Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
wir wahrscheinlich wirklich dort draußen umgekommen.«
Dan sah sie an. »Aber letztendlich hat doch alles ein gutes Ende genommen. Du musst versuchen, es auch innerlich zu überwinden.«
»Das wird noch ein wenig dauern. Als Murphys Knochen sich bei dem Sturz wieder verschob und ich die Blutung nicht stillen konnte, dachte ich, er würde vor meinen Augen sterben. Ich wollte es nicht wahrhaben und habe dagegen angekämpft wie ein Feigling, weil ich schreckliche Angst hatte, allein zurückzubleiben. Ich wollte nicht daran denken, ihn zu verlieren. In einer solchen Situation rückt man sehr eng zusammen. Es ist schwer zu erklären, aber ich werde von jetzt an immer eine besondere Beziehung zu Murphy haben. Vielleicht könnte man unsere Situation mit der von Soldaten in einem Krieg vergleichen, die Seite an Seite kämpfen und damit rechnen müssen, zu sterben. Zwischen diesen Männern entwickelt sich ein Band, das nicht zerrissen werden kann.«
»So ist es wohl«, meinte Dan, erleichtert, dass dieses Band sich offensichtlich aus der Situation ergeben hatte und keine tieferen Gefühle eine Rolle zu spielen schienen.
»Estella, wenn du hier bleibst – und ich hoffe sehr, das tust du –, kannst du auf meine volle Unterstützung zählen.«
Sie sah ihn verwundert an, und er wusste, dass sie an seine eigenen Probleme dachte. Deshalb fuhr er fort: »Ich bin an einem Wendepunkt in meinem Leben angelangt. Ich muss mich ändern, und das bedeutet vor allem, ich muss aufhören zu trinken. Ich weiß, dass es nicht einfach sein wird, aber mitDisziplin und Unterstützung durch meine Freunde kann ich es schaffen.«
Estella war glücklich, das zu hören. »Das wäre wundervoll, Dan!«
Doch er hatte noch mehr zu sagen. »Ich mag Babys, musst du wissen, und kann ziemlich gut mit ihnen umgehen.«
Sie fragte sich, was er damit sagen wollte.
»Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, aber jedes Kind braucht einen Vater ...«
Ein Schatten huschte über Estellas Züge. »Ich habe vor, meinem Kind alles zu geben, was es braucht.«
»Und du wirst sicher eine wunderbare Mutter sein«, beeilte sich Dan zu versichern. »Ich meinte nur, falls du einen Jungen bekommst, wird es Dinge geben, über die er nur mit einem Mann reden kann. Ich weiß, dass das Kind deinen Onkel Charlie hat, aber ich würde gern so etwas wie ein Ersatzonkel sein.« Zwar dachte er im Grunde mehr an die Vaterrolle, doch er wollte nicht zu deutlich werden. »Wenn du jemanden zum Reden brauchst, oder eine Schulter zum Anlehnen ... ich bin immer für dich da.«
Estella war erstaunt, doch sie erwiderte: »Vielen Dank, Dan, das ist nett von dir.« Die nächsten Wochen würden besonders schwierig für ihn sein, wie sie wusste; deshalb fügte sie hinzu: »Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussieht, aber wenn ich dir irgendwie helfen kann, vom Trinken loszukommen, solange ich noch hier bin, werde ich es tun.«
Dan lächelte ihr dankbar zu, doch Estella meinte, auch so etwas wie Verlegenheit in seinem Blick zu erkennen. Sie ahnte nicht, dass er froh war, ihr endlich gesagt zu haben, was er ihr schon lange hatte sagen wollen. Er hatte seine Karten ausgespielt. Alles Weitere lag jetzt bei Estella.
»Ach, übrigens – bist du über Funk zu Charlie durchgekommen?«, fragte sie etwas später.
»Ja, aber Edna hat das Gespräch angenommen.«
»Oh. Ich dachte, Charlie hätte den ganzen Tag am Funkgerät gewacht.«
Dan lächelte amüsiert. »Das hätte ich auch erwartet, aber Edna sagte, er sei mit Marty fortgegangen. Ich habe nicht weiter nachgefragt, weil Edna mit dem Gerät nicht zurechtkommt. Aber ich habe keine Ahnung, was sie vorhaben könnten.«
Estella war kaum aus der Maschine gestiegen und hatte sich von Dan verabschiedet, als ihr an ihrem Haus die Veränderung auffiel. Auf der vorderen Veranda kniete ein Mann, der ihr den Rücken zuwandte. Er schien ein Brett auszumessen. Außerdem entdeckte sie einen Haufen Wellblechschindeln an einer Seite des Hauses, und in der Nähe der Haustür standen mehrere Dosen Farbe und ein ganzes Sortiment verschiedener Werkzeuge. Als Estella näher kam, hörte sie auch jemanden auf dem Dach herumwerkeln.
Der Mann auf der Veranda war Marty. Als er Estella kommen hörte, stand er auf und drehte sich um. Seine Miene war ernst.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Estella nervös. Ihr kam der Gedanke, dass die Einwohner von Kangaroo Crossing während ihrer Abwesenheit beschlossen hatten, sie aus dem Haus zu vertreiben, und dass sie es
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