Ein Königreich für die Leidenschaft
der Filmregisseur in Los Angeles ist und jetzt die königliche Witwe heiraten soll?“ Das sagte er in einem derart verschwörerischen Tonfall, dass Lani unwillkürlich lachen musste. Obgleich ihr bei dem Gedanken an den Ball alles andere als wohl zumute war. „So oder so ähnlich“, fügte er lächelnd hinzu.
„Das glaube ich auch, vor allem weil du immer noch hier bist.“
„Wir könnten uns natürlich auch wütende Blicke zuwerfen, um die Sache etwas aufzumischen und die Leute im Ungewissen zu lassen.“
Nicht nur die Gäste würden nicht wissen, woran sie waren. Auch Lani selbst hatte keine Ahnung, wie ihre Zukunft aussah. Würde AJ sie heiraten? Würde er die Sache mit der Frühgeburt glauben und Vanus Kind als das eigene großziehen? Oder würde er nach Los Angeles zurückkehren und sie mit dem Kind allein zurücklassen?
Oder gab es noch eine, vielleicht sogar schlimmere Alternative, die sie sich gar nicht vorzustellen vermochte?
4. KAPITEL
Bei dem lebhaften Stimmengewirr, das herrschte, war die Musik des Streichquartetts kaum zu hören. Alle hatten Priias Einladung angenommen, und der große Ballsaal war gut gefüllt. AJ versuchte, den steifen Kragen der schwarzen Tunika zu lockern, die er zu einer passenden Hose trug. Dieses traditionelle Outfit der Männer von Rahiri hätte in den Straßen von Beverly Hills als hip gelten können, AJ hingegen empfand es nur als äußerst unbequem.
„Arun!“
Als ihn jemand mit seinem richtigen Namen ansprach, den sonst so gut wie keiner benutzte, drehte AJ sich erstaunt um. Ein weißhaariger Mann kam auf ihn zu. Es war ein alter und sehr guter Freund seines verstorbenen Vaters.
„Wie schön, dich wiederzusehen!“ Über das ganze Gesicht strahlend, schloss ihn der alte Herr in die Arme. „Wir alle freuen uns, auch wenn der Anlass ein trauriger ist.“
„Ich freue mich auch, mal wieder hier zu sein. Wie geht es Ihnen, Sir?“
„Sir?“ Der alte Mann schüttelte lächelnd den Kopf. „Das sagt unser neuer König doch nicht zu einem seiner Untertanen. Für dich bin ich Niuu.“
Unser neuer König . Am liebsten hätte AJ gleich gekontert und gesagt: „Ich bleibe aber nicht“, doch das hätte die festliche Stimmung verdorben. „Okay, Niuu. Aber ich warne dich, es ist schwer für mich, mich umzugewöhnen. Zumal ich mich sowieso wie damals als Kind fühle, umgeben von all den alten Freunden meiner Eltern.“
„Verglichen mit mir bist du auch noch sehr jung, Arun. Aber genau das braucht Rahiri. Einen jungen König, der uns in die Zukunft führt. Und du wirst doch sicher weiter Filme drehen, oder? Der Drachenjäger hat mir und meiner Frau besonders gut gefallen.“
„Tatsächlich? Ich bin erstaunt, dass die Leute hier sich meine Filme ansehen.“
„Aber selbstverständlich. Wir sind sehr stolz auf dich. Denn durch dich wird auch unsere Insel berühmt.“
AJ lächelte kurz. Daran hatte er nun wirklich nicht gedacht.
„Und bitte führe das fort, was dein Vater begonnen hat.“ Beschwörend griff Niuu nach AJs Arm. „Die Schulen brauchen unsere ganze Unterstützung. Und auch für die Krankenversorgung muss dringend etwas getan werden. Dein Vater hatte die besten Absichten, und es braucht viel Durchsetzungsvermögen, um seine Ziele zu erreichen. Ich weiß, du hast viel Kraft und Ausdauer. Anders als dein Bruder Vanu. Natürlich trauern wir um ihn, aber wir vertrauen dir und sehen zuversichtlich in die Zukunft.“
„Danke.“ Was sollte AJ nur darauf erwidern, das einerseits den alten Freund nicht enttäuschte, ihn, AJ, aber andererseits auch zu nichts verpflichtete?
„Ich weiß, dass du als der Sohn deines Vaters dazu erzogen wurdest, Verantwortung zu übernehmen und sich für die einzusetzen, die in Not sind.“ Niuu schlug AJ kräftig auf die Schulter. „Wir brauchen dich, Arun, und wir sind stolz, dass du unser neuer König sein wirst.“
Immer noch unfähig, etwas Sinnvolles hervorzubringen, warf AJ einen fast verzweifelten Blick über die Schulter des alten Mannes und erblickte Lani, die auf der anderen Seite des Raumes stand und blass und verloren aussah. „Bitte, entschuldige mich …“ Er nickte Niuu kurz zu und bahnte sich dann einen Weg durch die Menge, bis er vor Lani stand. „Hallo, Lani, alles in Ordnung?“
Sie zuckte zusammen und starrte ihn an. „Ja, natürlich …“
„Es sind einfach zu viele Menschen da, was? Und jeder will etwas von dir. Ich kann mir gut vorstellen, wie es dir geht.“ Aber was wollte Lani eigentlich?
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