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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Denn wenn er sie heimlich mit Kennermiene
musterte, dann wusste sie, dass er sie anziehend fand und auch deswegen mit ihr
zusammen war.
    Sie hatte dann noch zweimal bei ihm übernachtet und die
Übernachtungen verlief jedes Mal auf dieselbe schmerzlich asexuelle Weise, so
dass sie dazu übergegangen war, ihrerseits wieder heimzufahren, weil sie es so
nicht aushalten konnte. Einmal hatte er schlaftrunken gefragt: „Geht’s dir gut,
kleine Emily?“ Sie hatte geantwortet: „Könnte besser sein“, da war er aber
schon eingeschlafen. Am Morgen hatte er sie dann schuldbewusst besonders
zärtlich geküsst, aber mehr war auch nicht gewesen.
    Ihre Sehnsucht wurde so stark, dass sie sich aus ihrer
Deckenhöhle quälte und das Handy vom Tisch zog, um ihn anzurufen. Die Mailbox
sprang an und sie krächzte: „Hallo, lieber Josue, hier ist Emily. Ich bin
leider krank und kann heute nicht mit euch einkaufen gehen. Bitte melde dich
doch und grüß mir die Kinder.“
    Sie drückte die Taste mit dem roten Hörer, nahm ihr Handy
mit und kroch wieder ins Bett. Nun schlugen ihre Zähne aufeinander und sie
trieb von einer Fieberwelle zur nächsten, wobei sie immer das Gefühl hatte,
dass Josue gerade auf einer anderen Welle war, so dass sie ihn nicht erreichen
konnte. Nach einer Weile klingelte das Handy.
    „Hallo“, meldete sie sich schwach.
    „Hallo, arme Emily. Hier ist Josue. Was ist denn mit dir?“
    „Ich glaube, ich habe so was wie Grippe. Kannst du später
mal vorbeikommen, das würde mir, glaube ich, guttun?“, fragte sie.
    Er schwieg kurz. „Emily, es tut mir leid, aber ich glaube
nicht. Wenn ich mich anstecke, dann kann ich nicht arbeiten und stecke
vielleicht noch die Kinder an. Das Risiko ist mir einfach zu groß, ich hoffe,
du verstehst das.“
    Nein, das konnte sie jetzt nicht verstehen. Sie verstand
nur, dass sie ihn jetzt brauchte.
    „Emily, bist du noch da?“
    „Hm?“
    „Ich wünsch dir gute Besserung, meine Kleine, und ich drück
dich. Melde dich, wenn du über den Berg bist, ja?“
    Emily hörte noch eine Weile den Nachhall seiner Stimme: „Und
melde dich, wenn du über den Berg bist ... und melde dich, wenn ...“ Sie ließ
das Handy auf den Boden gleiten und hatte das Gefühl, dass sie gerade wie ein
Wackelpudding formlos in alle Richtungen zerfloss, so schwach und enttäuscht
fühlte sie sich. Irgendetwas stimmte nicht, aber sie fühlte sich zu zerschlagen
im Kopf, um darüber nachdenken zu können. Mit einer Hand tastete sie nach ihrem
alten Hasen, zog ihn an ihre Brust und schlief endlich ein. Unterbrochen wurde
ihr Schlaf nur von wirren Fieberträumen, in denen Josue mit den Kindern und
Frau Schmitt auf einer Blumenwiese tanzte und sie aus der Ferne zuschaute. In
einem anderen Traumfetzen fuhr sie mit einem Aufzug, dessen Türen sporadisch
auf- und zugingen, und Emily verpasste jedes Mal den entscheidenden Punkt, bei
Josue auszusteigen, der aber auch ständig in einem anderen Stockwerk stand.
Einmal öffnete sich die Aufzugstür und Camilla, die Cellistin, lachte ihr
hexenhämisch entgegen, so dass sie sich schnell wieder zurückzog, einmal sah
sie plötzlich ihre Eltern und fühlte sich zu kraftlos, um in ihrem Stockwerk
auszusteigen.
     
    Nach einiger Zeit wachte sie auf, weil sie merkte, dass sie
nicht mehr allein war. Sie öffnete mühsam die Augen und sah im Gegenlicht eine
hochgewachsene Gestalt.
    „Josue?“, fragte sie hoffnungsvoll.
    Die Gestalt schüttelte den Kopf. „Ich wollte gerade bei dir
vorbeischauen, weil wir so lange nichts voneinander gehört haben, da habe ich
deinen Mitbewohner unten vor der Haustür getroffen, er hat mir erzählt, du
seist krank.“
    Er kam zu ihr, setzte sich auf die Bettkante und strich ihr
die verschwitzten Haare aus der Stirn.
    „Das ist lieb, dass du trotzdem gekommen bist, aber pass
auf, dass du dich nicht ansteckst.“ Sie rückte ein Stückchen von ihm weg.
    Er schüttelte den Kopf. „Als alter Wald- und Wiesenmensch
werde ich nicht krank, weißt du das nicht?“
    Sie schüttelte vorsichtig den Kopf. Es klopfte und Thorsten
reichte David die Tabletten und den Saft. „Braucht ihr sonst noch was?“, fragte
er.
    David sagte: „Danke dir, jetzt kommen wir zurecht.“ Er half
ihr, sich aufzusetzen, schob ihr eine Tablette in den Mund und hielt ihr das
Glas Saft an die Lippen. Mühsam schluckte Emily. Ihr Hals kratzte inzwischen
auch stark und langsam wusste sie nicht mehr, welcher Körperteil sich noch
nicht beschissen anfühlte. Sie sank wieder

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