Ein Hippie-Traum
kleine Laden und die Tankstelle an der nächsten Ecke gab es nicht mehr.
Die moderne Schule, an der ich die fünfte Klasse absolvierte, lag gut 300 Meter die 4 th Concession Road hinauf und war auch nicht mehr da. Als ich sie besuchte, war sie noch ganz neu; einmal rannte ich beim Verlassen der Klasse gegen eine Glastür und hatte eine Gehirnerschütterung. Jetzt ist alles verschwunden.
An der 4 th Concession Road jenseits der Schule warteten weitere vier Kunden, und ganz zum Schluss kam die Familie LaBrie. Dort wohnte Marilyn LaBrie. Auf dem Grund des Canyons in der Nähe ihre Hauses führte eine Brücke über das Flüsschen, und jeden Sonntagmorgen fuhr ich mit meinem Rad über diese Brücke und stellte die Zeitung zu. Manchmal brachte ich Marilyn nach der Schule nach Hause, und eines Nachmittags, als ich ihr wochentags die Bücher getragen hatte, küsste ich Marilyn auf der Brücke. Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich ein Mädchen küsste. War das aufregend! Vielen Dank, Miss Marilyn.
Ich verdiente nicht allzu viel Geld mit meinem Zeitungsjob, aber andererseits brauchte ich auch nicht viel Geld. Ich verkaufte Golfbälle, die die Golfer auf dem Platz gegenüber verschlagen hatten, und hielt etwa fünfzig Hühner in einem Stall, den mein Nachbar Don Scott mir hatte bauen helfen. Wie bei meinem Sohn Ben Young, der eine Bio-Hühnerfarm sein Eigen nennt, war das Eiergeschäft meine größte Einnahmequelle. Es waren wirklich glückliche Hühner, denn Don Scott hatte einen Glashandel in Toronto, und meinen Hühnerstall zierte ein riesiges Panoramafenster, hinter dem sich endlose Felder erstreckten! Diese glücklichen Hühner hatten eine großartige Aussicht.
Ein großes Problem waren die Füchse, die immer wieder meine Hühner schlugen, also schlief ich auf einer Pritsche in einem Zweimannzelt neben dem Stall und lauschte auf jedes Geräusch, das ein Problem ankündigen mochte. (Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, jemals etwas gehört oder ein Huhn gerettet zu haben. Vielleicht war meine pure Anwesenheit Hemmnis genug.) Jedenfalls trat mein Vater jeden Morgen aus der rückwärtigen Tür unseres Hauses und stieß einen Pfiff aus. Er konnte sehr schrill und sehr laut pfeifen! Er hatte eine beeindruckende Art, zwei Finger in den Mund und an die Lippen zu legen und diesen erstaunlich durchdringenden Ton zu erzeugen, der weithin zu hören war. Hörte ich den Pfiff, streckte ich meinen dünnen Arm aus dem Zelt und signalisierte, dass ich wach und bereit zum Füttern der Hühner war. Am Wochenende fütterte ich die Hühner allerdings erst, wenn ich meine Zeitungsrunde beendet hatte.
Wenn alle Zeitungen ausgeliefert waren, fuhr ich nach Hause und die Zufahrt hoch, parkte das Rad, ging ins Haus und direkt in die Küche, wo Daddy dabei war, einen Stapel Pfannkuchen fürs Frühstück zu machen. Jede Woche versuchte er sich an etwas Neuem: Banane, Blaubeeren, Kombinationen, alles Mögliche. (Einmal versuchte er es sogar mit Orangen, aber wir waren uns einig, dass das nicht funktionierte.) An jedem Sonntag war es eine Überraschung, nach Hause zu kommen und zu sehen, was er sich ausgedacht hatte. Dann saßen wir am Tisch und genossen gemeinsam die Pfannkuchen, nur mein Dad und ich – von den anderen war noch keiner wach.
Ich hoffe, ich habe meinen Kindern auch ein paar solcher Erinnerungen mitgeben können. Diese Sonntagmorgende mit meinem Vater waren ein echtes Geschenk. Ich fuhr ein paar Jahre lang Zeitungen aus, und dann passierte irgendwas. Ich glaube, ich wurde groß und merkte es nicht, aber die Zeit verging. Viel Zeit verging.
44. Kapitel
44. Kapitel
I m Jahr 2005 waren Pegi und ich zur Einführungszeremonie der Rock and Roll Hall of Fame eingeladen – ich sollte Chrissie Hynde und die Pretenders vorstellen, die wir sehr schätzten. Sie ist eine einmalige Rock-Lady. Wir haben uns alle blendend amüsiert. Ich war schon ein paarmal bei der Zeremonie. Als ich 1995 selbst in die Hall of Fame aufgenommen wurde, flog ich mit Pegi, David Briggs und dessen Frau Bettina hin. Von NYC flogen wir zurück nach San Francisco, mit einer Maschine von Warner Brothers, und rauchten auf dem Flug Gras, machten einen drauf und feierten das Ereignis; plötzlich tauchte der Kapitän auf und schlug Krach. Er war völlig außer sich. Vermutlich dachte er, die Besatzung würde auch high oder so was werden, weil sie die gleiche Luft wie wir atmeten.
Jedenfalls stand ich 2005 am Morgen nach der Zeremonie im Hotel auf und
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