Ein koestliches Spiel
misstrauisch zusammengekniffenen Augen. „Wem hast du einen Besuch abgestattet, Edward?“, fragte er in völlig anderem Ton.
Edward wirkte ein wenig verlegen. „Ich muss mich beeilen, Gideon. Ich gehe gleich wieder aus.“
„Wem, Edward?“
Aber Edward hatte offenbar eine Fluse auf seinem Ärmel entdeckt und war ganz damit beschäftigt, sie zu entfernen. Als er aufblickte, war sein Gesicht leicht gerötet.
Gideons Stirn legte sich in finstere Falten, als ihm ein schlimmer Verdacht kam. „Du warst bei Miss Prudence Merridew, nicht wahr?“
Edward zog arrogant seine Augenbrauen hoch. „Wenn eine Dame in meinem Hause einen Schwächeanfall erleidet, ist es nur höflich, sich nach ihrem Befinden zu erkundigen.“
„Komm mir nicht mit deinen Penteith-Augenbrauen, Edward. Ich bin dagegen immun. Und was ihren Schwächeanfall angeht, so weißt du sehr gut, dass ihre Ohnmacht nicht echt war. Es ist völlig witzlos, mir mit so einem Unsinn zu kommen - du versuchst mich hinterrücks bei Miss Merridew auszustechen!“
Der Duke zuckte die Achseln und erwiderte ruhig: „Hinterrücks ausstechen? Wie vulgär. Wir aus dem Hause Penteith stechen niemanden aus, und schon gar nicht hinterrücks! Das haben wir auch nicht nötig. Die Carradices dagegen waren es doch, die sich als - wie war noch die beschönigende Umschreibung? - Raubritter hervorgetan haben.“
„Lenk jetzt nicht vom Thema ab.“
Der Duke lächelte. „Liebster Cousin, du hast selbst behauptet, kein Interesse an Miss Merridew zu haben, und natürlich habe ich dich als Gentleman beim Wort genommen. Aber jetzt muss ich los.“
„Du bist doch gerade erst wiedergekommen! “ Gideon verfolgte mit gerunzelter Stirn, wie sein Cousin sich sorgsam einen Biberhut auf die ordentlich mit Pomade frisierten Locken setzte. „Für einen berüchtigten Einsiedler bist du aber mit einem Mal sehr gesellig geworden. Wo gehst du denn jetzt hin? Willst du mitfahren im Landauer, dass ich dich irgendwo absetze?“
„Nein, nein, nimm du ihn nur. Ich gehe auf einen Spaziergang in den Hyde Park.“
„Einen Spaziergang? Du gehst doch nie spazieren!“ Gideon schaute auf die Standuhr in der Halle. „Und um diese Zeit wird der Hyde Park voll mit Menschen sein - die gesamte gute Gesellschaft wird dort sein. Du wirst es hassen, Edward.“
„Wirklich?“, bemerkte der Duke kühl. „Nun, wir werden sehen.“
Gideon zuckte die Achseln. „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“ Tatsächlich interessierte es ihn nicht sonderlich, wo sein Cousin hinging. Viel mehr beschäftigte ihn, wo er gewesen war und mit wem er gesprochen hatte. Und ob sie von seiner ... seiner Herzogswürde beeindruckt gewesen war, zur Hölle mit ihm!
Er konnte einfach nicht vergessen, dass es die Suche nach einem herzoglichen Verlobten gewesen war, die Prudence in seinen Orbit gebracht hatte.
Fünfzehn Minuten später fuhr der Kutscher des Dukes zum zweiten Mal an diesem Tag in Providence Court, Haus Nummer 21 vor. Gideon betrachtete seine Erscheinung ein letztes Mal, ob noch irgendwo etwas an ihm an eine Vogelscheuche erinnerte. Dann holte er tief Luft, umfasste kühn den Messingklopfer und betätigte ihn mehrmals.
Und wartete.
Er war absurd nervös. Es war albern für einen Mann seines Standes und seiner Erfahrung, so etwas wie Nervosität zu empfinden, sagte sich Gideon. Er hatte Hunderte von Morgenbesuchen gemacht. Nun gut, oder wenigstens Dutzende. Lebemänner machten gewöhnlich keine Morgenbesuche, so lautete die ungeschriebene Regel. Lebemänner schauten bei einem Freund vorbei, gingen in ihren Klub, besuchten ihre Mätressen, ließen sich kurz bei Jacksons sehen für ein kleines Intermezzo mit den Boxhandschuhen oder auch zwei. Höfliche Rituale wie Morgenbesuche überließen sie anderen. Und sie fanden es außerdem albern, einen Besuch, der am Nachmittag stattfand, einen Morgenbesuch zu nennen.
Sein Halstuch saß unerklärlich eng. Irgendein Idiot hatte seine Kragenspitzen so stark gestärkt, dass sie sich wie Messer anfühlten, die darauf warteten, ihn ins Kinn zu schneiden, sobald er auch nur den Kopf ein wenig senkte. Nicht, dass er vorhatte, den Kopf zu senken. Gideon widerstand dem Drang, mit einem Finger seinen Kragen entlangzufahren.
Er war schließlich ein erwachsener Mann, um Himmels willen! Tee trinken und an Keksen knabbern, darin konnte er es wohl mit jedem aufnehmen. Vielleicht boten sie ihm sogar ein Glas Wein an.
Großonkel Oswald verabscheut die Übel des
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