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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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„Es ist
vielleicht vermessen, einen alten Heidelberger zu fragen, ob er schon mal beim
Felsenmeer war, aber warst du schon?“
    Josue hob fragend eine Augenbraue. „Ich könnte nicht sagen,
dass ich überhaupt weiß, was ein Felsenmeer ist.“
    Emily erklärte stolz, dass im Wald am gegenüberliegenden
Hang verborgen eine wie von Götterhand geworfene Steinmenge den Berg
hinunterkullerte. „Für die Kinder wäre das sicher toll, darin herumzuklettern“,
schlug sie vor.
    „Ja ist das denn nicht gefährlich?“
    „Vermutlich schon, aber Spaß macht es doch trotzdem, denke
ich“, erwiderte sie ein wenig ernüchtert. „Und zum Stift Neuburg wollte ich
auch schon seit einiger Zeit. Ich weiß nur, dass das Kloster im 12. Jahrhundert
vermutlich auf den Resten einer alten Burg gegründet wurde. Bald wurde es dann
ein Frauenkloster. Auch das erste Goethe-Museum Deutschlands wurde hier mal
eingerichtet und sogar ein alchemistisches Labor.“
    „Woher um Himmels willen weißt du all das?“, fragte Josue.
    „Ich werde hoffentlich bald einen Job als Stadtführerin
annehmen“, sagte Emily möglichst bescheiden. Er sah sie mit neuem Interesse an,
so dass sie merkte, dass er ihre intellektuelle Seite bisher nicht so
wahrgenommen hatte. Und sie war sich sicher, dass sie so eine Seite hatte, denn
sonst würde sie nicht Soziologie studieren, oder?
    „Ich wäre da völlig überfordert. Wir haben einmal mit dem
Orchester eine Nachtwächter-Stadtführung mitgemacht. Das war schon spannend,
was es in der Heimat alles neu zu entdecken gilt, aber Geschichtliches kann ich
mir nur merken, wenn ich es mit Musikgeschichte verbinden kann.“
    „Und bei mir ist es so, dass ich es mir nur merken kann,
wenn ich es mit konkreten Orten und Menschen verbinde“, erklärte sie.
Währenddessen waren sie beim Büchsenackerköpfle angelangt. „Hier gehe ich
manchmal mit den Kindern schwimmen.“ Er zeigte ihr das Hallenbad. Aber wir
müssen jetzt da hinunter.“
    Einträchtig schweigend gingen sie die Fahrstraße hinunter.
Nun hatte es richtig angefangen zu regnen. Er spannte einen bisher in seiner Jackentasche verborgenen
schwarzen Schirm auf, den er über ihre beiden Köpfe hielt, und sie
hängte sich wie selbstverständlich bei ihm ein. In diesem Moment hätte die Welt
untergehen können, so glücklich war sie mit einem Schirm über sich, einem Mann
an ihrer Seite und der regenglänzenden Straße zu ihren Füßen. Nach der nächsten
Biegung tauchten erste Ställe auf und Josue führte sie in das urige Restaurant,
das sie mit seinen Kerzen von außen schon heimelig einlud. Sie schüttelten sich
beide ein wenig auf der Schwelle vor den großen Holztüren und Josue nahm ihr
zuvorkommend ihre schwer gewordene Weste ab. Sie fuhr sich durch die Haare.
Inzwischen war es ihr auch gelungen, einen Friseurtermin zu machen, und ihre
dünnen Haare waren wieder perfekt in einem kurzen, jetzt leider nassen Bob
geschnitten, so dass ihre langen, funkelnden Ohrringe richtig zur Geltung
kamen.
    Das Restaurant war recht voll, aber die wenigsten waren wohl
hierher gelaufen, dachte sie stolz. Sie setzen sich gegenüber an einen der dunkel
gebeizten Tisch in der Ecke beim Kamin, den er wohl vorsorglich reserviert
hatte, und Emily merkte, wie hungrig sie inzwischen war. Das Letzte, was sie
gegessen hatte, war ein übrig gebliebener Grießbrei im Altenheim.
    „Du bist eingeladen“, sagte er freundlich.
    „Nein, du hast schon den Wein am Samstag spendiert, heute
bin ich dran“, sagte sie tapfer, um gleich ihre finanzielle Unabhängigkeit zu
signalisieren. Er schaute sie erneut mit diesem prüfend-interessierten Blick an
und gab sich schnell geschlagen. Emily wählte einen Salat mit Ziegenkäse. Er
entschied sich für den Brautopf und beide tranken ein dunkles Klosterbier. Als
sie anstießen, hielt er ihren Blick für einen Moment fest und Emily merkte, wie
ihr eine heiße Welle tief in den Bauch schwappte. Sie war sich wirklich nicht
sicher, ob er sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst war. Emily fing immer
wieder bewundernde Blicke von den Damen der Nebentische auf. Auch Männer
guckten, allerdings konnte sie deren Blicke nicht so einfach interpretieren. Sie
war so stolz, mit diesem Mann am Tisch zu sitzen, dass sie sich immer wieder zu
voller Sitzgröße aufrichtete.
    Das Gespräch lief leicht dahin, wie ein plätschernder
Bergbach, der von Stein zu Stein springt. Er erzählte von lustigen
Begebenheiten aus seinem Orchesteralltag. Nur als Emily die

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