Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
Eimer, einen Besen, einen Mopp und ein paar Lappen mitgebracht hatte, folgte ihr.
Bei Tag sah alles noch schmutziger aus als am Abend zuvor. Doch Estella war entschlossen, sich ein Heim zu schaffen, selbst wenn es nur für begrenzte Zeit war. Sie hatte keine andere Wahl; zu diesem traurigen Schluss war sie am Morgen in den ersten Minuten nach dem Aufwachen gekommen.
Kylie warf ihr einen Blick zu. »Sie öffnen am besten die Fenster, Missus Estella, und ich fange in der Küche an.«
»Das kann ich Ihnen nicht zumuten, Kylie!« Während sie sprach, sah sie die Ameisen, die im Spülstein krabbelten, und die Schmeißfliegen, die über dem Tisch summten. Wieder musste sie gegen die aufsteigende Übelkeit ankämpfen.
Kylie entging nicht, wie blass sie geworden war. »Machen Sie die Fenster auf«, beharrte sie. Estella gab schließlich nach, doch sie hasste sich selbst für ihre Unfähigkeit, den Anblick des verschimmelten Essens, die Fliegen und die Ameisen zu ertragen. Sie hätte Kylie gern erklärt, weshalb sie so empfindlich auf Gerüche und Insekten reagierte, die sie sonst nicht gestört hätten, hielt sich jedoch zurück. Schließlich hatte Kylie ihr eben erst erzählt, dass in so winzigen Orten wie Kangaroo Crossing viel getratscht wurde, und damit wäre Estella nicht fertig geworden.
Ohne Zögern machte Kylie sich daran, die Essensreste vomTisch in eine mitgebrachte Tüte zu schieben. Sie kratzte auch das schmutzige Geschirr ab und stapelte es auf der Spüle, wobei sie so viele Ameisen totschlug wie möglich. Nachdem sie den Boden gefegt hatte, packte sie sämtlichen Müll in eine große Tüte, die sie dann durch die Hintertür in den Garten trug, wo sie ein Loch grub. Estella trat aus der Tür, gerade als Kylie den Inhalt der Tüte in das Loch kippte. Während sie die Müllgrube wieder zuschüttete, hob sie den Kopf und sah Estellas fragenden Blick. »Die Aborigines geben alles der Erde zurück«, sagte sie ernst, um dann lachend hinzuzufügen: »Dann stinkt es nicht mehr!«
Estella war schon aufgefallen, dass Kylie gern lachte, und sie war ihr dankbar für ihre fröhliche Gesellschaft.
»Lassen Sie uns den Wassertank inspizieren«, schlug sie vor.
Der Regenwassertank befand sich auf der anderen Seite des Hauses, in der Nähe einiger Tierpferche, die offensichtlich für Ross Coopers Patienten gebaut worden waren. Kylie drehte den Deckel an der Seite des Tanks ab, doch es kam kein Tropfen heraus. Das Ablaufrohr war voller Spinnweben, weil es sehr lange nicht benutzt worden war.
»O nein.« Estella seufzte mutlos, während Kylie an verschiedenen Stellen gegen den Tank klopfte. Estella hörte die dumpfen Schläge. »Er ist leer, nicht wahr?« Sie nahm an, dass der Tank ebenso undicht war wie das Dach des Hauses.
»Nein, er scheint halb voll zu sein«, meinte Kylie.
»Wie ist das möglich, wenn nichts aus dem Abfluss kommt?«, fragte Estella. Sie war überzeugt, dass Kylie sich irren musste.
Kylie suchte ein Stück Holz und schlug damit gegen das Abflussrohr. Zuerst geschah gar nichts, und Kylie verstärkte ihre Anstrengungen.
»Es ist kein Wasser darin!«, rief Estella über das Dröhnen der Schläge hinweg. »Ross kann kein Wasser gekauft haben, und falls doch, ist wahrscheinlich alles durch ein Leckgesickert. Bestimmt ist der Tank genauso löchrig wie dieses verdammte Dach und fällt bald auseinander wie alles andere hier.« Sie wusste, dass sie hysterisch war, doch sie konnte nichts dagegen tun. Seit sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, und James sie um die Scheidung gebeten hatte, war in ihrem Leben nichts mehr so, wie es sein sollte.
»Ross hat bestimmt Wasser gekauft, als der Tankwagen das letzte Mal in der Stadt war, Missus«, meinte Kylie, ein wenig verwundert über Estellas Mutlosigkeit. So kräftig sie konnte schlug sie auf das Rohr – aus dem plötzlich eine dunkle, undurchsichtige Schlammbrühe schoss.
»Igitt!«, stieß Estella hervor und schüttelte sich. Doch nach dem Schlamm kam Wasser, das rasch klarer wurde.
»Auf dem Boden des Tanks ist es immer schlammig«, meinte Kylie lächelnd.
Estellas Stimmung hob sich, und sie eilte ins Haus, um gleich darauf mit einem Topf zurückzukehren, den sie füllte, um eine Kanne Tee aufzugießen. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass sie sich einmal so sehr über den Anblick von Wasser freuen würde. Doch schon im nächsten Moment verwandelte sich ihre Freude in Entsetzen, als sie winzige schwarze Dinge im Topf schwimmen
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