Ein Haus geteilt durch 8
Gedanken nur noch eine Nebenfigur bin - und eine komische dazu. Waldarbeiter mit Stadtwohnung und Oberregierungsratsgehalt. Du warst neulich schon einmal so witzig. Aber deine Witze sind gar keine Witze. Sondern du bist ironisch. Zugegeben, mein Waldarbeitertraum mag töricht sein, aber früher hättest du mitgeträumt.«
»Ach, Wernerchen«, sagte sie, und zwei Tränen glitzerten in ihren dunklen, langen Wimpern, »verzeih mir, ich wollte dich wirklich nicht verletzen.«
»Du hast mich nicht verletzt, Süße. Aber manchmal zweifle ich daran, daß du mich noch so liebst wie früher. Waldarbeiter mit Komfort... Nein, darauf wärest du früher nicht gekommen.«
»Vielleicht nicht. Aber das hat gar nichts damit zu tun, daß ich dich etwa nicht mehr so sehr wie früher liebe.«
»Sondern womit hat es etwas zu tun?«
»Ich muß doch an die Zukunft denken, Werner, siehst du das nicht ein? Immer, wenn du von der Südsee und von Kokosnüssen träumst, beginnt das Kaninchen zu strampeln, und dann denke ich, es hört uns zu und versteht jedes Wort, das wir miteinander sprechen, und will mich mit seinen kleinen Beinchen anstoßen und mir sagen, daß es überhaupt keine Lust hat, nackt am Strand unter Palmen zu liegen und an Kokosnüssen zu knabbern. Und an Wäldern und Eichhörnchen scheint es auch nicht interessiert zu sein.«
»Und an Rasierapparaten und Bügeleisen auch nicht, wie?«
»Nicht sehr. Aber halte es deshalb nicht für dumm! Kaninchen sind nun einmal für größere Sicherheit.«
»Was für ein kluges Kind«, sagte er bewundernd.
Sabine prüfte mit dem Handrücken die Temperatur des Tees, den sie im Kochtopf aufs Fensterbrett gesetzt hatte, um ihn abkühlen zu lassen. Sie füllte ihn in die beiden Flaschen und drückte die Verschlüsse zu.
»Solltest du dich inzwischen nicht einmal bei Herrn Henrici melden, Werner?«
»Ich habe ihn angeläutet, ehe ich heimkam.«
»Und was sagte er?«
»Daß die Tour, wie verabredet, am Montag beginnt. Das Werbematerial hat er an mich bereits abgesandt. Es wird morgen früh im Briefkasten liegen. Am Sonntag schaue ich es mir an. Da habe ich genügend Zeit.«
»Und Herr Holldorf?«
»Von mir aus soll er das Motorrad haben.«
»Meinst du, daß er noch lange draußen zu tun hat?«
»Allein mindestens noch vierzehn Tage.«
»Ihr müßt doch schon eine Menge herausgeholt haben...«
»Ich schätze zehn Zentner. Aber ich bin davon überzeugt, daß noch gut zwanzig bis dreißig Zentner herauszuholen sind. Ein Haufen Geld! Nun, ich gönne es Holldorf von Herzen. Er ist ein netter Kerl.«
»Und seine Frau atmet auf, seit er etwas zu tun hat. Nichts schlimmer als ein Mann, der daheim herumsitzt.«
»... und Sorgen hat«, ergänzte er, »mit Geld läßt sich sogar das Nichtstun ertragen.«
»Ich stelle es mir von Zeit zu Zeit sogar ausgesprochen angenehm vor.«
»So?« fragte er etwas mißtrauisch, als suche er in ihren Worten nach einem verborgenen Sinn, aber Sabine schien sie ohne jede Absicht ausgesprochen zu haben, dabei einen Pfeil auf ihn abzuschießen.
Am Freitag mußte Friedrich Holldorf aufs Arbeitsamt, und es wurde neun Uhr, ehe sie zum Kugelfang hinausfahren konnten. Werner Fröhlich empfing an diesem Morgen ein Päckchen mit Werbeprospekten und ein Schreiben der Herstellerfirma, das für die Vertreter bestimmt war und sich mit den technischen Details des Bügelautomaten befaßte. Es wurde den Verkäufern darin empfohlen, sich eine gewisse Bügelfertigkeit anzueignen, um das Eisen den Hausfrauen vorführen zu können. Das war ein Punkt, der Werner mißfiel. Den Rasierapparat hatte man ein bißchen schnurren lassen und übers eigene Kinn geführt: »So, mein Herr, und jetzt langen Sie mir mal ruhig ans Kinn - schmutzige Finger? Macht fast gar nichts! Und sagen Sie selber, ob das ‘ne Rasur ist oder nicht!« Aber einer Hausfrau etwas vorbügeln? Nun, Sabine mußte ihm am
Sonntag eben einmal einen Schnellkursus im Kragenplätten geben...
Holldorf läutete ihn aus seinen Überlegungen heraus.
»Wieder mal Fehlanzeige«, knurrte er erbittert, bevor er sich auf den Soziussitz schwang, »ob ich in einer Ofenfabrik als Schlosser eintreten wolle.«
»Was sind Sie von Beruf?« fragte Werner.
»Gelernter Schmied, aber dann bin ich in eine Fabrik gegangen, die Bagger und Baumaschinen herstellte, und dann übernahm ich die Lagerverwaltung bei Schwibus, Lagerverwaltung und Reparatur. Es gab allerhand zu tun, um das alte Gelump in Schuß zu halten.«
Werner trat den
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