Ein Idiot kennt keinen Schmerz: Der Star aus Jackass
während jener ersten paar Wochen das Gefühl hatte, dass Cindy und ich uns ständig gegen die Ärzte stellten. Sie erklärten uns immer wieder: »Da gibt es nichts mehr zu retten.« Aber unsere Einstellung war: »Verdammt, wir werden sie nicht aufgeben.« Es mag durchaus sein, dass sich all diese Geschehnisse in meiner Erinnerung zu einseitig darstellen – viele der Ärzte und Schwestern, die Mama betreuten, waren wirklich großartig –, sicher ist nur, dass ich immer genau dieses Gefühl hatte. Trotzdem begannen wir schließlich auch, uns mit der sehr wahrscheinlich bald anstehenden Entscheidung zu beschäftigen, ob wir die Geräte, an denen Mama hing, abschalten lassen sollten.
Cindy: Eigentlich war ich als das ältere, ein bisschen verantwortungsvollere Kind aufgrund einer Vollmacht die Entscheidungsträgerin. Doch wie ich Steve sagte, war alles in Ordnung, solange wir ein Team waren, das jede Entscheidung gemeinsam traf, und solange wir uns dabei noch guten Gewissens in die Augen schauen konnten. Den Rest der Welt konnten wir ausblenden.
Mamas Schwester Janice kam kurz nach dem Vorfall nach Florida und machte sehr deutlich, dass Mama es ihrer Ansicht nach nicht gewollt hätte, in einer solchen Situation am Leben zu bleiben. Wäre da ein Schalter zum Ausknipsen gewesen, Janice hätte ihn ohne zu zögern bedient. Doch ob gut oder schlecht, da gab es keinen Schalter. Mama musste 24 Stunden lang umsorgt werden. Sie brauchte Hilfe beim Atmen, Essen, Trinken, für jede Bewegung – aber ihr Gehirn war noch immer aktiv, entsprechend wurden wir nie mit der Entscheidung konfrontiert, den Stecker zu ziehen oder nicht. Rückblickend bin ich dafür dankbar, denn ich weiß nicht, wie ich mit dieser oder mit jener Entscheidung hätte weiterleben können.
Es war schon sehr seltsam, dass sich das letzte Gespräch, das ich mit Mama geführt hatte, ausgerechnet um den Tod gedreht hatte. Als ich ein paar Monate zuvor in Florida gewesen war, hatte sie mir, nachdem ich mich gesetzt hatte, mitgeteilt, dass sie ihr Testament ändern wolle. Die Einzelheiten dieser Diskussion sind nicht so wichtig – sie wusste, wie leichtsinnig ich mit Geld umging, und wollte ihr Testament dahingehend ändern, dass ich nicht einen Gesamtbetrag erbte, den ich aller Wahrscheinlichkeit nach sofort verprassen würde –, doch zu jenem Zeitpunkt war sie eindeutig in einer bedrückten Stimmung. Ich weiß nicht, ob sie sich krank fühlte, aber es war sehr deutlich, dass sie wieder trank. Studien zufolge ist Alkoholmissbrauch ein klarer Risikofaktor, der die Wahrscheinlichkeit von Gehirnaneurysmen erhöht, und ich habe kaum Zweifel daran, dass es in ihrem Fall so war.
Sechs Wochen lang lag Mama im Koma. Cindy und ich wohnten währenddessen in Mamas Haus in Boca und fuhren jeden Abend nach Miami und verbrachten ein paar Stunden mit ihr in ihrem Krankenzimmer. Oft gab es medizinische Dinge zu erledigen oder etwas mit den Ärzten zu besprechen, doch die meiste Zeit über saßen wir nur da und redeten mit Mama. Es war wichtig für uns, mit ihr zusammen zu sein, aber auch schrecklich. Wenn man sie so sah, angeschlossen an kalte, tote Maschinen, die ihre Lebenszeichen überwachten, musste man sich immer wieder ins Bewusstsein rufen: Das ist meine Mama, die so daliegt .
Cindy: Nachdem Mama eine Zeitlang im Krankenhaus von Miami gelegen hatte, war sie vollkommen unbeweglich geworden. Solche Menschen müssen alle zwei Stunden gedreht werden, damit sie sich nicht wundliegen. Eines Abends kam da diese Krankenschwester, wechselte Mamas Windel und wendete sie dabei ziemlich grob hin und her. Sie ging mit Mama um, wie Gepäckträger an Flughäfen mit Koffern hantieren. Als ich das sah, war ich kurz davor, ein Verbrechen zu begehen. Zumindest aber wollte ich diese Frau zusammenstauchen oder zu ihrem Chef gehen und sicherstellen, dass dieses Miststück Mama nie wieder anrühren würde. Aber Steve sah mich an und meinte: » Nein, das bringt nichts und weißt du auch, wieso? Wir können nicht 22 Stunden täglich hier sein. Wenn du das machst, wird sie ihren Ärger in unserer Abwesenheit an Mama ablassen, und dann wirst du dich deswegen noch mieser fühlen. « Eine Sache, die die meisten Leute bei Steve nicht erwarten, ist seine ausgeprägte soziale Kompetenz. Er kann sehr diplomatisch sein. Er beruhigte mich also und ging dann zu der Krankenschwester und bezirzte sie. Und es war unglaublich, auch wenn es bis dahin nicht so gewesen war, den Rest der Zeit wurde Mama eine
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