Ein Jahr in Australien
simpel, und „starter“ war natürlich der Anlasser! Der Van röchelte etwas, dann klang der Motor wie immer. „Am besten ein bisschen laufen lassen, oder du fährst eine Weile. Bis er durchgetrocknet ist.“ Ah, durchgetrocknet. Fürs Kino war es jetzt ohnehin zu spät, also zockelte ich zum Ben Buckler Parkplatz auf den Felsen am Nordende von Bondi. Von dort hatte man den besten Blick über Bucht und Wetter. Selbst im Dunkeln konnte ich sehen, wie wütende Weißwasserberge Richtung Strand donnerten. Das könnte gute Wellen produzieren. Falls die Dramatik am Himmel bei Gelegenheit nachlassen und der Wind sich beruhigen würde. Der Express und ich kurvten weiter. Eine Garage, so richtig adrett mit Dach und Wänden undfernzubedienendem Tor, hätte ihm wahrscheinlich gut gefallen. Und trocken gehalten. Aber man konnte nun mal nicht alles haben.
Am dritten Regentag hatte Sydney die Nase voll. Jetzt könne bald mal wieder die Sonne scheinen, fand Jennifer, dieses Wetter sei ja nicht mehr auszuhalten. Man könne sich ja kaum vor die Tür wagen, klagte sie, und ihr Schirm sei auch hinüber. Im Laden an der Ecke und in den Cafés sahen die Leute das ähnlich. Der Regen war prima und nötig gewesen, aber nun sei es auch mal gut. Vor allem, so die Meinung der Experten, weil die ländlichen Regionen im Hinterland ohnehin nichts von dem kostbaren Nass abbekamen, ebenso wenig wie die Regen-Auffangbecken im Westen. Es schüttete einzig und allein in einem langen Band entlang der Küste, und jetzt könne Schluss sein. Ich sagte nichts, aber insgeheim dachte ich, die müssten alle mal eine Kostprobe der deutschen Variante „Dauerregen“ erleben. Drei Tage, pah! Ein anständiger westfälischer Landregen konnte gut und gerne drei Wochen dauern. Zum Glück allerdings ging Regen auf Australisch anders. An Tag vier bliesen noch ein paar plusterige, graue Wölkchen über den Horizont. Das aufgewühlte Meer begann sich zu beruhigen und wechselte seine Farbe von Schmutzig-Grau allmählich wieder in Richtung Blau. Der Wind ließ nach, und ein paar Stunden später war alles wie gehabt. Eitel Sonnenschein.
September
Die Möglichkeiten , Australier zu werden, also ein ordentlicher Bürger des Landes mit einem Känguru-Emu-Wappen auf dem Pass, oder zumindest ein Bewohner auf Zeit mit legalen Papieren, waren vielgestaltig. Oder sehr begrenzt. Das kam darauf an, wie alt, reich, ausgebildet man war, wen man so kannte und welchen Weg man zur Einreise ins Land gewählt hatte. Es half, unter 30 zu sein und nebenbei Krankenschwester, Klempner, Friseurin oder Gehirnchirurg – alles „Mangelberufe“, für die es auf der Checkliste für „fachlich qualifizierte Einwanderer“ viele Punkte gab. Die übrigen fürs begehrte Visum nötigen Haken auf der Liste brachten Dinge wie Jugend, Studien, Arbeitserfahrung und derlei mehr. Gut war auch, wenn man die Adresse von – wie hieß er noch gleich, der Sohn von Tante Irma, genau – Cousin Konrad auftrieb, der doch damals – wann war das noch? – nach Australien ausgewandert war. Eine andere Variante war, einen größeren Stapel 100 000-Dollar-Scheine zu besitzen. Wer damit in einer vielleicht gar strukturschwachen Region eine der Nation Gewinn bringende Firma gründete, hatte ebenfalls gute Chancen, als „resident“ willkommen geheißen zu werden. Oder man fand einen bereits existierenden Betrieb, der von den Qualitäten des bleibewilligen Ausländers derart begeistert war, dass er ihn sponserte, einstellte und damit legalisierte. Eine für deutsche Journalisten eher unwahrscheinliche Option. Und natürlich gab es die australische Variante von Amerikas „Green Card“: die Heirat des Einheimischen.Akzeptiert wurde auch eine „authentische Lebensgemeinschaft“, etwa mit einem Israeli, der einen australischen Pass besaß. Die letzten beiden Optionen mussten hieb- und stichfest bewiesen werden. Nicht zuletzt mit einem Berg von Belegen, die zeigten, dass man sie ernst und endgültig meinte, also die Ehe oder Beziehung, und dass man ständig gemeinsam Kühlschränke und Bettüberwürfe kaufte und dies mindestens drei Jahre lang. Rafael fand, Gefühle und Papiere sollte man trennen, und ich beschloss, vorerst mein Business Visum zu verlängern. So musste ich zwar eventuell alle drei Monate für einen neuen Stempel im Pass das Land verlassen. Aber Neuseeland war schließlich immer eine Reise wert. Und Bali sollte auch schön sein und war ja sozusagen gleich um die Ecke.
Die Behörde, die sich in
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