Ein koestliches Spiel
war schon immer etwas merkwürdig.“
Es entstand eine kurze Stille, während alle Mädchen über ihre trübe Zukunft nachdachten.
„Muss Prudence eigentlich heiraten, ehe Charity in die Gesellschaft eingeführt werden darf?“, erkundigte sich Hope mit einem Mal.
Großonkel Oswald, am Ende seiner Geduld angekommen, ließ seine Zeitung sinken. „Ich habe doch schon gesagt ...“
„Ich meine, was wäre, wenn sie verlobt wäre?“, erläuterte Hope eilig. „Und was, wenn ihr Verlobter noch eine Weile warten will mit der Hochzeit? Wenn Prudence verlobt wäre, könnten wir anderen dann unser Debüt machen?“
Großonkel Oswald zuckte die Achseln. „Wenn Prudence verlobt wäre, sähe ich keinen Grund, warum nicht. Aber Prudence ist nicht verlobt, darum hör auf, mir so zuzusetzen, bis es so weit ist.“
Hope warf Prudence einen triumphierenden Blick zu. „Siehst du? Wir könnten in die Gesellschaft eingeführt werden! Sag’s ihm, Prudence“, verlangte sie.
Wenn Blicke töten könnten, Hopes Leben hätte ein abruptes Ende gefunden. Prudence sagte kein Wort. Wie konnte sie auch, wenn der Ruf ihres Verlobten, sein Lebensunterhalt und seine Zukunft von ihrem Schweigen abhingen? Und außerdem hatte sie versprochen, es vor allen außer ihren Schwestern geheim zu halten.
Großonkel Oswald runzelte die Stirn, als ihm ein Verdacht kam. „Etwas, das du mir sagen solltest, Mädchen?“
„Nein, Onkel, nichts.“ Prudence fädelte mit zitternden Händen scharlachrotes Seidengarn durch das Nadelöhr.
„Wenn du es nicht tust, dann werde ich es ihm erzählen“, erklärte Hope vehement. „Es ist nicht gerecht, dass wir alle in Gefahr geraten, nur weil Phil...“
„Sei ruhig, Hope!“ Prudence sprang auf. „Du hast kein recht..."
„Ruhe!“, rief Großonkel Oswald mit dröhnender Stimme. Er starrte seine Großnichten finster und mit verärgerter Miene an. „So also ist das, ja? Betrug und Lügen unter meinem Dach? Ihr beide - verlasst das Zimmer!“ Er deutete mit dem Finger auf Faith und Grace. „Und zwar sofort!“ Die beiden flohen.
Prudence versuchte, nachzudenken. In wenigen Augenblicken würden Hope oder Charity dazu gebracht worden sein, zuzugeben, dass Prudence eine geheime Verlobung eingegangen war. Dann würde Großonkel Oswald den Namen ihres Verlobten wissen wollen. Prudence war sich darüber im Klaren, welchen Schaden das anrichten konnte, und hatte geschworen, ihn nie ohne Phillips Einverständnis preiszugeben. Sie musste etwas unternehmen. Aber was?
„Nun, Mädchen?“ Großonkel Oswald schaute sie der Reihe nach eindringlich an. Sie schwiegen. Er wandte sich an Hope. „Komm, Miss Hope, heraus damit! Hat deine Schwester sich heimlich verlobt?“
Hope nickte und fing gleich darauf an, laut zu schluchzen. Charity tat es ihr nach.
„Möge der Herr mich erlösen! Müssen Frauen immer weinen?“, brummte ihr Großonkel. „Hört mit dem verflixten Geheule auf, ja?“ Er wartete, bis die meisten Tränen versiegt waren, dann sagte er zu Prudence: „Nun, mein Fräulein, ich glaube, du hast jetzt einiges zu erklären. Wer ist dieser Schuft, der dich mit Süßholzgeraspel dazu überredet hat, deinen gesetzlichen Vormund zu hintergehen?“
Prudence dachte fieberhaft nach. Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Sie hatte Phillip versprochen, ihn zu schützen. „Äh ... er ist ein vollkommen respektabler Ehrenmann, das verspreche ich.“
Großonkel Oswald rümpfte die Nase. „Vollkommen respektable Ehrenmänner gehen keine überstürzten Verlobungen hinter dem Rücken der Verwandten ein.“
„Oh, aber er ist ein zurückhaltender Gentleman, der bloß den Aufruhr und das Trara einer offiziellen Feier der Verlobung so gar nicht schätzt.“
Großonkel Oswald schnaubte abfällig. „Es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen einem verschwiegen abgehaltenen Arrangement und einer klammheimlichen Verlobung. Jetzt hör auf, um den heißen Brei herumzuschleichen, Mädchen. Nenn mir unverzüglich den Namen des Schuftes.“
Prudences Gedanken überschlugen sich. „Es ist... es ist...“ Sie konnte Phillip einfach nicht verraten. Das konnte sie nicht!
„Spuck es aus, Mädel.“
„Es ist ...“ Prudence kam ein Gedanke. Am Abend zuvor, bei einem kleinen Essen im Haus ihres Großonkels, hatte sie gehört, wie sich zwei Damen über einen Mann unterhalten hatten, der als Eigenbrötler bekannt und unverheiratet war und angeblich nie nach London kam. „Es ist der Duke of Dinstable.“
Eine kurze,
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