Ein Iglu für zwei (German Edition)

der Leitung verrät mir, dass sie das Gespräch einfach beendet hat.
    Was für ein schlechter Scherz. Fragt sich nur, von wem er stammt. Sollte Danny wirklich nur ein falsches Spiel mit mir getrieben haben? Wäre das denkbar? Ich weigere mich, das zu glauben. Ganz bestimmt wird er gleich zurück sein.
    Aber woher weiß sie das mit Danny und mir überhaupt? Bis gestern Abend wusste ich es nicht einmal selbst. Er muss bei ihr gewesen sein. Niemand sonst könnte sie darüber informiert haben, da es außer Danny und mir keine Menschenseele gibt, die davon weiß. Was ist, wenn es stimmt, was sie behauptet? Wenn er immer noch bei ihr ist und mich nur benutzt hat? War ich es also doch? Ein offener Pralinenkasten? Wie kann sich ein Mensch nur so verstellen? Mit dieser Begabung hätte er Schauspieler werden sollen und kein Sänger.
    Benommen von diesem schmerzvollen Anruf setze ich mich auf das Sofa und starre in den leblosen Kamin. Mein Kopf ist leer und mein starrer Blick fixiert ununterbrochen dieselbe Stelle. Wahrscheinlich würde ich sie noch bis zum nächsten Morgen so apathisch anpeilen, wenn mir meine Müdigkeit nicht einen Strich durch die Rechnung machen würde. Bevor ich die anvisierte Stelle durchbohrt habe, fallen mir die Augen zu.
    Um sieben Uhr morgens werde ich wieder wach. Mein Kopf lag die ganze Nacht auf meiner Schulter, sodass ein überdehnter Nerv im Hals zu brennen beginnt, als ich meinen Kopf anhebe. Au! Mit meinen Händen stütze ich meinen schweren Kopf und schwenke ihn ein paar Mal von links nach rechts, um den stechenden Nerv im Hals zu lockern. Doch alle Mühe ist vergebens. Sobald ich meinen Schädel bewege, zieht der Schmerz den gesamten Nacken hinab. Als hätte er seine untrügliche Freude daran, mir zusätzliches Leid zu verschaffen.
    Ein umfassender Kontrollgang durch das Haus gibt mir definitive Gewissheit: Danny ist tatsächlich die ganze Nacht über weggeblieben. Also stimmt es doch. Was diese Elisabeth mir am Telefon sagte, ist wahr. Warum in aller Welt habe ich mich so blenden lassen? Wie konnte es mir nicht auffallen, dass absolut nichts von all dem wahr ist, was mir Danny gestern gesagt hat? Noch niemals im Leben bin ich derartig getäuscht worden.
    Ich begreife das alles nicht. Meine eingerosteten Menschenkenntnisse müssen dringend wieder überholt werden. Dann wäre mir so ein Reinfall sicher nicht passiert. Nun wird es wieder mal deutlich, dass ich zu viel Zeit mit arktischen Tieren verbracht habe, statt mit meinen Mitmenschen. Mit Tieren habe ich einfach mehr Erfahrung. Robben zum Beispiel sind erstaunlich gesellig und halten, wenn’s drauf ankommt, immer zusammen. Sie enttäuschen sich niemals. Gegenwärtig würde ich ihrer Gesellschaft den Vorzug geben. Stattdessen musste ich mich auf Dannys ehrlose Spielchen einlassen.
    Ich werde meine Überlegungen, mich zukünftig am Nordpol niederzulassen, wieder aufgreifen. Mir würden da schon einige besonders einsame Fleckchen in den Sinn kommen. Da wo ich mir sicher sein kann, niemandem mehr auf dieser Welt begegnen zu müssen. Absolut keinem einzigen Menschen.
    Meine Augen reichern sich mal wieder mit Flüssigkeit an. Seitdem ich Danny begegnet bin, passiert mir das öfter, als mir lieb ist. Das letzte Mal ergossen sich meine Tränen, als Phil mir offenbarte, dass er lieber mit meiner damals besten Freundin zusammen wäre als mit mir. Sicherlich hatte er für sich die richtige Entscheidung getroffen. Ob es auch für mich die richtige war, weiß ich bis heute nicht. Auf jeden Fall führte es dazu, dass ich die nächsten Jahre wie ein Eisblock durchs Leben streifte. Gefühle ließ ich keine mehr zu und zum unwillkürlichen Tränenverguss kam es seitdem nicht mehr. Jetzt erlange ich wieder ungewollte Übung darin.
    Frustriert begebe ich mich in mein Zimmer und packe meine Sachen zusammen. Die Kleider, die ich Danny aufs Spesenkonto anrechnete, lasse ich im Schrank hängen. Ein letzter Gang durchs Haus weckt schmerzliche Erinnerungen. Ich hoffe, du bist stolz auf dein Werk, Danny Greyeyes. Du kannst mit Recht von dir behaupten, dass du ein spitzenmäßiger Schauspieler bist. Falls ich jemals dazu komme, werde ich einige Empfehlungen bei den renommiertesten Regisseuren für dich aussprechen. Jetzt, wo ich so unsagbar prominent bin, dürfte es keine Schwierigkeit sein, entsprechende Beziehungen zu Film und Fernsehen zu knüpfen.
    Ich bin dir wirklich dankbar für alles. Du hast mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Nichts ist mehr, wie es