Ein Haus zum Traumen
und Schatten. Aber das Buch, das Sie mir gegeben haben, war in Farbe.«
»Das wird bei diesem genauso sein. Früher habe ich Farben und Satz noch mit der Hand gemacht. Das macht Spaß«, erklärte er und lehnte sich gegen den u-förmigen Tisch, »aber es ist unglaublich zeitaufwändig. Und wenn man ins Ausland verkauft wird, so wie ich, dann ist es problematisch, die Übersetzungen in handgezeichnete Sprechblasen einzupassen. Also mache ich es lieber am Computer. Ich scanne die geinkten Panels ein und arbeite mit Photoshop für die Farben.«
»Die Zeichnungen sind toll«, sagte Cilla. »Man kann die Ge schichte beinahe ohne Text erkennen. Sie haben eine starke Bildersprache.«
Ford wartete, aber schließlich sagte er: »Ich warte darauf.«
Sie blickte ihn über die Schulter an. »Auf was?«
»Dass Sie fragen, warum ich mein Talent mit Comics vergeude, statt eine richtige Kunstkarriere anzustreben.«
»Darauf können Sie lange warten. Ich empfinde es nicht als vergeudete Zeit, wenn jemand tut, was er will und was er hervorragend kann.«
»Ich wusste, ich würde Sie mögen.«
»Außerdem reden Sie mit jemandem, der jahrelang in einer halbstündigen Sitcom die Hauptrolle gespielt hat. Es war zwar nicht Ibsen, aber es hatte bestimmt genauso viel Berechtigung. Die Leute werden mich auf Ihren Zeichnungen wiedererkennen. Ich bin zwar nicht mehr so oft auf dem Bildschirm, aber ich sehe meiner Großmutter ziemlich ähnlich, und ihre Filme werden immer noch gezeigt. Die Leute werden sofort die Verbindung herstellen.«
»Ist das ein Problem für Sie?«
»Ich wünschte, ich wüsste es.«
»Ich gebe Ihnen zwei Tage Zeit, um darüber nachzudenken. Oder …« Er wandte sich um und zog Papiere aus einer Schublade.
»Sie haben eine Vereinbarung aufgesetzt«, sagte Cilla, nachdem sie einen Blick darauf geworfen hatte.
»Ich habe mir gedacht, entweder kommen Sie vorbei oder nicht. Und für den Fall, dass Sie kommen würden, habe ich das schon mal vorbereitet.«
Sie trat ans Fenster. Die Lichter funkelten schon wieder, dachte sie. Kleine Diamantensplitter in der Dunkelheit. Sie blickte nach draußen und sah den Hund, der in Fords Garten Schatten jagte. Nachdenklich trank sie einen Schluck Wein. Dann drehte sie den Kopf und sah ihn an. »Mit Brustharnisch stehe ich aber nicht Modell.«
Er grinste. »Ich kann darum herum arbeiten.«
»Keine Aktposen.«
»Nur für meine persönliche Sammlung.«
Sie lachte auf. »Haben Sie einen Stift?«
»Hunderte.« Er wählte einen Rollerball und reichte ihn ihr.
»Und ich habe noch eine Bedingung. Einen ganz persönlichen, niederträchtigen Wunsch. Sie soll viel besser sein als Batgirl .«
»Das garantiere ich Ihnen.«
Sie unterschrieb die drei Kopien, und er reichte ihr eine. »Für Ihre Akten. Was halten Sie davon, wenn wir noch ein Glas Wein trinken, Pizza bestellen und den Deal feiern?«
Sie wich zurück. Er war nicht in ihren Bereich eingedrungen, sondern sie in seinen. Aber das Prickeln in ihren Adern warnte sie trotzdem, die Distanz zu wahren. »Nein, danke, Sie haben noch zu arbeiten, und ich auch.«
»Der Abend ist noch jung.« Er ging mit ihr aus dem Zimmer. »Morgen ist ein langer Tag.«
»Nicht so jung, wie er war, und der morgige Tag ist nie lang genug. Außerdem brauche ich noch ein bisschen Zeit, um über einen Jacuzzi zu fantasieren.«
»Ich habe einen.«
Mittlerweile waren sie unten an der Treppe angekommen. »Sie haben wohl nicht auch noch einen Masseur auf Abruf?«
»Nein, aber ich habe echt geschickte Hände.«
»Das glaube ich gern. Nun, wenn Sie Orlando Bloom wären, würde ich das als Zeichen von Gott betrachten und mit Ihnen in etwa neunzig Minuten ins Bett gehen. Aber da Sie es nicht sind« – sie öffnete sich die Haustür selber –, »sage ich lie ber gute Nacht.«
Stirnrunzelnd blickte er ihr nach. Dann trat er auf die Veranda. »Orlando Bloom?«
Sie hob einfach nur die Hand und ging weiter.
4
D ie nächsten zwei Tage waren gut und produktiv. Sie hatte mit Installateur, Elektriker und Schreiner gesprochen, und der erste von drei eingeholten Kostenvoranschlägen für neue Fenster lag auf dem Tisch. Ihr absoluter Glücksgriff jedoch war ein alter, kleiner Mann namens Dobby gewesen, der mit seinem Enkel Jack den ursprünglichen Gipsputz an den Wän den wiederherstellen wollte.
»Der alte McGowan hat so um 1922 meinen Daddy diese Wände verputzen lassen«, sagte Dobby, der auf seinen kurzen, krummen Beinen im Wohnzimmer der kleinen Farm stand.
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