Ein Hauch von Schnee und Asche
meinem Schal und stieß leise Prustlaute aus, die wie bei einer Dampfmaschine als weiße Wölkchen aufstiegen.
»Und die Kerze im Schlafzimmer? Die kleine Lampe in deinem Sprechzimmer?«
»Ja«, versicherte ich ihm und tauchte aus den Tiefen des Schals wieder
auf. Meine Augen tränten, und ich hätte sie mir gern gewischt, doch ich hatte ein großes Bündel im einen Arm, und am anderen hing ein zugedeckter Korb. Dieser enthielt Adso, den wir mit Gewalt aus dem Haus hatten entfernen müssen und dem das überhaupt nicht gefiel; aus dem Korb ertönte leises Knurren, und er schwankte und schlug mir gegen das Bein.
»Und das Binsenlicht in der Vorratskammer und die Kerze im Wandhalter im Flur und das Kohlebecken in deinem Studierzimmer und die Fischöllaterne, die du im Stall benutzt. Ich bin mit einem Läusekamm durch das ganze Haus gegangen. Nirgendwo auch nur ein Funke.«
»Also gut«, sagte er – musste aber trotzdem noch einen beklommenen Blick zurück zum Haus werfen. Ich folgte seiner Blickrichtung; es sah kalt und verloren aus, und seine weißen Bretter wirkten gegen den jungfräulichen Schnee ziemlich schmutzig.
»Es wird kein Unfall sein«, sagte ich. »Es sei denn, die weiße Sau spielt in ihrer Höhle mit Streichhölzern.«
Das brachte ihn den Umständen zum Trotz zum Lächeln. Mir kamen die Umstände im Moment offen gestanden etwas absurd vor; die ganze Welt schien verlassen zu sein, fest gefroren und reglos unter dem Winterhimmel. Nichts kam mir unwahrscheinlicher vor, als dass die Katastrophe über uns hereinbrach und das Haus durch ein Feuer zerstört wurde. Dennoch … Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Und wie Jamie im Lauf der Jahre, seit Roger und Brianna uns die Nachricht von diesem gruseligen Zeitungsausschnitt überbracht hatten, mehr als einmal angemerkt hatte: »Wenn man weiß, dass das Haus an einem bestimmten Tag abbrennen soll, warum sollte man dann darin herumstehen?«
Also standen wir nicht darin herum. Mrs. Bug hatte Anweisung, zu Hause zu bleiben, und Amy war mit ihren beiden kleinen Jungen schon in Briannas Hütte – verwundert, aber folgsam. Wenn Ehrwürden sagte, dass bis zur nächsten Morgendämmerung niemand einen Fuß in das Haus setzen sollte… nun, dann gab es dem nichts hinzuzufügen, oder?
Ian war schon vor der Dämmerung aufgestanden, um Brennholz aus dem Schuppen zu holen und zu spalten; alle würden es gemütlich und warm haben.
Jamie selbst war die ganze Nacht auf gewesen, um sich um das Vieh zu kümmern, sein Waffenarsenal zu verteilen – es befand sich kein Körnchen Schießpulver mehr im Haus – und unruhig die Treppe hinauf- und hinunterzugehen, weil er mit gespitzten Ohren auf jedes Knacken der Glut in der Küche, jede brennende Kerzenflamme und jedes Geräusch im Freien lauschte, das die Ankunft eines Feindes verraten konnte. Das Einzige, was er nicht getan hatte, war, sich mit einem nassen Sack aufs Dach zu setzen und argwöhnisch nach Blitzen auszuschauen – und das auch nur, weil es eine wolkenlose Nacht war und die Sterne gigantisch und hell über uns in der gefrorenen Leere brannten.
Ich hatte ebenfalls nicht viel geschlafen; ich war gleichermaßen von Jamies Herumwandern und von lebhaften Feuerträumen gestört worden.
Doch das einzige Feuer, das zu sehen war, war dasjenige, das als willkommene Rauchsäule aus Briannas Schornstein Funken sprühte, und als wir dankbar die Tür öffneten, empfing uns die Wärme eines lodernden Kaminfeuers und einer Reihe von Menschen.
Nachdem Aidan und Orrie im Dunklen geweckt und durch die Kälte gezerrt worden waren, waren sie prompt zu Jemmy ins Bett gekrabbelt, und die drei kleinen Jungen schliefen tief und fest, wie die Igel unter ihrer Bettdecke zusammengerollt. Amy half Brianna beim Frühstück; vom Herdfeuer stiegen aromatische Porridge- und Schinkendüfte auf.
»Ist alles gut, Ma’am?« Amy eilte herbei, um mir das große Bündel abzunehmen, das ich dabeihatte – und das meine Arzttruhe, die selteneren und wertvolleren Kräuter aus meinem Sprechzimmer beinhaltete … und zudem das versiegelte Glas mit der letzten Sendung weißen Phosphors enthielt, den Lord John Brianna als Abschiedsgeschenk geschickt hatte.
»Ja«, versicherte ich ihr und stellte Adsos Korb auf den Boden. Ich gähnte und warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf das Bett, machte mich aber daran, meine Truhe in der angebauten Vorratskammer zu verstauen, wo sie vor den Kindern sicher war. Den Phosphor stellte ich auf das höchste
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