Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
kann gut mit den Kindern
umgehen. Ich brauche jetzt jemand, der für uns da ist und die Dinge hier in die
Hand nimmt. Ich kann so nicht weitermachen. Ich habe das Gefühl, dass mir
gerade alles entgleitet.“
„Ja, aber du musst sie doch nicht gleich heiraten, oder?“
„Ich denke, Emily ist der Ganz-oder-gar-nicht-Typ. Wenn wir
nicht heiraten, zieht sie nicht hier ein und fühlt sich lange nicht so stark an
uns gebunden.“
„Aber du liebst sie nicht. Sag mir, dass du sie nicht
liebst!“
Emily wusste, dass sie sich das nicht anhören sollte, weil
sonst gleich etwas Schreckliches passieren würde. Aber sie stand wie gelähmt
und hörte der kreischenden Camilla zu.
„Nein, ich denke nicht – vielleicht noch nicht. Ich liebe
Kathleen und manchmal dich, wenn du nicht so zeterst.“
Emily hatte das Gefühl,
als hätte jemand ihr in den Bauch getreten, so dass sie keine Luft mehr bekam.
Ihre Knie wurden weich und sie sackte am Türrahmen hinunter. Sie presste die
Faust auf den Mund, um nicht zu schreien. Wo war sie hier hineingeraten?
„Aber ich mag sie wirklich und die Kinder lieben sie. Ich
denke, das genügt zum jetzigen Zeitpunkt. Wir werden wieder eine Familie sein,
alles andere ist jetzt zweitrangig.“
„Warum bestrafst du dich so? Du kannst es nicht mehr ändern,
sie ist tot. Sie würde nicht wollen, dass du deswegen so ein Opfer
vollbringst.“
„Ich habe sie getötet. Also muss ich jetzt dafür sorgen,
dass meine Kinder wieder eine Mutter bekommen. Emily wird ihnen ein gute Mutter
sein. Sie kann besser mit ihnen umgehen als ich selbst.“
„Du hast sie nicht getötet, zum tausendsten Mal. Es war ein
Unfall!“
„Ich habe sie angestachelt, schneller zu fahren. Wir waren
betrunken. Und ich habe sie angemacht. Du weißt, wie mich so etwas erregt. Es
ist nicht zu entschuldigen.“ Josue sprach so leise, dass Emily ihn kaum
verstehen konnte.
Unablässig schob sie Puzzleteile in ihrem Gehirn hin und
her, aber sie konnte in diesem Zustand nicht denken. Sie musste weg hier, aber
schnell, doch sie konnte ihre Gliedmaßen nicht bewegen, so sehr sie es ihnen
auch befahl. Also blieb sie bewegungslos sitzen.
„Kathleen hat dir schon längst verziehen.“ Camilla hörte
sich jetzt wieder ruhiger an. „Du bist nie verurteilt worden. Bitte, Josue,
bitte lass endlich diese Geschichte ruhen. Lass nicht zu, dass du dir deswegen
dein Leben versaust. Man muss heute niemanden mehr heiraten, den man nicht
liebt.“
„Das sagt die Richtige“, zischte Josue seinerseits. „Sag mir
hier und auf der Stelle, dass du Paul geliebt hast, als ihr geheiratet habt?“
„Die Liebe ist gewachsen über die Jahre“, sagte Camilla
anscheinend recht kleinlaut.
„Also, dann gestehe mir auch zu, dass die Liebe wächst über
die Jahre.“
„Wenn du dir wenigstens jemand suchen würdest, die reich ist
und deine Probleme auf einen Schlag lösen kann.“
„Ich zahl euch das Geld schon noch zurück“, knurrte Josue.
„Darum geht es nicht. Aber Emily, eine kleine Studentin, was
willst du denn mit ihr?“
„Sie ist tough, sie ist lebenspraktisch, anders als wir.
Wenn du deinen Paul nicht hättest, würdest du auch anders da hängen mit deinen
Zuständen, sag ich dir.“
Sie schwiegen und Emily versuchte noch einmal, sich
aufzurappeln. Aber sie hielt in der Bewegung inne, als sie hörte: „Und was wird
mit uns?“
„Ich habe Emily versprochen, dass wir keine offene Ehe
führen.“ Sie hörte ein leises Weinen. Camilla, dieses Miststück!
„Wir haben keine gemeinsame Zukunft, Camilla. Und das liegt
nicht an mir.“ Er schien sie in den Arm zu nehmen, das Weinen wurde leiser.
„Aber wir werden sehen, was sich machen lässt“, hörte sie noch.
Dann stand sie endlich wieder aufrecht und war wohl beim
Aufstehen gegen die angelehnte Tür gekommen. Diese ging auf. Emily sah Josue
und Camilla, die sich küssten, als wären sie alleine auf der Welt.
Sie waren ein schönes Paar, das musste Emily zugeben.
Camilla musste sich gar nicht auf die Zehenspitzen stellen, um an Josues Lippen
zu kommen, und ihre rötlich-braunen Haare flossen wie ein seidiger Vorhang über
seine Schulter, aber das war jetzt absolut nebensächlich.
Emily atmete aus und holte dann tief Luft. Ihre Stimme klang
fest als sie sagte: „Herzlichen Glückwunsch. Ihr passt wunderbar zusammen.“
Die beiden fuhren auseinander, als hätte jemand ein Beil
zwischen sie geworfen.
„Ich denke, ich habe genug gehört. Josue, was auch immer du
vorhast, es
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