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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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wir endlich um den Krestowoy, also ein Weg von einer halben Stunde in zwei Stunden!
     
    Inzwischen hatten die Wolken sich immer mehr gesenkt und sandten nun Schnee und Schloßen auf uns herab, und in dem Abgrunde heulte der Wind wie die Pfeife jenes russischen Räubers, von dem die Volkssage behauptet, sie ertöne von einem Ende des Reiches bis zum andern.
     
    Bald war das steinerne Kreuz auf dem Krestowoy von Wolken eingehüllt, welche, eine immer finsterer als die andere, gleich Wogen von Osten her heranströmten ... Bezüglich dieses Kreuzes behauptet eine seltsame, aber allgemein verbreitete Sage, es sei von Peter I. errichtet worden, als er bis in den Kaukasus vorgedrungen sei. Aber erstens ist Peter niemals jenseit des Dagestan gekommen, und dann belehrt uns eine Inschrift in großen Buchstaben, daß es im Jahre 1824 auf Jermoloffs Befehl errichtet worden ist. Aber die Sage ist trotz dieser Aufschrift so tief in das Bewußtsein des Volkes eingedrungen, daß man in der That nicht mehr weiß, wem man Glauben schenken soll – um so mehr, da die Inschriften nicht immer sichere Zeugnisse sind.
     
    Um die Station Kobi zu erreichen, mußten wir noch einen Weg von fünf Werst zurücklegen, – immer bergab, und auf einer felsigen Straße, wo wir bald tief in den Schnee einsanken, bald auf dem Glatteis ausglitten. Unsere Pferde waren ganz ermattet, und wir starr vor Kälte. Der Schneesturm ward mit jedem Augenblick heftiger – ganz wie in unserm nordischen Vaterlande; nur daß sein Heulen noch trauriger und melancholischer klang.
     
    "Armer verbannter Wind," dachte ich; "du trauerst um deine fernen weiten Steppen! Dort kannst du frei deine kalten Schwingen entfalten, hier bist du beengt, zusammengepreßt und seufzest wie ein gefangener Adler, der mit seinem Schnabel schreiend gegen die eisernen Stangen seines Käfigs schlägt."
     
    "Das läßt sich übel an," rief der Hauptmann. "Sehen Sie nur, ringsumher nichts als Nebel und Schnee; und so bleibt uns nur die angenehme Aussicht, entweder in den Abgrund hinunterzurutschen, oder hier an Ort und Stelle zu bleiben; zudem ist dort unten der Baidar so sehr angeschwollen, daß wir unmöglich hinüber können. Ist mir das ein Land, dieses Asien! Wie die Menschen, so die Flüsse – weder dem einen, noch dem andern kann man trauen."
     
    Unsere Kutscher indeß spornten durch Schreien und Fluchen die Pferde an, welche trotz der beredten Sprache der Peitschen um keinen Preis mehr von der Stelle wollten.
     
    "Sehen Sie, Herr," sprach endlich einer dieser Leute, "heute können wir nicht mehr bis Kobi kommen; wollen Sie, daß wir ein wenig rechts abbiegen? Da drüben auf dem Hügel ist ein schwarzer Punkt – vermuthlich sind das Hütten, wo die Reisenden bei Sturm und Wetter Schutz suchen. Die Osseten versprechen uns hinzuführen, wenn wir ihnen ein Trinkgeld geben."
     
    "Das kenne ich, Freundchen!" sprach der Hauptmann. "So ist dies Gesindel! Um ein Stück Geld für Branntwein zu verdienen, lassen sie sich zerreißen."
     
    "Aber Sie müssen doch gestehen," sagte ich, "daß ihre Hilfe uns von großem Nutzen gewesen ist."
     
    "Schön, schön," murmelte er. "Ich kenne sie, diese Helfer! Sie wissen die Gelegenheit auszuwittern, wo es etwas zu erhaschen gibt: Als ob man ohne sie den Weg nicht finden könnte!"
     
    Nach diesem Ausspruch wandten wir uns nach links und gelangten nach vielfachen Hindernissen und Mühen zu einer erbärmlichen Nachtherberge, bestehend aus zwei Hütten, welche roh aus Feldsteinen erbaut waren und die eine Mauer von demselben Material umgab.
     
    Die zerlumpten Bewohner dieser Hütten nahmen uns herzlich auf. Ich erfuhr später, daß die Regierung ihnen Geld und Lebensmittel gibt unter der Bedingung, daß sie die Reisenden beherbergen, welche das Unwetter nöthigt, Zuflucht bei ihnen zu suchen.
     
    "Hier fehlt uns ja nichts," sagte ich zu dem Hauptmann, indem ich mich ans Feuer setzte. "Jetzt können Sie mir Bela's Geschichte zu Ende erzählen; denn ich bin überzeugt, daß sie noch nicht aus ist."
     
    "Und warum haben Sie diese Ueberzeugung?" versetzte der Hauptmann mit einem feinen Lächeln.
     
    "Weil es nicht in der Ordnung der Dinge ist: was in so seltsamer Weise begonnen hat, muß auch ebenso enden."
     
    "Sie haben richtig gerathen ..."
     
    "Das freut mich."
     
    "Diese Freude wird Ihnen Niemand verkümmern – aber was mich betrifft, ich kann mich einer gewissen Traurigkeit nicht erwehren, wenn ich daran denke. Es war ein herrliches

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