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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zwei Sengas getroffen.«
    Sie lachte.
    »Machen die Schotten das mit anderen Namen auch?«
    »Sie rückwärts drehen?« Er überlegte. »Na ja, ich war mit einem Mädchen in der Schule, das Adnil hieß, und im Lebensmittelladen hat ein Junge gearbeitet, der für die alten Damen in der Nachbarschaft den Botenjungen gespielt hat – sein Name wird ›Kirry‹ ausgesprochen, aber ›C-i-r-e‹ buchstabiert.«
    Sie sah ihn scharf an, für den Fall, dass er sie aufzog, doch das tat er nicht. Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, Mama hat Recht, was die Schotten angeht. Dein Name rückwärts wäre dann also -«
    »Regor«, bestätigte er. »Klingt wie eine Kreatur aus einen Godzilla-Film,
nicht wahr? Ein Riesenaal vielleicht, oder ein Käfer, aus dessen Augen Todesstrahlen leuchten.« Er schien seinen Spaß an dieser Vorstellung zu haben.
    »Darüber hast du schon öfter nachgedacht, nicht wahr?«, sagte sie lachend. »Was wärst du denn lieber?«
    »Tja, als Kind fand ich den Käfer mit den Todesaugen besser«, gab er zu. »Dann bin ich zur See gefahren und habe die eine oder andere Muräne in meinem Netz an Bord gehievt. So einem Kerl würde man nicht gern in einer dunklen Gasse begegnen, das kannst du mir glauben.«
    »Auf jeden Fall sind sie beweglicher als Godzilla«, sagte sie und erschauerte sacht bei der Erinnerung an die einzige Muräne, der sie je persönlich begegnet war. Knapp anderthalb Meter Federstahl und Gummi, schnell wie der Blitz und mit einem ganzen Maul voller Rasierklingen ausgestattet, war sie aus dem Frachtraum eines Fischerbootes ans Tageslicht gekommen, dem sie in einer kleinen Hafenstadt namens MacDuff beim Entladen zugesehen hatte.
    Sie hatte mit Roger, auf eine niedrige Steinmauer gestützt, am Hafen gestanden und träge die Möwen beobachtet, die sich vom Wind tragen ließen, als ein Alarmruf auf dem Fischerboot genau unter ihnen ihre Blicke gerade rechtzeitig auf sich zog, um zu sehen, wie die Fischer Hals über Kopf vor irgendetwas an Deck flüchteten.
    Eine dunkle Sinuskurve war durch die silberne Fischmasse an Deck geschossen, unter der Reling hindurchgeflitzt und auf den nassen Steinen des Kais gelandet, wo sie eine ähnliche Panik unter den Fischern auslöste, die dort ihre Ausrüstung mit Wasser abspritzten. Die Muräne hatte sich gewunden und um sich geschlagen wie ein durchgedrehtes Hochspannungskabel, bis ein Mann in Gummistiefeln sich ein Herz gefasst und sie mit einem Tritt zurück ins Wasser befördert hatte.
    »Na ja, eigentlich sind Muränen gar nicht so übel«, sagte Roger sachlich, während er sich offensichtlich an dieselbe Szene erinnerte. »Zumindest kann man ihnen keine Vorwürfe machen; wenn man ohne Warnung vom Meeresboden an die Luft geschleift wird – da würde doch jeder um sich schlagen.«
    »Das stimmt«, sagte sie und dachte dabei an Roger und sich selbst. Sie nahm seine Hand, verschlang ihre Finger mit den seinen und fand Trost in seinem festen, kalten Griff.
    Sie waren jetzt nah genug, um Gelächter und Gesprächsfetzen aufzufangen, die in die kalte Nacht aufstiegen wie der Rauch des Feuers. Kinder rannten herum; sie sah zwei kleine Gestalten zwischen den Beinen der Menge am Feuer umherflitzen, schwarz und dünn wie Kobolde zu Halloween.
    Das war doch wohl nicht Jem? Nein, er war kleiner, und Lizzie würde doch sicher nicht -
    »Mej«, sagte Roger.
    »Was?«

    »Jem rückwärts«, erklärte er. »Ich habe nur gerade daran gedacht, was für einen Spaß es machen würde, mit ihm zusammen Godzilla-Filme zu sehen. Vielleicht wäre er ja gern der Käfer mit den Todesstrahlen. Das wäre doch toll, aye?«
    Er klang so sehnsüchtig, dass es ihr die Kehle zuschnürte, und sie drückte ihm fest die Hand und schluckte.
    »Erzähl ihm doch Godzilla-Geschichten«, sagte sie bestimmt. »Es sind sowieso Märchen. Ich zeichne ihm Bilder.«
    Da lachte er.
    »Himmel, mach das, und sie werden dich steinigen, weil du mit dem Teufel unter einer Decke steckst, Brianna. Godzilla sieht so aus, als stammte er direkt aus der Johannes-Offenbarung – so hat man mich zumindest informiert.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Eigger.«
    »Wer … oh«, sagte sie und drehte das Wort in Gedanken um. »Reggie? Wer ist Reggie?«
    »Der Reverend.« Sein Großonkel, sein Adoptivvater. In seiner Stimme lag immer noch ein Lächeln, doch jetzt war es mit nostalgischer Sehnsucht versetzt. »Als wir samstags zusammen in einem Monsterfilm waren. Eigger und Regor – und du hättest die Mienen des

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