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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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wurde ihr mulmig zumute. So
gut kannte sie David auch wieder nicht. War es eine gute Entscheidung gewesen,
ihm hier in die Einöde zu folgen? Sie schaute ihn von der Seite an. Er blieb
stehen und holte eine große Taschenlampe aus seinem Rucksack. „Damit geht es
für dich vielleicht besser.“
    Sie nickte befangen. Er trat durch ein verrostetes
Gartentor, das mit einem kleinen Vorhängeschloss gesichert war. Sie gingen
einen kurzen Weg durch meterhohes Gestrüpp. Das wirkte so, als hätte man hier
jahrzehntelang den Garten verwildern lassen. Dahinter eröffnete sich allerdings
eine kleine Wiese, die gemäht war. Auch Sträucher schien es zu geben und Emily
konnte einige größere Bäume entdecken, einen Apfel- und einen Kirschbaum
identifizierte sie. Das Ganze machte einen gepflegten Eindruck.
    David blieb stehen. „Ja, hier ist mein Reich“, sagte er
etwas verlegen.
    „Hier wohnst du?“ Die offensichtliche Tatsache wollte Emily
nicht in den Kopf. Sie schaute sich nach einer Art Behausung um und stellte
sich schon ein Zelt aus alten Plastikplanen vor. David war also so eine Art
Obdachloser. Das war sein Geheimnis!
    „Komm, hinein in die gute
Stube. Es wird frisch hier draußen.“ Er zog sie weiter und in der hinteren
linken Ecke des Grundstücks befand sich eine größere Gartenhütte. Sie war so
dunkel gestrichen, dass sie ihr in der Dunkelheit nicht aufgefallen war.
Erleichterung machte sich in ihr breit, dass es nicht ganz so schlimm war, wie
sie es sich vorgestellt hatte. David schloss die Tür mit einem altmodischen
Schlüssel auf. Sie traten in einen großzügig wirkenden Raum, der allerdings
höchstens zehn Quadratmeter haben konnte. David zündete zwei Gaslampen an.
Sofort erschien der Raum in warmem Licht. Es gab einen kleinen Tisch mit zwei
windschiefen Gartenstühlen und rechter Hand ein Bett. Von der hinteren Wand
ging eine kleinere Tür ab, die David jetzt öffnete. Da sah sie sogar ein
Plumpsklo. Ein kleines Regal enthielt ein paar Lebensmittel und
Haushaltsgegenstände.
    Lächelnd sagte er: „Schau dich nur um. Du bist seit langem
die Erste, der ich das zeige. Möchtest du einen Tee nach der beschwerlichen
Wanderung?“ Emily nickte. Noch hatte sie ihre Sprache nicht wiedergefunden.
David nahm einen verbeulten Teekessel, warf eine Handvoll getrocknete
Pfefferminzblätter hinein und beugte sich über einen kleinen offenen Kamin, in
dem er ein Feuer anzündete. Oben drauf stellte er den Teekessel. Emily ließ
sich auf die Bettstatt nieder, um gleich wieder aufzuspringen. „Was ist denn
das?“
    „Meinst du vielleicht meine Matratze?“ David lächelte. Emily
fühlte den knisternden Inhalt unter dem groben Leintuch.
    „Selbstgestopft“, erzählte David stolz, „aus eigener Ernte.“
Emily fiel es wie Schuppen von den Augen. Das war der Grund, wieso David immer
so nach Heu duftete. Sie ließ sich rückwärts auf das Bett plumpsen. Sie lag gut
dort. Als sie lag, merkte sie erst, wie betrunken sie war. Sie kam sich vor,
wie auf hoher See und schloss die Augen.
    Sie wachte auf, als David ihr behutsam die Haare aus der
Stirn strich. „Emily, dein Tee ist fertig.“
    „Ich muss wohl kurz gedöst haben.“ Das Feuer brannte nun
richtig hoch. David hatte zwei Tassen und ein Glas mit braunem Zucker auf den
Tisch gestellt.
    Aber sie nuschelte: „Komm, setz dich zu mir. Hier ist es
viel gemütlicher“. David rutschte mit auf das Bett. Gemeinsam starrten sie
gedankenverloren ins Feuer.
    „Du bist schon ein außergewöhnlicher Mensch“, sagte Emily.
Und streichelte die blonden Haare auf seinem Unterarm gegen den Strich. Das
Feuer warf lebendige Schatten, so dass es aussah, als wäre seine Haut lebendig
und die Leberflecke tanzten.
    „Emily, du auch. Das habe ich gleich bei unserer ersten
Begegnung gespürt.“ Sie wandten sich einander zu und sahen sich lange in die
Augen. Emily liebte das Sternengefunkel in seinen Pupillen. Er bettete ihren
Kopf in seine Hände. Strich erneut ihre inzwischen vermutlich ganz zerzausten
Haare nach hinten und beugte sich zu ihr hinunter. Seine Lippen berührten ihre.
Sie waren trocken und weich zugleich. Emily dachte kurz darüber nach, was sie
hier tat. Aber es fühlte sich aufregend und gleichzeitig doch selbstverständlich
an. So zog sie einen großen Vorhang vor, hinter dem sie alle kritischen
Gedanken verbarg. Dann öffnete sie ihre Lippen und gab sich dem Kuss hin. Emily
fühlte nicht mehr, ob ihre Lippen ihn küssten oder seine Lippen sie. Alles war
eins und

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