Ein Haus geteilt durch 8
blieb eine Weile stumm und starr in seinem Ohrenbackenfauteuil sitzen, sah zu, wie Cäsar den Perser auf seine Weise säuberte, indem er alles, was darauf lag, in sich hineinschlang, dann erhob er sich, nahm den Hund an die Leine und ging in die >Lötlampe< hinüber. Dort trank er zunächst einen Magenbitter, dann zwei Flaschen Bock und darauf noch einen Bittern, und verfütterte den Inhalt des Brotkorbes an den Hund, der lammfromm unter der Bank lag und mit der Rute wedelte, wenn ihm die Hand seines Herrn eine halbe Semmel zureichte. Schlug die Rute auf den Boden oder gegen die Wand, dann klang es jedesmal, als hätte jemand mit einem starken Spazier stock kräftig zugeschlagen.
»Sehe ein«, murmelte der Oberst auf dem Heimweg zu sich selbst, »daß der Hund für Stadtwohnung nicht ganz geeignet. Frage: Was tun?«
»Was gibt’s heute Gutes?« fragte Werner, als er die Wohnungstür aufschloß.
»Wenn du grüß Gott gesagt und mir einen Kuß gegeben hast«, antwortete Sabine, »dann gibt’s saure Nieren mit Kartoffeln.«
»Warte wenigstens so lange auf den Kuß, Süße, bis ich mir das Gesicht gewaschen habe. Ich schmecke ganz salzig vor lauter Schweiß.«
»Wie weit seid ihr heute gekommen?«
»Der zweite Kugelfang ist leergeräumt, und mit dem dritten haben wir begonnen. Ich möchte annehmen, daß wir in diesen Tagen fünfzehn bis zwanzig Zentner Blei herausgeholt und in Säcke abgefüllt haben.«
Er warf die Jacke über einen Stuhl und zog das Hemd über den Kopf. »Warst du heute vormittag beim Arzt, Süße?«
»Ja, Werner.«
»Und was sagt er?«
»Es ist alles in Ordnung.«
»Braves Kaninchen! Und wann meint er?«
»Drei Wochen noch.«
»Das dauert aber lange. Dann hörst du jetzt aber endlich bei deinen Getreidefritzen auf.«
»Ende der Woche. Ich habe es Herrn Zettel schon gesagt.«
Er seifte sich ein, rieb sich mit dem Waschlappen die Brust ab und reichte ihn Sabine, um sich den Rücken waschen zu lassen. Seine Haut war nußbraun und schimmerte wie Seide. Sabine drückte ihre Wange für einen Augenblick an seine Schulter.
»Ach, Süße«, sagte er zärtlich, »in dieser Woche werden wir draußen bestimmt fertig. Dann bleibe ich daheim und verwöhne dich. Dann darfst du gar nichts mehr tun, hörst du? Dann bringe ich dir das Frühstück ans Bett und klopfe den Teppich und wienere den Fußboden.«
»Der Arzt hat aber gesagt, daß ich mich bewegen soll.«
»Dann gehen wir eben viel spazieren.«
Sabine setzte das Essen auf den Tisch. Sie schüttete trotz seines Protestes die Kartoffeln und das Fleisch in Schüsseln; denn nichts fand er bei der Hausarbeit schlimmer, als wenn sie nachher das
Geschirr abspülen mußte, wobei er sich heroisch zum Abtrocknen einfand.
»Laß doch diese Umstände, Sabinchen!«
»Nein, Werner, wir sind keine Schweine, die gleich aus dem Trog fressen. Oder kam bei euch daheim das Essen etwa auch im Kochtopf auf den Tisch?«
»Meine Mutter hat das Geschirr schließlich auch nicht zu spülen brauchen.«
»Und wenn sie es selber hätte spülen müssen, hätte sie das Essen auch nicht im Topf auf den Tisch gebracht. Ich finde, es langt, wenn du dich schon halbnackt an den Tisch setzt.«
»Höhöhö«, machte er, »du wirst aber vornehm. Also schön, wenn du meinst, kann ich mir ja auch ein Hemd anziehen.«
Er ging zum Schrank und schlüpfte in ein gelbes, kurzärmeliges Polohemd.
»Darf ich alsdann höflichst bitten, gnädige Frau, mir den Teller vollzuschaufeln. Ich habe nämlich einen Mordshunger.«
Sie legte ihm vor, aber erst beim vierten Schlag Kartoffeln bemerkte er den blitzenden Saphir an ihrem Ringfinger.
»Wo hast du das Ding her, Süße? Bei Woolworth gekauft?«
»Geschenkt bekommen.«
Er griff nach ihrer Hand: »Laß doch einmal sehen. Komisch, der Ring erinnert mich...«
»An wen?«
»An meine Mutter. Solch einen ähnlichen Ring trug sie immer am kleinen Finger. Es war natürlich ein echter Saphir. Dein Ring sieht hübsch aus, aber man merkt doch den Unterschied, was echt und was Imitation ist.«
»So? Dann hat deine Mutter also zwei Ringe gehabt und mir den unechten geschenkt. Das finde ich aber schäbig.«
»Was redest du da, Süße?« fragte er mit krauser Stirn. »Wer hat dir diesen Ring geschenkt?« Er griff noch einmal nach Sabines Hand und starrte auf den Stein. »Wahrhaftig, es ist Mutters Ring! Wie kommst du dazu, Sabine?«
»Ich sagte es dir doch schon. Deine Mutter hat ihn mir geschenkt.«
»Wann? Wo?« stieß er verblüfft und
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