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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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überhaupt nicht zu denken.
    »Ja, Paps, da möchte ich hin! Da hätte ich schon im vergangenen Jahr hinmögen, als ich die Anzeige zum erstenmal las. DMF, verstehst du, die bauen Motoren für den internationalen Flugverkehr, und neuerdings auch Düsen.«
    »Jajajajaja, schon gut, davon erzählst du mir später einmal. Ich muß jetzt leider zum Dienst. Also schön, das überlegen wir uns noch einmal gründlich in den nächsten Tagen, nicht wahr? Sag einmal, wo hast du die Anzeige eigentlich ausgeschnitten?«
    »Aus dem Generalanzeiger.«

    Um halb sieben legte der Zeitungsträger den Generalanzeiger in sieben Exemplaren unten im Hausflur auf die erste Treppe. Nachdem er von Holldorfs schon die Säge ausgeborgt hatte, mochte Werner Fröhlich die Nachbarn nicht auch noch um die Zeitung bitten. Also schlich er, kaum daß die Blätter in den Hausflur geflogen waren, nach unten, nahm ein Blatt und verdrückte sich damit auf die Kellertreppe, um sich den Stellenmarkt anzusehen und das, was für ihn in Frage kam, zu notieren. Es war herzlich wenig, denn der Posten eines Hausburschen, der im >Blauen Bock< frei war, oder die Stellung eines Ausfahrers für den Lesezirkel >Abendfrieden< kam für ihn denn wohl doch nicht in Frage. Auch das Inserat des Fabrikanten der Hose mit der ewigen Bügelfalte schien ihm nicht das richtige zu sein. Eher konnte man die >Sensationellen Artikel< in Betracht ziehen, für deren Vertrieb bei Haushalt und Gewerbe energische junge Leute beiderlei Geschlechts gesucht wurden. Nur das Wort >energisch< störte ihn dabei, es klang, als würde von den Verkäufern verlangt, sie müßten notfalls bei zähen Kunden den Fuß in die Tür klemmen.
    »Laß dir Zeit, Jungchen, und werde nur nicht nervös«, sagte Sabine dann beim Frühstück, das sie zwischen sieben und halb acht gemeinsam einnahmen. Es gab dazu Tee und Marmeladebrote. Sabine mußte um acht im Büro sein. Er begleitete sie zu Zettel & Sartor und holte sie dort kurz nach vier wieder ab. Zum Mittagessen nahm sie sich ein paar belegte Brote mit. Er wärmte sich daheim den Rest von dem warmen Abendessen des vergangenen Tages oder begnügte sich mit einer Kleinigkeit, die er sich vom Metzger oder von Kaufmann Baldauf holte. Daheim herumsitzen mochte er nicht, um bei Holldorfs und im Hause nicht den Eindruck zu erwecken, er hätte nichts zu tun. Und dann, in einer Samstagsausgabe des Generalanzeigers fand er endlich die Anzeigen, die ihm eine Existenz zu bieten schienen. Eine Fabrik, die elektrische Rasierapparate herstellte, suchte junge, gutgekleidete Herren mit gewandten Umfangsformen zum Vertrieb ihres in Preis und Qualität konkurrenzlos dastehenden Fabrikates. Und ein Unternehmen der Werkzeugbranche bot Spitzenverdienst und Sicherheit, Prämien und freie Krankenkasse einsatzfreudigen Herren zwischen zwanzig und vierzig Jahren, die nach Möglichkeit im Besitz des Führerscheins sein sollten.
    Bei den Rasierapparaten mußte man sich am Montag im Hotel >Stadt Kassel< einem Herrn namens Henrici vorstellen. »Was sagst du zu Rasierapparaten, Sabinchen?«
    »Hm.«
    »Du sollst nicht hm machen, sondern mir erzählen, was du davon hältst.«
    Sie sah ihn von der Seite an: »Du weißt doch, Wernerchen, ich liebe dich, auch wenn du wie jetzt unrasiert bist.«
    »Also hör einmal zu, Süße, ich finde Rasierapparate nicht schlecht. So etwas muß sich doch verkaufen lassen, nicht wahr? Das ist kein Staubsauger und keine Waschmaschine, wo die Tür schon zufliegt, ehe man noch den Mund aufgemacht hat.«
    »Aber Frauen kaufen keine Rasierapparate.«
    »Warum nicht? Als Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk für ihre Männer. Aber ich will den Apparat ja auch nicht an Frauen verkaufen. Wie kommst du überhaupt darauf?«
    »Weil du Männer tagsüber kaum daheim antreffen wirst.«
    »Hm, das ist natürlich ein Argument«, gab er zu, »aber ich werde mir die Sache trotzdem einmal ansehen.«
    Im Hotel >Stadt Kassel< saßen am Montagvormittag um zehn ein gutes Dutzend Männer verschiedener Altersstufen auf den braun bezogenen Wandbänken und Stühlen eines Vorraums, dessen Tapete sich von der Wand löste. Hinter einer Theke, die die Rezeption vorstellen sollte, lümmelte sich ein Kerl in grüner Schürze, Hausbursche und Portier zugleich. Eine Treppe mit verschossenem, rotem Sisalläufer führte ins Hotel hinauf, das keinen sehr vertrauenerweckenden Eindruck machte. Zigaretten- und Pfeifenrauch schichtete sich in grauen Schwaden, die bei Werners Eintritt

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