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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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das gleiche verschlungene M und die gleiche Doppelschleife, mit der das B beginnt. Wer hat diesen Zettel geschrieben?«
    »Frau Bindrum, die bei Brieskorn im Laden mithilft.«
    »Soso«, murmelte der Inspektor, »schönen Dank, gnädige Frau, ich glaube, Sie haben mir einen guten Schritt weitergeholfen. Und den Zettel darf ich doch einstecken, wie?«
    »Aber bitte sehr! Ich hoffe nur, Frau Bindrum werden daraus keine Unannehmlichkeiten erwachsen, wie?«
    »Auf keinen Fall. Aber nun werde ich auch noch den anderen Damen des Hauses einen kleinen Besuch abstatten müssen. Und nochmals besten Dank für den Schnaps, gnädige Frau! Er hat mir richtig wohlgetan.«
    Herr von Krappf war daheim, als Inspektor Vorndran an der Tür läutete.
    »Ausweis ansehen!« befahl er seiner Schwester in der Meinung, es handle sich um eine Recherche wegen des Tumults in der Bürgerversammlung. Er hielt den Hund zurück, der dem Inspektor an die Waden gehen wollte. Dem Oberst gegenüber gab sich Herr Vorndran kurz und militärisch. Und weder der Oberst noch seine Schwester konnten dem Inspektor bei seinen Untersuchungen behilflich sein. Aber die Sache an sich verschlug sogar Herrn von Krappf die Sprache.
    »Messalina Brieskorn«, schnappte er schließlich. »Tolles Stück!
    Bin zum Glück kein Milchtrinker, hahaha! Trotzdem fabelhafte Schweinerei! Habe ja schon manches gehört! Das aber schlägt dem Faß die Krone ab!«
    Er stapfte, während Fraulein Elfriede von Krappf bleich dabeistand, vom Hund umspielt zwischen Ruderapparat und Bett hin und her, nachdem Inspektor Vorndran gegangen war. »Was sagst du dazu, Elfriede?«
    »Mir wird schlecht, Reichen.«
    »Papperlapapp! Mir würde schlecht werden, wenn die olle Knopka oder die Witwe Bindrum solche Schmöker gelesen hätte. Die junge Frau... Immerhin... Knuspriges, blühendes Weib!«
    »Erbarmung, Aurel«, rief seine Schwester und schlug die Hände vor ihrem flachen Busen entsetzt zusammen, »was hast du für fürchterliche Gedanken!«
    Bei Professor Leghun zeitigte die Badenachricht die schlimmsten Folgen. Die ganze Familie, die neben der Rohkost vorzugsweise von Milch lebte, lag zwei Tage lang krank zu Bett. Die zarten Seelen trugen Wunden davon, die sich nur langsam schlossen. Roderich tauschte in der Schule Orangen gegen Wurstbrote und verlor nicht an Gewicht, aber Professor Leghun und seine Frau Clothilde magerten sichtbar ab, denn sie nahmen als Getränk wochenlang nur noch Selterswasser zu sich. Diese Abmagerung aber hatte weitere Folgen. Körper und Seele brauchen ein gewisses Fettpolster, eine Art Schutzschicht gegen die von außen herandringenden kühlen Lüfte und Widrigkeiten, zu denen auch störende Geräusche gehören. Oft schon hatte sich der Professor bei seiner Gattin bitter darüber beklagt, wie sehr ihn in Arbeit und Meditation das quietschende Geräusch des Ruderapparates störe oder die Rücksichtslosigkeit, mit der der Oberst über seinem Arbeitszimmer seine Eisenhanteln nach Beendigung der gymnastischen Übungen auf den Boden würfe. Seit nun aber der Hund im Hause sei, dieses Untier, das ihn neulich auf der Treppe fast umgerissen habe, sei es mit dem Frieden seines Studierzimmers völlig vorbei. Droben bringe der Oberst seinem Hund nicht nur durch sanfte Schläge auf das Gesäß das Niedersitzen, sondern auch das rechts bei Fuß und links bei Fuß sowie das Apportieren bei, und nicht so sehr die durch die Decke schallenden Befehle, als vielmehr das nie endende Tappen der Hundepfoten bringe ihn an den Rand des Wahnsinns. Frau Clothilde Leghun verstand es immer wieder, ihren Gatten von dieser gefährlichen Klippe zurückzuziehen. In den Tagen aber, die der Verhaftung von Milchhändler Brieskorn folgten und in denen auch ihre eigenen Nerven vibrierten, geschah es, daß der Knabe Roderich einen Brief seines Vaters ein Stockwerk hinauftragen und in den Briefschlitz bei Oberst von Krappf einwerfen mußte.
    Fräulein von Krappf, der der Absender auffiel, brachte den Brief ihrem Bruder und versuchte, einen Blick in das Schreiben zu werfen, während er es las. Aber sie hatte alle Hände voll zu tun, um Cäsar abzuwehren, der es, wie es übermütige junge Leute bei den Hausgehilfinnen ihrer Mütter tun, neuerdings darauf absah, die Zipfel ihrer Schürzenbänder zu lösen. Allerdings mit den Zähnen, und es war recht schmerzhaft, wenn er nicht die Bänder, sondern die Haut erwischte.
    »Donner und doria!« stieß der Oberst hervor, und sein braunes Gesicht färbte sich vor Zorn

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