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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nach der man sucht. Erst recht dann, wenn man sich plötzlich allein und verloren und Panik in sich emporsteigen fühlt.
    Die meisten älteren Hexen saßen an Tischen, die auf Böcken standen, in einem großen, von Seilen abgetrennten Bereich. Sie tranken Tee. Spitze Hüte wackelten beim Tratschen. Jede der Frauen schien reden und gleichzeitig allen anderen Frauen am Tisch zuhören zu können, ein Talent, das nicht auf Hexen beschränkt war. An einem solchen Ort hatte die Suche nach einer alten Frau in Schwarz und mit spitzem Hut kaum einen Sinn.
    Die Sonne stand bereits recht hoch am Himmel. Das Gelände füllte sich immer mehr. Hexen landeten mit ihren Besen auf der anderen Seite, und immer mehr Leute kamen durch das Tor. Es war recht laut. Wohin Tiffany auch sah: Überall eilten schwarze Hüte hin und her.
    Sie bahnte sich einen Weg durch das Gedränge und hielt verzweifelt nach einem freundlichen Gesicht Ausschau, nach Fräulein Tick, Frau Grad oder Petulia. Auch ein unfreundliches wäre ihr recht gewesen — sogar Frau Ohrwurm.
    Und sie versuchte, nicht zu denken. Sie versuchte, nicht daran zu denken, dass sie sich fürchtete und allein war in dieser Menschenmenge und dass irgendwo weiter oben in den Bergen der unsichtbare Schwärmer von ihrer Furcht wusste, weil ein kleiner Teil von ihm in ihr steckte.
    Sie spürte, wie sich der Schwärmer regte. Sie spürte, wie er sich in Bewegung setzte.
    Tiffany wankte durch eine schwatzende Gruppe Hexen, deren Stimmen schrill und unangenehm klangen. Sie fühlte sich krank, als wäre sie zu lange in der Sonne gewesen. Die Welt drehte sich um sie herum.
    In ihrem Hinterkopf erklang eine quäkende Stimme. Ein erstaunliches Merkmal des Schwärmers ist, dass sein Jagdmuster ausgerechnet dem des gewöhnlichen Hais ähnelt...
    »Ich möchte keinen Vortrag hören, Herr Hetzig«, murmelte Tiffany. »Ich möchte dich nicht in meinem Kopf!«
    Doch Sensibel Hetzig hatte sich schon zu Lebzeiten nicht viel um andere Leute geschert, und damit wollten seine Erinnerungen jetzt nicht anfangen. Mit einem selbstzufriedenen Näseln fuhr er fort: Wenn er sein Opfer erst einmal ausgewählt hat, schenkt er anderen attraktiven Zielen keine Beachtung mehr...
    Tiffany sah über das Gelände des Hexenwettbewerbs und stellte fest, dass sich etwas näherte. Es kam durch die Menge wie der Wind durchs Gras. Man konnte sein Vorwärtskommen an den Leuten beobachten.
    Einige fielen in Ohnmacht, andere quiekten und drehten sich um, wieder andere liefen davon. Hexen hörten auf zu tratschen, Stühle wurden umgestoßen und das Geschrei begann. Aber der Schwärmer griff niemanden an. Sein Interesse galt allein Tiffany.
    Wie ein Hai, dachte sie. Der Killer des Meeres, wo schlimmere Dinge geschahen.
    Tiffany wich zurück, und die Panik füllte sie aus. Mehrmals stieß sie gegen Hexen, die in Richtung des Aufruhrs eilten, und sie rief ihnen zu:
    »Ihr könnt den Schwärmer nicht aufhalten! Ihr wisst nicht, was er ist! Ihr könnt nach ihm schlagen und glitzernde Stäbe schwingen, aber er kommt trotzdem! Er lässt sich nicht vertreiben!«
    Tiffany steckte die Hände in die Taschen und berührte den Glücksstein. Und den Bindfaden. Und das Stück Kreide.
    Wenn dies eine Geschichte wäre, dachte sie bitter, würde ich auf die Stimme meines Herzens hören und meinem Stern folgen und all dem anderen Kram, und dann würde alles gut, mit hübsch klimpernder MagieHHH. Aber man ist nie in einer Geschichte, wenn man sich wünscht, in einer zu sein.
    Geschichte, Geschichte, Geschichte.
    Der dritte Wunsch. Der dritte Wunsch. Der dritte Wunsch ist der wichtige.
    In Geschichten bietet der Geist, die Hexe oder die magische Katze. drei Wünsche an.
    Drei Wünsche.
    Tiffany hielt eine vorbeihastende Hexe fest und sah in das Gesicht von Annagramma, die sie entsetzt anstarrte und zu fliehen versuchte.
    »Bitte tu mir nichts!«, rief sie. »Bitte! Ich bin deine Freundin.«
    »Wenn du möchtest, aber das war nicht ich, und jetzt geht es mir besser«, sagte Tiffany und wusste, dass sie log. Sie war es gewesen, und das war wichtig. Das durfte sie nicht vergessen. »Schnell, Annagramma! Wie lautet der dritte Wunsch! Schnell! Wenn man drei Wünsche hat, wie lautet der dritte!«
    Annagrammas Gesicht verwandelte sich in die empörte Grimasse, mit der sie immer reagierte, wenn etwas so dreist war, nicht sofort verständlich zu sein. »Aber warum.«
    »Denk nicht darüber nach, bitte! Antworte einfach nur!«
    »Es. käme alles infrage.

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