Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein koestliches Spiel

Titel: Ein koestliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
Vom Netzwerk:
Inzwischen war es dunkel geworden.
    „Miss Merridew und ich haben noch etwas in der Stadt zu erledigen“, verkündete Lord Carradice. „Wir werden den Phaeton nehmen und euch bald wieder eingeholt haben.“
    „Ich hoffe, da ist noch Platz für mich, Miss Prue“, rief jemand laut hinter ihnen. In der Eingangshalle stand Lily, ein Bündel an die Brust gepresst. „Ich möchte lieber, dass mir bei lebendigem Leib mit einem stumpfen Messer die Haut abgezogen wird, als zurückzubleiben und Lord Dereham entgegenzutreten.“
    „Keine Sorge, das würden wir dir nicht antun“, versicherte ihr Prudence. „Natürlich kommst du mit uns.“
    Lily schaute von der Kutsche mit dem Wappen auf dem Schlag zu dem schnittigen Phaeton und zögerte. „In welcher Kutsche fahren Sie, Miss?“
    „Lily“, sagte Lord Carradice leise, „es wäre am besten, wenn Sie in der Reisekutsche mit dem Duke fahren. Miss Prudence und ich nehmen den Phaeton.“
    Prudence öffnete den Mund, um zu erklären, dass sie Lily als Anstandsdame benötigte, aber er fing ihren Blick auf und deutete mit den Augen auf die abgenutzte Schachtel. Sie gab nach; er hatte schließlich recht. Sie wollte keine Zeugen, wenn sie den Schmuck ihrer Mutter verkaufte. Es war schlimm genug, dass er wusste, zu welch verzweifelten Schritten sie sich genötigt sah. Lily, obwohl sonst eine treue Seele, liebte es nun einmal, zu tratschen. Und außerdem, so sagte sie sich, wäre es nur etwa eine Stunde in einer offenen Kutsche und mit einem Pferdeknecht auf dem Rücksitz. Da war sicherlich keine Anstandsdame nötig.
    Lilys Miene verfinsterte sich. „Aber brauchen Sie und Miss Prudence mich nicht bei Ihnen, Mylord?“
    „Natürlich tun wir das, aber mein Cousin, der Duke, wäre für Ihre Unterstützung überaus dankbar. Ein Mann allein mit so vielen jungen Damen ... Er verlässt sich auf Sie, Lily.“ Er lächelte gewinnend.
    „Ja, nun, wenn der Duke mich benötigt“, erwiderte Lily wie jemand, der an die Hilfsbedürftigkeit von Dukes gewöhnt war. Sie reichte ihr Bündel einem Stallburschen und trat zur Kutsche. Die Brust schwoll ihr sichtlich vor Stolz, als ihr der Duke beim Einsteigen half.
    James, Prudences treuer Lakai, stand vor dem Haus und beobachtete die Vorgänge; er gab sich größte Mühe, gelassen zu erscheinen. Prudence sah die Sehnsucht in seinem Blick und erkannte, dass er zu stolz war, um zu fragen, ob er mitkommen dürfe. „James, uns würde es nicht im Traum einfallen, dich zurückzulassen“, erklärte sie leise. „Bitte, komm doch mit - natürlich nur, wenn du willst.“
    „Oh, danke, Miss. Selbstverständlich will ich!“ James verbeugte sich rasch und lief die Dienstbotentreppe empor, um seine Siebensachen zu holen.
    „Gibt es auch noch einen Kaminkehrer, den Sie gerne einladen möchten?“, murmelte Lord Carradice, und Prudence drehte sich um, den Mund schon geöffnet, um sich zu verteidigen.
    Aber sein Blick war warm und verständnisvoll, daher erklärte sie nur: „James war einer der wenigen Freunde, die wir hatten ..." Sie schaute ihn an. „Bis jetzt.“
    Da war wieder ein Kloß in ihrem Hals, der ihr das Sprechen erschwerte. Zu Hause in Norfolk hatten viele Leute gewusst, was vor sich ging, aber lieber nicht hingesehen und fünf junge Mädchen der Gnade eines strengen, wahnsinnigen Mannes überlassen. Sie räusperte sich und fuhr fort: „James hat schon viele Male seine Stellung riskiert, um uns zu beschützen - und besonders Grace. Wir können ihn unmöglich zurücklassen und Großvaters Zorn ausliefern.“
    „Nein, natürlich nicht“, sagte er leise. „Loyalität ist Ihr zweiter Name, nicht wahr, Miss Unbesonnen?“
    James kam die Stufen mit einem Bündel unter dem Arm herunter. Er warf es oben auf die Kutsche und setzte sich neben den Kutscher. Gut, dachte Prudence. Der Duke war ihr als Begleiter willkommen, aber er wirkte nicht sonderlich athletisch, und seine Hauptsorge galt sicher Charity. Wenn James mit ihnen fuhr, wäre da auch ein kräftiger Männerarm für Grace und die Zwillinge.
    Ihre Schwestern spähten aus der Kutsche und sahen schon viel weniger furchtsam und eingeschüchtert aus, jetzt, da die Aufregung der bevorstehenden Reise spürbar wurde.
    Großonkel Oswalds Butler verfolgte alles mit missbilligender Miene. Er zog Lord Carradice am Ärmel und sagte etwas mit leiser Stimme. Prudence hob fragend die Augenbrauen.
    Lord Carradice erklärte: „Niblett macht sich Sorgen, dass mein Cousin und ich Sie und Ihre Schwestern

Weitere Kostenlose Bücher