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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Sonntagmorgen beigebracht und das mit Tom Dooley und … und noch viel mehr«, schloss er, weil ihm nichts mehr einfiel.
    »Wirklich? Oh, das ist ja – leg das hin!«, befahl sie, als er geistesabwesend einen offenen Beutel Krapp anfasste.
    »Hoppla.« Er blickte schuldbewusst auf den Farbklecks, der aus dem Lederbeutel
gespritzt und auf seinem Hemd gelandet war, dann auf sie und setzte sich zögerlich zur Tür in Bewegung.
    »Hoppla, sagt er«, knurrte sie finster. »Keine Bewegung!« Sie packte ihn blitzschnell am Kragen und ging mit einem terpentingetränkten Tuch heftig auf die Vorderseite seines Hemdes los; es gelang ihr nur, einen großen rosa Fleck anstatt eines leuchtend roten Streifens zu produzieren.
    Jem ließ diese Prozedur schweigend über sich ergehen, und sein Kopf wackelte hin und her, während sie an ihm zerrte.
    »Was machst du überhaupt hier«, wollte sie gereizt von ihm wissen. »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst dir eine Beschäftigung suchen?« Daran herrschte schließlich auf River Run kein Mangel.
    Er ließ den Kopf hängen und murmelte etwas, wobei sie das Wort »Angst« ausmachte.
    »Angst? Wovor denn?« Etwas sanfter zog sie ihm das Hemd über den Kopf.
    »Vor dem Gespenst.«
    »Welchem Gespenst denn?«, fragte sie argwöhnisch. Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie damit umgehen sollte. Ihr war bewusst, dass sämtliche Sklaven auf River Run an Geister glaubten, die für sie einfach zu den Dingen des Lebens gehörten. Dasselbe galt für sämtliche schottischen Siedler in Cross Creek, Campbelton und Fraser’s Ridge. Und für die Deutschen aus Salem und Bethania. Und nicht zuletzt für ihren eigenen Vater.
    Sie konnte nicht einfach so zu Jem sagen, dass es keine Gespenster gab – vor allem, da sie selbst nicht völlig davon überzeugt war.
    »Maighistear àrsaidh« , sagte er und sah zum ersten Mal zu ihr auf. Seine dunkelblauen Augen schimmerten verstört. »Josh sagt, sein Geist geht um.«
    Etwas huschte ihr über den Rücken wie ein Tausendfüßler. Maighistear àrsaidh bedeutete der alte Master – Hector Cameron. Sie blickte unwillkürlich zum Fenster. Sie befanden sich in dem kleinen Zimmer oberhalb der Stallungen, wo sie ihre schmutzigsten Farbvorbereitungen treffen konnte – und Hector Camerons weißes Marmormausoleum war von hier aus deutlich zu sehen, wie ein schimmernder Zahn am Rand des Rasens.
    »Warum mag Josh das wohl sagen?«, fragte sie und versuchte, Zeit zu schinden. Ihr erster Impuls war anzumerken, dass Gespenster nicht am helllichten Tag umgingen – doch dies führte zu dem offensichtlichen Schluss, dass sie bei Nacht umgingen, und das Letzte, was sie beabsichtigte, war, Jem Albträume zu verursachen.
    »Er sagt, Angelina hat ihn gesehen, vorletzte Nacht. Ein großer alter Geist«, sagte er und richtete sich mit weit aufgerissenen Augen und Krallenhänden auf, offenbar um Joshs Bericht zu imitieren.
    »Ach ja? Was hat er denn getan?« Sie sprach in einem Tonfall schwacher Neugier, und es schien zu funktionieren; fürs Erste war Jem eher neugierig als ängstlich.

    »Er ist herumgelaufen«, antwortete Jem mit einem kleinen Achselzucken. Was sollte ein Gespenst sonst schon tun?
    Ihr fiel ein hoch gewachsener Herr ins Auge, der unten auf dem Rasen unter den Bäumen umherschlenderte, und dabei kam ihr ein Gedanke. »Hat es dabei Pfeife geraucht?«
    Jemmy schien die Vorstellung eines Pfeife rauchenden Gespensts etwas zu verblüffen.
    »Ich weiß nicht«, sagte er skeptisch. »Rauchen Gespenster den Pfeife?«
    »Das bezweifle ich irgendwie«, sagte sie. »Aber Mr. Buchanan tut es. Siehst du ihn da unten auf dem Rasen?« Sie trat zur Seite und wies mit dem Kinn zum Fenster, und Jem stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Fensterbank hinauszulugen. Mr. Buchanan, ein Bekannter von Duncan, der zu Besuch war, rauchte tatsächlich gerade ein Pfeifchen; der Tabakduft drang schwach durch das offene Fenster zu ihnen.
    »Ich glaube, es war vielleicht Mr. Buchanan, den Angelina im Dunklen gesehen hat«, sagte sie. »Vielleicht war er im Nachthemd, weil er zum Abort musste, und sie hat nur das Weiß gesehen und gedacht , dass er ein Gespenst ist.«
    Jem kicherte bei diesem Gedanken. Er schien sich nur zu gern beruhigen zu lassen, zog aber ein wenig den Kopf ein, als er jetzt Mr. Buchanan einer genaueren Musterung unterzog.
    »Josh sagt, Angelina hat das Gespenst aus dem Grab vom alten Mr. Hector kommen sehen«, sagte er.
    »Ich vermute, Mr. Buchanan ist nur um das Grab

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