Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
Griechenland-Anleihen.
Leider hat er vergessen, mir zu sagen, dass ich das Geld auch wieder rausziehen
soll. Inzwischen sind sie nicht mehr einen Pfifferling wert, wie du weißt.“
Emily wurde ganz flau im Magen. Sie dachte an die
vierhunderfünfzig Euro, die sie gerade heute in Mannheim gelassen hatten.
Kinder sind teuer.
„Ja, schau nicht so. Ich kann auch nicht an alles
gleichzeitig denken“, brummte er.
Emily rieb sich die Handgelenke. Ihren Salat hatte sie schon
weggeschoben. Die zwölf Euro neunzig hätten sie vielleicht lieber sparen
sollen. Jetzt dachte sie auch an einige Situationen, in denen Josue sonderbar
geizig reagiert hatte.
„Es ist gut, dass ich das jetzt weiß“, sagte sie leise.
„Dann kann ich auch damit umgehen.“
Er sah sie mit einem Hoffnungsschimmer in den Augen an. „Ja,
das dachte ich mir auch, dass du damit umgehen kannst. Du bist noch nicht so
verwöhnt wie ich. Dein Lebensstandard hält sich wirklich in Grenzen.“
Sie wandte sich Josue zu. „Ich wünschte mir einfach, du
würdest mir die Dinge früher erzählen.“
„Sicher, hätte ich auch gerne. Aber eine junge Beziehung
sollte man noch nicht so belasten, oder?“
„Es wäre einfach fair, mit offenen Karten zu spielen.“
„Ich habe dir meine finanzielle Situation nicht bewusst
verheimlicht. Ich dachte einfach, wir wären noch nicht so weit“, sagte er
beleidigt.
„Dann ist es ja gut, dass wir so weit sind zu heiraten,
oder?“ Der Sarkasmus in Emilys Stimme war ihm wohl nicht entgangen. Er zog sie
eng zu sich auf der Eckbank. „Emily, meine Kleine. Ich glaube fest daran, dass
wir das gemeinsam schaffen können. Ich alleine bin da ein bisschen überfordert.
Schließlich bin ich Künstler.“
„Also gut, ich glaube auch, dass man das zusammen schaffen
kann. Aber nenn mich nicht immer deine Kleine“, schmollte sie. „So wie ich das
sehe, müssen wir einiges ändern, damit du –“, sie zögerte, „wir wieder auf
einen grünen Zweig kommen, sonst wird das nichts.“
Josue schüttelte sich wie ein nasser Hund. „Ok, aber lass
uns nach der Hochzeit damit anfangen. Dann bin ich zu allen Schandtaten
bereit.“
„Und wie machen wir das nun mit der Hochzeit?“, fragte sie
verzweifelt.
Er schlug vor im Stift Neuburg in dem Restaurant eine große
Tafel für dreißig Leute zu reservieren. Sie ließ sich mürbe vom Diskutieren und
ernüchtert von der Lage darauf ein.
Nun begann er zu essen und Emily knabberte ein wenig am kalt
gewordenen Flammkuchen. Sie kam sich plötzlich müde und alt vor.
Später, als sie Hand in Hand zu Josues Wohnung
zurückschlenderten, nahm sie innerlich Abschied von der schönen Weststadt. In
Zukunft würden sie sich ein neues Domizil in einem weniger attraktiven Teil
Heidelbergs suchen müssen, aber das sprach sie nicht aus. Noch nicht.
20
Besuch bei einem kranken Vogel, Megascheiße und das
heiße Bad
Am nächsten
Mittwoch klingelte sie voller Vorfreude bei Frieda Vogel. Niemand öffnete, die
Gegensprechanlage blieb tot. Emily versuchte vom Handy aus anzurufen. Ans
Telefon ging ebenfalls niemand. Emily machte sich Sorgen, klingelte eine Etage
tiefer. Die ältere Dame, die ihr freundlich Auskunft gab, sagte, sie habe Frau
Vogel schon einige Tage nicht mehr gesehen, wisse sonst aber nichts. Jetzt
wurde Emily richtig komisch zumute. Sie rief Claras Großmutter an, deren Nummer
sie zum Glück abgespeichert hatte.
„Hallo Frau Finkelstein, hier ist Emily. Gut, dass Sie da
sind. Wissen Sie, ob mit Frieda Vogel alles in Ordnung ist. Wir waren heute
verabredet, aber es öffnet niemand.“
„Ach Emily, haben wir vergessen, Sie zu benachrichtigen? Das
tut mir leid. Sie müssen wissen, Frieda ging es gar nicht gut am Wochenende, da
haben wir sie ins Krankenhaus bringen lassen. Sie wollte partout nicht und hat
immer wieder gesagt, sie wolle zuhause sterben. Aber wir hoffen, dass sie sich
noch einmal erholt.“
Emily bekam weiche Knie und lehnte sich gegen die Hauswand.
„Ist es so schlimm?“, fragte sie mit gepresster Stimme.
„Kindchen, Sie wissen doch, dass ihr Leben am seidenen Faden
hängt“, seufzte Claras Großmutter.
„Letzte Woche war sie noch richtig munter, wir waren
einkaufen und im Café Schafheutle.“
„Sie kann sich wirklich enorm zusammenreißen, unsere Frieda.
Aber auch das wird sie Kraft gekostet haben.“
Emily bekam ein schlechtes Gewissen, dass sie nicht strenger
mit Frieda Vogel gewesen war. „Kann ich sie wenigstens
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