Ein Hauch von Schnee und Asche
Hemdschoß,
Eine Hand voll Seetangfeuer
In einer hölzernen Kelle.
Drei Knochen eines alten Mannes,
Frisch aus dem Grab geraubt,
Neun Stängel Königsfarn,
Frisch geschnitten mit der Axt.
Verbrenne das auf einem Reisigfeuer,
Bis es zu Asche zerfällt;
Streue es deinem Liebsten auf die Brust,
Gegen des Nordwinds Gift.
Umrunde den Hügel der Fortpflanzung,
Fünfmal im Kreis,
Und ich will dir schwören,
Dieser Mann verlässt dich nie.«
Mrs. Bug löste die Hände voneinander, ergriff ein neues Rübchen, das sie mit gezielten Bewegungen vierteilte und in den Topf warf. »Ich hoffe, Ihr wollt so etwas nicht für Euch selbst?«
»Nein«, murmelte Brianna und spürte, wie ihr der kleine kalte Fleck weiter über den Rücken kroch. »Meint Ihr – würden die Fischersleute einen solchen Zauber anwenden?«
»Nun, was das angeht, so kann ich nicht sagen, was sie tun würden – aber einige von ihnen kennen diesen Zauber mit Sicherheit; er ist weithin bekannt, obwohl ich selbst niemanden kenne, der ihn schon einmal benutzt hat. Es gibt einfachere Möglichkeiten, einen Jungen verliebt zu machen«, fügte sie hinzu und wies mahnend mit ihrem Stummelfinger auf Brianna. »Kocht ihm zum Beispiel eine ordentliche Portion Rübchen in Milch und tischt sie ihm mit Butter auf.«
»Ich werde es nicht vergessen«, versprach Brianna lächelnd und entschuldigte sich.
Eigentlich hatte sie heimgehen wollen; es waren Dutzende von Dingen zu erledigen, vom Garnspinnen und Weben zum Rupfen und Ausnehmen des halben Dutzends Gänse, die sie geschossen und im Schuppen aufgehängt hatte. Doch stattdessen ertappte sie sich dabei, dass sich ihre Schritte bergauf wandten und dem überwucherten Pfad folgten, der zum Friedhof führte.
Es war wohl kaum Amy McCallum, von der der Zauber stammte, dachte sie. Sie hätte stundenlang gebraucht, von ihrer Hütte den Berg herunterzusteigen, und sie hatte schließlich ein Baby, um das sie sich kümmern musste. Doch ein Baby konnte man tragen. Und niemand würde wissen, ob sie ihre Hütte verlassen hatte, außer vielleicht Aidan – und Aidan sprach mit niemandem außer Roger, den er anbetete.
Die Sonne war schon fast untergegangen, und dem kleinen Friedhof haftete
etwas Melancholisches an. Die langen Schatten der schützenden Bäume fielen kalt und dunkel über den mit Nadeln übersäten Boden und die kleine Ansammlung grober Steinplatten, Grabhügel und hölzerner Kreuze. Die Kiefern und Hemlocktannen murmelten beklommen im aufkommenden Abendwind.
Das Gefühl der Kälte hatte sich von ihrer Wirbelsäule her ausgebreitet und nahm jetzt einen großen Fleck zwischen ihren Schulterblättern ein. Der Anblick der aufgewühlten Erde unter dem mit »Ephraim« markierten Kreuz war auch nicht besonders hilfreich.
50
Auf Messers Schneide
Er hätte es besser wissen sollen. Wusste es besser. Doch was hätte er tun können. Viel wichtiger, was sollte er jetzt tun?
Roger stieg langsam den Berg hinunter, dessen Schönheit er kaum wahrnahm. Kaum, aber doch ein wenig. So trostlos die abgeschiedene Mulde, in der Amy McCallums wackelige Hütte zwischen den Lorbeerbüschen hockte, im Winter war – im Frühjahr verwandelte sie sich in ein Meer lebendiger Farben, so kräftig, dass er trotz seiner Sorge die flammenden Rottöne nicht übersehen konnte, unterbrochen von den sanften Cremefarben des Hartriegels und Heidelbeerteppichen, deren winzige blaue Blüten an schlanken Stielen nickend über dem wilden Bach hingen, der neben dem steinigen Pfad bergab sprudelte.
Sie mussten die Stelle im Sommer ausgewählt haben, dachte er zynisch. Sie war ihnen damals sicher bezaubernd vorgekommen. Er hatte Orem McCallum nicht gekannt, doch der Mann war eindeutig ebenfalls nicht praktischer veranlagt gewesen als seine Frau, sonst hätten sie die Gefahren ihrer Abgeschiedenheit erkannt.
Doch die gegenwärtige Situation war nicht Amys Schuld; er durfte ihr keine Vorwürfe für seinen eigenen Mangel an Urteilsvermögen machen.
Auch sich selbst machte er nicht unbedingt Vorwürfe – doch er hätte eher bemerken sollen, was im Gange war; was sich die Leute erzählten.
Alle wissen, dass Ihr mehr Zeit oben bei der Witwe McCallum verbringt als bei Eurer eigenen Frau.
Das hatte Malva Christie zu ihm gesagt und trotzig ihr kleines spitzes Kinn gehoben. Sagt es meinem Vater, und ich erzähle allen, dass ich gesehen habe, wie Ihr Amy McCallum küsst. Sie werden es mir glauben.
Er spürte ein Echo des Erstaunens, das er bei
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