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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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nicht würdig von
     dem Beruf des Weibes zur Herrschaft.«
    »Ich weiß es«, sprach sie stolz und zornig.
    »Aber nicht weißt du, daß alle diese Parteien sich geeinigt haben. Geeinigt gegen dich und dein römerfreundlich Regiment.
     Dich wollen sie stürzen oder zu ihrem Willen zwingen. Cassiodor und ich, wir sollen von deiner Seite fort. Unser Senat, unsre
     Rechte sollen fallen, das Königtum ein Schatten werden. Krieg mit dem Kaiser soll entbrennen. Und Gewalt, Erpressung, Raub
     über uns Römer hereinbrechen.«
    »Du malst eitle Schreckbilder!«
    »War ein eitles Schreckbild, was gestern geschah? Wenn nicht der Arm des Himmels eingriff, warst nicht du selbst – wie ich
     – der Macht beraubt? Warst du denn noch Herrin in deinem Reich, in deinem Hause? Sind sie nicht schon so mächtig, daß der
     heidnische Hildebrand, der bäuerische Witichis, der finstre Teja in deines betörten Sohnes Namen offen deinemWillen trotzen? Haben sie nicht jene rebellischen drei Herzöge zurückberufen? Und deine widerspenstige Tochter und   –«
    »Wahr, zu wahr!« seufzte die Königin.
    »Wenn diese Männer herrschen – dann lebt wohl, Wissenschaft und Kunst und edle Bildung! Leb wohl, Italia, Mutter der Menschlichkeit!
     Dann lodert in Flammen auf, ihr weisen Pergamente, brecht in Trümmer, schöne Statuen. Gewalt und Blut wird diese Fluren erfüllen,
     und späte Enkel werden bezeugen: solches geschah unter Amalaswintha, der Tochter Theoderichs.«
    »Nie, niemals soll das geschehen! Aber   –«
    »Du willst Beweise? Ich fürchte, nur zu bald wirst du sie haben. Du siehst jedoch schon jetzt, auf die Goten kannst du dich
     nicht stützen, wenn du jene Greuel verhindern willst. Gegen sie schützen nur wir dich, wir, denen du ohnehin angehörst nach
     Geist und Bildung, wir Römer. Dann, wenn jene Barbaren lärmend deinen Thron umdrängen, dann laß mich jene Männer um dich scharen,
     welche sich einst gegen dich verschworen, die Patrioten Roms, sie schützen dich und sich selbst zugleich.«
    »Cethegus«, sprach die bedrängte Frau, »du beherrschest die Menschen leicht! Wer, sage mir, wer bürgt mir für die Patrioten,
     für deine Treue?«
    »Dies Blatt, Königin, und dieses! Jenes enthält eine genaue Liste der römischen Verschwornen – du siehst, es sind viele hundert
     Namen: dies die Glieder des gotischen Bundes, die ich freilich nur erraten konnte. Aber ich rate gut. Mit diesen beiden Blättern
     geb’ ich die beiden Parteien, geb’ ich mich selbst ganz in deine Hand. Du kannst mich jeden Augenblick bei den Meinen selbst
     als Verräter entlarven, der vor allem
deine
Gunst gesucht, kannst mich preisgeben dem Haß der Goten – ich habe jetzt keinen Anhang mehr, sobald du willst: ich stehe allein,
     allein auf dem Boden deiner Gunst.«
    Die Königin hatte die Rollen mit leuchtenden Augen durchflogen.
    »Cethegus«, rief sie jetzt, »ich will deiner Treue gedenken und dieser Stunde!« Und sie reichte ihm gerührt die Hand.
    Cethegus neigte leise das Haupt. »Noch Eins, o Königin. DiePatrioten, fortan deine Freunde wie die meinen, wissen das Schwert des Verderbens, des Hasses der Barbaren über ihren Häuptern
     hangen. Die Erschrocknen bedürfen der Aufrichtung. Laß sie mich deines hohen Schutzes versichern: stelle deinen Namen an die
     Spitze dieses Blattes, und laß mich ihnen dadurch ein sichtbar Zeichen deiner Gnade geben.«
    Sie nahm den goldnen Stift und die Wachstafel, die er ihr reichte. Einen Augenblick noch zögerte sie nachdenklich: dann aber
     schrieb sie rasch ihren Namen und gab ihm Griffel und Tafel zurück: »Hier, sie sollen mir treu bleiben, treu wie du.«
    Da trat Cassiodorius ein: »o Königin, die gotischen Großen harren dein. Sie begehren, dich zu sprechen.«
    »Ich komme! Sie sollen meinen Willen vernehmen«, sprach sie heftig: »du aber, Cassiodor, sei der erste Zeuge des Beschlusses,
     den diese ernste Stunde in mir gereift, den bald mein ganzes Reich vernehmen soll: hier der Präfect von Rom ist hinfort der
     erste meiner Diener, wie er der treuste ist: sein ist der Ehrenplatz in meinem Vertrauen und an meinem Thron.«
    Staunend führte Cassiodorius die Regentin die dunkeln Stufen hinan. Langsam folgte Cethegus: er hob die Wachstafel in die
     Höhe und sprach zu sich selbst:
    »Jetzt bist du mein, Tochter Theoderichs. Dein Name auf dieser Liste trennt dich auf immer von deinem Volk.« – –

Zweites Kapitel
    Als Cethegus aus dem unterirdischen Gewölbe wieder zu dem Erdgeschoß des

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