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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Konversation zu betreiben. »Ihr seht furchtbar müde aus, wenn ich das sagen darf.«
    Ich hatte ihn beim Gähnen überrascht; er schluckte es herunter, blinzelte und lachte dann.
    »Aye, Ma’am. Ich habe den ganzen letzten Monat im Sattel verbracht und höchstens jede dritte Nacht ein Bett gesehen.«
    Er sah wirklich müde aus, selbst im weichen Licht des Sonnenuntergangs; die Erschöpfung grub ihm die Falten tief ins Gesicht, und die Haut unter seinen Augen hatte dunkle Tränensäcke gebildet. Er war kein gut aussehender Mann, besaß jedoch normalerweise eine kecke Selbstsicherheit, die ihm eine attraktive Ausstrahlung verlieh. Jetzt sah er nach dem aus, was er war; ein Soldat auf halbem Sold, der auf die fünfzig zuging, keinem regulären Regiment angehörte und keinen regulären Dienst versah und sich daher an jeden kleinen Kontakt klammerte, dem ihm möglicherweise förderlich sein konnte.
    Normalerweise hätte ich ihn nie auf Geschäftliches angesprochen, doch das Mitgefühl bewegte mich zu der Frage: »Arbeitet Ihr im Augenblick viel für Gouverneur Martin?«

    Er nickte, trank noch einen Schluck Cidre und atmete danach tief aus.
    »Aye, Ma’am. Der Gouverneur war so freundlich, mich damit zu beauftragen, ihm Nachrichten über die Zustände im Hinterland zu bringen – und tut mir sogar den Gefallen, dann und wann auf meinen Rat zu hören.« Er richtete den Blick auf Jamie, der wie ein Igel zusammengerollt da lag und zu schnarchen begonnen hatte, und lächelte.
    »Was die Ernennung meines Mannes zum Indianeragenten angeht, meint Ihr? Dafür sind wir Euch wirklich dankbar, Major.«
    Er tat meinen Dank mit einer beiläufigen Handbewegung ab.
    »Ah, nein, Ma’am; das hatte höchstens indirekt mit dem Gouverneur zu tun. Solche Ernennungen sind Sache des Superintendenten des Südlichen Departments. Obwohl es natürlich im Interesse des Gouverneurs ist«, fügte er hinzu und trank noch einen Schluck, »Neuigkeiten von den Indianern zu erfahren.«
    »Er wird Euch morgen sicher alles erzählen«, versicherte ich ihm und wies kopfnickend auf Jamie.
    »Natürlich, Ma’am.« Er zögerte einen Moment. »Wisst Ihr vielleicht… hat Mr. Fraser vielleicht erwähnt, ob bei seinen Unterredungen in den Dörfern – war dabei vielleicht die Rede von … Bränden?«
    Ich setzte mich kerzengerade hin, und das Cidresummen in meinem Kopf verstummte.
    »Was ist passiert? Hat es noch mehr Brände gegeben?«
    Er nickte und rieb sich müde mit der Hand durch das Gesicht und über seine sprießenden Bartstoppeln.
    »Aye, zwei – aber einer war nur ein Scheunenbrand in der Nähe von Salem. Gehörte einem der Herrnhuter Brüder. Nach allem, was ich darüber in Erfahrung bringen konnte, waren es wahrscheinlich die schottisch-irischen Presbyterianer, die sich in Surry County niedergelassen haben. Ein Mistkäfer von einem Prediger hat sie gegen die Herrnhuter Brüdergemeinde aufgebracht – diese gottlosen Heiden -« Bei diesen Worten grinste er plötzlich, wurde dann aber wieder nüchtern.
    »In Surry County braut sich schon seit Monaten etwas zusammen. Es ist schon so weit gegangen, dass die Brüdergemeinde eine Petition beim Gouverneur eingereicht hat, die Grenzlinien neu zu ziehen und sie so alle nach Rowan County zu verlegen. Die Grenze zwischen Surry und Rowan zieht sich mitten durch ihr Gebiet. Und der Sheriff von Surry ist…« Er machte eine abfällige Handbewegung.
    »Vielleicht nicht so versessen auf die Erfüllung seiner Pflicht wie er es sein sollte?«, half ich nach. »Zumindest, was die Herrnhuter Brüdergemeinde betrifft?«
    »Er ist der Vetter des Mistkäfers«, sagte MacDonald und leerte seinen Becher. »Habt Ihr übrigens irgendwelche Probleme mit Euren neuen Pächtern gehabt?«, fügte er hinzu, als er ihn sinken ließ. Er ließ die Augen mit einem
schiefen Lächeln über den Hof schweifen, auf dem überall Grüppchen von Frauen zufrieden plauderten, während ihre Männer zu ihren Füßen schliefen. »Es sieht so aus, als würden sie sich hier zu Hause fühlen.«
    »Nun ja, sie sind Presbyterianer und machen keinen Hehl daraus – aber sie haben zumindest noch nicht versucht, das Haus niederzubrennen.«
    Ich warf einen raschen Blick zur Veranda, wo Mr. Wemyss und seine Begleiterin immer noch saßen und die Köpfe im Gespräch zusammengesteckt hatten. Mr. Wemyss war wahrscheinlich der einzige Mann, der noch bei Bewusstsein war, abgesehen vom Major selbst. Die Dame war zwar eindeutig Deutsche, aber ich hatte nicht das

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