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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sind das neunzig Millionen Gramm oder...«
    »Nein, nein«, stöhnte Friedrich Holldorf, »das ist unmöglich. Das wären ja Tausende und Tausende von Zentnern Blei. Die würden sich ja zu Bleibergen auftürmen. Nee, da muß ein Fehler in der Rechnung sein.«
    »Oder die Wälle sind von Zeit zu Zeit geleert worden.«
    »Dann würden doch die dicken Kaliber von den alten Vorderladern nicht mehr drin sein.«
    »Dann hat man die Wälle eben nur ganz oberflächlich ausgeräumt.«
    »Nun ja, das wäre möglich. Denn direkt die Beine ausgerissen hat man sich beim Barras ja nicht. Und wenn hier früher vielleicht tatsächlich einmal ein Räumkommando angerückt ist, dann werden die Brüder gerade die oberste Schicht abgehoben haben, und der Kapo war froh, wenn er seine stramme Vollzugsmeldung beim Spieß machen und zum Fräulein Braut abrücken konnte.«
    »Hoch die Damen!« schrie Werner begeistert.
    »Schnauze«, zischte Holldorf ihn an, »oder wollen Sie uns die ganze Forstverwaltung auf den Hals hetzen?«
    Dabei war ihr Treiben den Forstbeamten längst kein Geheimnis mehr. »Komische Heinis«, sagte Revierförster Knappsack zu seinem Kollegen Bierling, »ich beobachte seit drei Tagen zwei Kerle, die im alten Kugelfang herumgraben.«
    »Wonach die wohl buddeln mögen?«
    »Wonach schon? Nach paar Gewehrkugeln. Ein bißchen Blei ist immerhin drin. Und außerdem gehört der Grund dem Bauern Schuster, der mir dort im vergangenen Jahr meine Senta abgeknallt hat, der Saukerl, der verdammte! Ich erwischte seinen Köter schon einmal in unserm Revier.«
    »Es werden zwei Arbeitslose sein, die sich ein paar Pfennige verdienen wollen.«
    »Schätze ich auch. Und ein Motorrad haben die Burschen. Direkt’n Museumsstück.«
    »Na, dann wollen wir ihnen das Vergnügen lassen, wie?«
    »Von mir aus...«
    In den ersten Tagen war Werner, wenn er heimkam, zu erledigt, um auch nur einen Bissen von dem warmen Abendessen, das Sabine für ihn auf dem Feuer hielt, herunterwürgen zu können. Gerade, daß er es noch schaffte, sich zu waschen und die zerschundenen Hände einzupudern. Am vierten Abend aber leerte er die Schüssel mit Röstkartoffeln bis auf den Grund und aß zwei riesige Stücke abgebräunten Leberkäs dazu. Sabine sah ihm fast ehrfürchtig zu, wie er die Schüsseln blank fegte und das Essen mit einer Kanne Tee hinunterspülte.
    »Wie braun du bist! Die Haut schillert fast schwärzlich. So gesund hast du noch nie ausgesehen, seit ich dich kenne.«
    »Da, faß mal hin«, sagte er und spannte den Bizeps.
    »Wie Eisen, wahrhaftig!«
    »Ach, Sabinchen, das ist ein Leben, wie ich es mir manchmal erträumt habe. Den Tag über im Wald zu arbeiten. Und die Eichhörnchen huschen an den Stämmen empor. Und irgendwo hämmert ein Specht. Und das Moos riecht so gut und ist so warm von der Sonne. Und der Schweiß läuft einem über den Rücken. Und die Zigarette schmeckt so gut wie nie. Und abends kommt man müde und hungrig heim. Waldarbeiter müßte man sein, Sabinchen, Waldarbeiter...«
    »Ja, Wernerchen«, nickte Sabine, während sie ihm die Brote für den nächsten Tag belegte und den Tee für die beiden Literflaschen aufsetzte, »Waldarbeiter... Aber mit einer hübschen Stadtwohnung und dem Gehalt von Oberregierungsrat Pünder. Ich meine, wenn es schon Wald sein muß, weshalb willst du dann nicht lieber Oberförster sein?«
    Er starrte sie einen Augenblick lang verblüfft an - und brach in ein schallendes Gelächter aus.
    »Wahrhaftig, Süße, manchmal erkenne ich dich nicht mehr wieder. Vor einem Jahr wolltest du noch mit mir in die Südsee ausrücken und auf einer einsamen Insel von Kokosnüssen leben.«
    »Ist das wirklich erst ein Jahr her? Oh, dann bin ich inzwischen aber zehn Jahre älter geworden.«
    Sie packte die Brote in eine Zellophantüte, damit sie frisch blieben, und steckte sie in seinen Rucksack. Er zündete sich eine Zigarette an und schaute ihr eine Weile lang stumm zu, wie sie das Geschirr vom Abendessen abspülte, trocknete und im Schrank verwahrte. Eine andere Sabine als jenes bezaubernde Mädchen, auf das er vor drei Jahren in der Nähe des Bürogebäudes der väterlichen Firma gewartet hatte. Eine junge Frau jetzt, die sich behutsam bewegte und sich von ihm so weit entfernt hatte, daß ihn zuweilen fast ein Gefühl der Eifersucht beschlich. »Weißt du, Sabinchen, manchmal meine ich fast, daß wir uns mit unserem Kaninchen allzusehr beeilt haben. Ich fürchte...«
    »Was fürchtest du?«
    »... daß ich in deinen

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