Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
plötzlichen Sinneswandel überwältigend. »Seid ihr alle dieser Meinung?«
Estella war tief gerührt, als sie sah, dass alle nickten. »Ich habe gestern Abend das Tagebuch meines Vaters gelesen«, sagte sie mit Tränen in den Augen. »Dabei habe ich erfahren, wie er über diese Stadt und den Busch gedacht hat, und wie viel ihr alle ihm bedeutet habt. Ihr wart seine Familie. Ich glaube, jetzt verstehe ich, warum meine Mutter hier draußen nicht leben konnte. An diesen Ort muss man sich gewöhnen. Und meine Mutter war immer eine Frau aus der Großstadt und wird es immer bleiben. Sie brauchte Menschen um sich herum und die festliche Atmosphäre von Partys und offiziellen Veranstaltungen. Ich brauche das nicht. Es war nicht recht von meiner Mutter, mich von Vater fern zu halten, aber sie hat nur getan, was sie damals für richtig hielt. Ich glaube nicht, dass sie wusste, wie sehr mein Vater gelitten hat ... und ich wusste es auch nicht, bis ich sein Tagebuch gelesen habe. Ich kann versuchen, seinen Traum wahr zu machen, indem ich mich um all die Tiere kümmere, die von seiner Liebe profitiert hätten.«
Sie blickte in erleichterte Mienen; fast alle lächelten – nur in Charlies Augen meinte Estella Tränen schimmern zu sehen, als er sich umwandte und vorgab, die frisch gestrichene Wand zu inspizieren.
»Ich bin in der Hoffnung nach Kangaroo Crossing gekommen, durch euch alle meinen Vater kennen zu lernen«, fügte Estella hinzu.
»Wir würden Ihnen gern ein paar Geschichten erzählen«, meinte Kev lachend.
»Sie würden nicht glauben, auf was für Ideen Ross manchmal kam«, erklärte Frances.
Plötzlich hörten sie alle einen lauten Knall und einen Schmerzensschrei auf dem Dach.
»Das wird Wags sein«, meinte Frances. »Er nagelt neue Wellblechschindeln an. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so ungeschickt mit einem Hammer umgeht.« Er streckte den Kopf zur Hintertür hinaus. »Geht es nicht ein bisschen leiser, Wags? Wir versuchen hier gerade, ein Gespräch zu führen.«
»Wo bleibt die Hilfe, die ihr mir versprochen habt?«, beklagte sich Wags.
Frances verdrehte die Augen. »Wo bleibt die Hilfe, die ihr mir versprochen habt?«, äffte er den Postboten nach, um dann leise hinzuzufügen: »Er ist ein großes Kind!«
Estella fand diese Beschreibung seltsam, denn Wags war ein Hüne – noch größer als Charlie, mit einem Rücken so breit wie ein Schrank. Die Muskeln an seinen Oberarmen waren so gewaltig, dass die Arme nicht am Körper anlagen, sondern wie Flossen abstanden, und seine Hände waren groß wie Schaufeln. Das Be- und Entladen seines Lastwagens wirkte bei Wags kinderleicht, doch Estella konnte sich vorstellen, dass er bei allem, das Feinarbeit und Präzision erforderte, mit seiner unbändigen Kraft Schwierigkeiten hatte.
»Du weißt doch, dass er unter Höhenangst leidet«, meinte Charlie.
Plötzlich wirkte Marty schuldbewusst. »Ich bin gleich wieder da«, rief er Wags durch die Hintertür zu.
»Wie wäre es mit der Geschichte, als Ross abends in der Bar war und nach draußen ins Toilettenhäuschen ging ...«, begann Kev eifrig zu erzählen.
»Meinst du den Abend, als ein grabender Wombat ein Stück Holz gegen die Tür gestoßen hat?«, fragte Marty lachend.
»Ja, und Ross konnte nicht wieder raus.« Auch Kev lachteherzlich. »Er war die ganze Nacht da drin, und keiner hat’s gemerkt.«
»Am nächsten Morgen hat er mich mit sämtlichen Schimpfwörtern bedacht, die man sich vorstellen kann«, erzählte Charlie und lächelte bei der Erinnerung. »In dem Häuschen riecht es wirklich nicht besonders gut, aber woher sollte ich wissen, dass er da drin war? Ich dachte, er sei nach Hause gegangen. Er behauptete, er hätte die ganze Nacht nach mir gerufen, aber ich höre nun einmal nichts, wenn ich schlafe.«
»Wie wahr!«, zog Marty ihn auf, und Estella musste lächeln.
»Wisst ihr noch, wie er die Goanna-Eidechse durch die ganze Wüste gejagt hat?«, fragte Marjorie und nahm einen Lappen, um Farbspritzer vom Küchenfenster zu wischen.
»Aber weshalb denn?«, wollte Estella wissen.
»Sie hatte sich ein Stück Zaundraht ums Bein gewickelt«, erklärte Marty. »Und weil Ross nun mal Ross war, hat er sich Sorgen um den Goanna gemacht, weil das Bein schon angeschwollen war.«
»Wir haben stundenlang in der Hitze nach ihm gesucht«, meinte Kev kopfschüttelnd. »Ich schwöre euch, wir haben die Simpson-Wüste zweimal umrundet!«
»Habt ihr den Goanna denn gefangen?«, erkundigte sich
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