Ding?«
»Die Peitsche.«
»Na, so was.« April hob die Augenbrauen. » Du hast eine Peitsche?«
»Sie gehört mir nicht, und ich weiß nicht, was ich damit machen soll. Könntest du nicht vorbeikommen?«
April schaute auf ihre nackten, müden Füße hinunter und wackelte mit den Zehen. »Komm du lieber her. Blain ist nicht da«, fügte sie sofort hinzu, denn sie wusste, dass Carly sich in seiner Gesellschaft nicht wohlfühlte.
Wie sich eine halbe Stunde später herausstellte, schüchterte das Ambiente von Blains Wohnung Carly sogar dann ein, wenn er nicht zugegen war, denn sie sagte zur Begrüßung: »Puh, ich muss nur einen Fuß über die Schwelle setzen, und schon möchte ich den Blick senken und sagen: ›Ja, Meister, wie Sie wünschen.‹ Es wird höchste Zeit, dass du etwas Neues findest.«
April küsste Carly auf die Wange. »Erstens habe ich Blain weder gesiezt noch mit Meister angesprochen, und zweitens hast du recht, was eine neue Wohnung anbetrifft. Ich warte stündlich auf Rays Anruf.«
»Und das nicht nur wegen seiner Funktion als Immobilienmakler, hm?« Carly legte ihre Umhängetasche aufs Sofa, öffnete sie und holte eine zusammengerollte Lederpeitsche heraus. »Hier ist das Corpus Delicti.«
April setzte sich und klopfte auf das Polster neben sich. Sie hatte Käsesandwiches gemacht und eine Flasche Rotwein geöffnet, aus der sie Carly einschenkte. Sie reichte ihr das Glas. »Atme tief durch und erzähl mir schlüssig und chronologisch, warum die Peitsche ein Problem ist und was es mit dem Stundenhonorar von fünfhundert Pfund auf sich hat. Arbeitest du jetzt als Domina?«
Carly grinste und sagte mit Pathos: »Steve Kendall. Der Steve Kendall.« Sie seufzte glücklich. »Wenn alles gut geht, werde ich der Star seiner
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