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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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Lösung, kam ihr aber ziemlich nahe. Das Nichts kam mir im Vergleich zu meinem damaligen Leben gar nicht so schlecht vor.
    Sobald der Whiskey ausgetrunken wäre, würde ich zum Revolver greifen und meinem Schmerz ein Ende bereiten. Dabei hatte ich keine Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Frank. Ich hatte Gott angerufen, Ihm meine Seele angeboten und keine Antwort erhalten.
    Barbara musste etwas geahnt haben, weil sie in der Nacht nach ihrem Konzert bei mir auftauchte. Ich versuchte, sie loszuwerden, schaffte es aber nicht. Sie saß einfach da, sah mir beim Trinken zu und hielt meine Hand, wenn ich das duldete. Schließlich brachte sie mich zum Reden. Alles sprudelte aus mir heraus wie aus einem Fass ohne Boden.
    Sie weigerte sich schlichtweg zu glauben, dass es meine Schuld gewesen war, dass Frank nach Vietnam ging. Ihre Argumente änderten meine Meinung nicht. Aber ich musste begreifen, dass nicht alle die Dinge im selben Licht sahen wie ich.
    Dann war der Whiskey aus. Noch war ich stolz genug, sie nicht um Nachschub zu bitten. Sie blieb drei Tage bei mir, hielt mich in ihren Armen, sprach mit mir, liebte mich. Ich habe niemals einen besseren Freund gehabt. Niemals hat jemand mehr für mich getan, ohne etwas dafür zu verlangen. Es hat mir, verdammt noch mal, fast das Herz zerrissen, als sie mir drei Monate später sagte, sie wäre schwanger. Sie gehörte damals zu den Fettaugen in der Suppe, stand kurz vor ihrem ersten Nummer-Eins-Hit. Im Musikgeschäft waren zweite Chancen so selten wie ein Erfolg über Nacht.
    Ich habe mich immer gefragt, ob Barbara eine Vorahnung hatte, dass sie nicht lange genug leben würde, um ein Kind großzuziehen. Sie war die einzige Frau, die ich je gekannt habe, die aus einer Minute siebzig Sekunden herausbekam. Trotzdem war sie ständig in Sorge, ihr würde nicht genug Zeit bleiben.
    Im darauffolgenden Jahr feierte sie ihren ersten Hit. Von da an reservierte sie mir auf jedem ihrer Konzerte einen Platz. Ich war klug genug, in die zweite Reihe zu treten und sie ziehen zu lassen, als ihr Stern aufging. Sie hat mich immer am Geburtstag des Kindes angerufen, von überall aus der Welt, und wir haben über alles gesprochen. Nur nicht über das Kind.
    Drei Jahre bevor sie starb, beauftragte ich jemanden damit, Ginger zu suchen. Ich wollte wissen, ob sie geliebt und ob so für sie gesorgt wurde, wie sie es verdiente. Der Detektiv dachte, ich wollte Beweise sehen, und brachte mir Fotos mit. Ginger saß auf einer Schaukel und strahlte, als ob es in ihrem Leben nur Sonnenschein und Regenbogen geben würde. Ich dachte lange darüber nach, bevor ich ein Foto an Barbara weitergab. Sie weinte und wollte mir weismachen, es wären Freudentränen. Ich habe ihr nicht geglaubt.
    Barbara behielt das Foto. Es wurde nach dem Flugzeugunglück gefunden und mir mit den persönlichen Sachen übergeben, die sie mir vermacht hatte. Als die Schachtel ankam, war ich gerade in Mexiko. Ich versuchte, Probleme mit dem Export der Erdbeeren zu lösen, die sonst auf den Feldern verfaulen würden. Als ich in der nächsten Woche nach Hause kam, hatte Carmen eins und eins zusammengezählt. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass ich eine Affäre mit Barbara gehabt hatte. Dass es vorbei gewesen war, bevor ich sie geheiratet hatte, glaubte sie mir nicht. Sie benutzte es als Vorwand, um mich zu verlassen und Christina mit nach Mexico City zu nehmen.
    Ich war Mitte fünfzig gewesen, als wir uns kennenlernten, und Carmen gerade mal zwanzig. Sie war die Nichte meines Geschäftspartners und entstammte einer mächtigen und wohlhabenden Familie aus Mexico City. Und sie war schwanger. Obwohl ihre bestürzten Eltern gedroht hatten, sie zu enterben, weigerte sie sich, den Namen des Kindsvaters preiszugeben. Ich bot ihr einen Platz in meinem Haus an, sie hielt das für einen Heiratsantrag – und schon war ich wieder verheiratet. Die Ehe war zum Scheitern verurteilt, bevor sie richtig begonnen hatte.
    Wir hätten sie annullieren lassen können und sollen, als Carmen einen Monat später das Kind verlor. Aber da wohnten wir schon in San Diego, und sie wollte nicht zurück nach Hause.
    Der Geschmack der Freiheit ohne die Argusaugen der Familie erwies sich als ebenso verführerisch wie billiger Tequila. Das sollte ihr ein paar Jahre später klar werden, als die Ehe und San Diego ihren Charme für sie verloren hatten.
    In den Augen ihrer Freunde war ich ein alter Mann. Wie peinlich. Wir hatten nichts miteinander gemein außer dem Kind, das wir

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