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Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman

Titel: Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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steckten, doch es war nicht ungewöhnlich, dass die beiden Stunden oder sogar Tage fortblieben. Wenn sie dann wieder auftauchten, gaben sie keinerlei Erklärung ab. Zuerst hatte Estella dieses ungeplante Leben beunruhigend gefunden, inzwischen aber machte sie sich keine Sorgen mehr darum. Mai und ihre Tochter waren Nomaden und lebten von dem, was das Land ihnen gab. Estella bewunderte sie sehr dafür. Für gewöhnlich aßen sie nur eine richtige Mahlzeit am Tag – wenn man halb rohes Fleisch mit Resten von Fell oder Federn so nennen konnte. Früh am Morgen ernährten sie sich von Wüstentrauben und murmelförmigen Mulga-Galläpfeln. Die Maden darin seien das Beste, behauptete Mai, doch das konnte Estella nicht locken. Sie hatte Mai und Binnie auch schon rote Mulga-Läuse essen sehen – kleine Insekten, die an den Ästen der Mulgasträucher lebten. Sie sonderten einen Honigsaft ab, um sich zu schützen. Mai und Binnie saugten die Läuse direkt von den Ästen herunter. Mittags rasteten sie dann im Schatten unter Bäumen und sammelten Kraft für den Abend, wenn Mai auf die Jagd ging. In der Stammesgemeinschaft waren es die Männer, die Kängurus, Goanna-Eidechsen oder Emus jagten, doch Mai lebte zwischen den Kulturen. Wenn sie mit Binnie allein war, sorgte sie für Fleisch. War sie bei ihrem Stamm, sammelte sie mit den anderen Frauen Beeren und Feuerholz, währenddie Männer auf die Jagd gingen. Estella hatte Mai und Binnie schon öfter Essen angeboten, doch sie waren misstrauisch gegenüber allem, was aus Dosen kam.
    Estella hatte bemerkt, dass der Dingo verschwunden war, doch sie konnte ihn verstehen: Unter den Besuchern des Pferderennens befanden sich einige Cowboys, und auf den Farmen wurden Dingos als Plage betrachtet und bekämpft. Damit hatte er sicher schon seine Erfahrungen gemacht.
    Als der Trog sauber war, wandte Estella sich um – und stand Murphy gegenüber, der draußen an der Umzäunung lehnte und sie beobachtete. Sie fragte sich, wie lange er schon dort stehen mochte. »Hallo, Estella«, sagte er.
    »Guten Morgen«, erwiderte sie, erstaunt, ihn zu sehen. Sie waren einander seit Tagen nicht begegnet.
    »Jemand hat im Krankenhaus über Funk um Ihre Hilfe gebeten«, erklärte er. »Sie werden auf der Yattalunga Station gebraucht.«
    »Weswegen?«
    »Einer von Ralph Talbots Hütehunden hat ein Ekzem, mit dem sie nicht fertig werden. Aber wir brauchen nicht sofort hinzufliegen. Ralph meinte, nach dem Rennen wäre früh genug.«
    Estella schüttelte den Kopf. Sie dachte an das arme Tier, das bestimmt unter Juckreiz litt. »Denkt eigentlich ganz Australien an nichts anderes mehr als an dieses Rennen?«
    »Ich fürchte, so ist es. Sie lieben ihre Champions, und Stargazer ist ganz sicher einer.«
    »Nicht auch noch Sie!«
    Murphy grinste, und Estella fragte sich wieder einmal, ob er sich über sie lustig machte. »Ralph hätte den Hund in die Stadt gebracht, aber er schafft es in diesem Jahr nicht. Sie sind noch nicht fertig mit der Schafschur, und es wartet schon ein Käufer auf die Wolle. Es ärgert ihn sehr, dass er das Rennen versäumt, aber Yattalunga ist eine der Farmen, die am weitesten von derStadt entfernt liegen. Wir könnten am Sonntagmorgen hinausfliegen, wenn Sie mögen.«
    »Das passt mir sehr gut.« Estella war froh über diese Möglichkeit, aus der Stadt herauszukommen.
    »Gehen Sie heute Abend zum Ball?«
    »Ich glaube nicht.« Sie sah, dass er ein wenig überrascht war, doch sie hatte wenig Lust, lange Erklärungen abzugeben. »Und Sie?«
    »Ich glaube schon.« Er senkte den Kopf und trat mit der Schuhspitze in den Staub.
    »Das klingt nicht sehr begeistert.«
    Murphy blickte auf Stargazer, ohne ihn wirklich zu sehen. Nicht zum ersten Mal hatte Estella das Gefühl, dass er an etwas in seiner Vergangenheit dachte – etwas, das ihn quälte. »Ich habe schon seit Jahren keine echte Begeisterung mehr empfunden«, sagte er.
    Einen Augenblick war Estella versucht, ihn nach dem Grund zu fragen, fürchtete aber, dass sie dann etwas Schlimmes zu hören bekam. Und was sie mit James erlebt hatte, war schlimm genug gewesen. Sie wollte nichts über Murphys frühere Fehltritte als bester Freund, Liebhaber oder Ähnliches hören.
    »Tja, ich gehe jetzt besser«, meinte Murphy, der ihre innere Abwehr spürte. »Ein paar Treiber veranstalten ein Rodeo, und Charlie braucht sicher meine Hilfe in der Bar.« Damit wandte er sich ab und ging mit hängenden Schultern davon, als trüge er die Last der ganzen

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