Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)
dass ich dir nie wehtun würde. Was hat Daryl Robins mit dir angestellt, dass du dich mir gegenüber so reserviert verhältst?«
»Gar nichts!«
»Los, raus mit der Sprache!«
»Er hat mir gezeigt, was für emotionslose, egoistische und eigennützige Typen ihr seid!«, brauste sie zornbebend auf.
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihm eben eine schallende Ohrfeige verpasst. Betretenes Schweigen schloss sich an.
Nachdem sie die Bombe hatte platzen lassen, atmete Shelley einmal tief durch und fuhr fort: »Sein Vater sah es gar nicht ein, warum er uns finanziell unterstützen sollte. Folglich musste ich die Uni verlassen und für unseren Unterhalt sorgen. Ich arbeitete in einem Großraumbüro mit zig anderen Frauen, denen es ähnlich ging wie mir. Ich fing als Aushilfe in der Registratur an und arbeitete mich bis zum Schreibpool hoch. Fünf Jahre lang hab ich jeden Tag acht nervenzermürbende Stunden auf der Schreibmaschine herumgehackt.
Nach Dienstschluss kümmerte ich mich um Einkauf und Hausarbeit, machte die Wäsche, zauberte eine warme Mahlzeit. Danach tippte ich Daryls Berichte ab. Sechs Jahre lang hab ich geschuftet und kein einziges Mal aufgemuckt. Du bist mit ihm verheiratet, hab ich mir zugeredet, also musst du ihn auch unterstützen. Keine Frage, dass ich irgendwann genervt war und alles restlos satt hatte, weil ich kein anderes Thema mehr draufhatte als unseren albernen Büroklatsch.
Daryl hatte es auch nicht einfach als Medizinstudent. Das muss ich ihm zugutehalten. Aber das Studium machte sich bezahlt. Er fand eine gut dotierte Anstellung als Krankenhausarzt.«
Sie stockte und holte tief Luft. »Eines Abends hatte ich Boeuf Stroganoff gemacht, sein Lieblingsgericht. Er kam nach Hause, setzte sich an den Esstisch und erklärte mir von jetzt auf gleich: ›Shelley, ich liebe dich nicht mehr. Ich möchte die Scheidung.‹ ›Und warum?‹, brüllte ich ihn an. ›Weil wir uns nichts mehr zu sagen haben. Weil ich mich weiterentwickelt habe und du nicht.‹
Verstehst du jetzt, warum ich so bin? Ich mag mich nicht noch einmal dazu breitschlagen lassen, die unbezahlte Hausangestellte und Bettgespielin für irgendeinen Mann abzugeben. Ich bin eine ungebundene, unabhängige junge Frau und lege keinen Wert auf Beziehungen oder irgendwelche Störungen in meinem Leben. Punkt, aus. Selbst wenn du nicht mein Dozent und die Situation zwischen uns eine andere wäre, möchte ich mein Leben nicht mehr umkrempeln.«
Resigniert sank sie in einen Sessel, lehnte den Kopf an das Rückenpolster und schloss die Augen. Ihr Ehedesaster hatte sie sogar ihren Eltern verschwiegen. Warum sie ausgerechnet Grant die unangenehmen Wahrheiten an den Kopf schleuderte, wusste sie nicht. Aber vielleicht kapierte er jetzt, wieso sie die Nase voll hatte von irgendwelchen Beziehungskisten.
Allerdings hatte sie ihre sexuelle Beziehung mit Daryl geflissentlich außen vor gelassen. Ihre Ehe hatte mit einer albtraumhaften Hochzeitsnacht begonnen – und auch in den folgenden fünf Jahren hatte es nicht
besser mit ihnen geklappt. Irgendwann gewöhnte sie sich an seine Sexakrobatik und dass er dabei schwitzte wie ein Tier. Durch eine Art Selbsthypnose hatte sie sich so weit gebracht, dass sie seinen Körper ertrug, während sie mit den Gedanken ganz woanders war. Er erregte sie kein bisschen. Sie hatte unter ihm gelegen wie eine Tote.
Zugegeben, sie war nicht fair mit Daryl gewesen. Sie hatte ihn aus einer völlig falschen Motivation heraus geheiratet. Seinerzeit war sie davon überzeugt gewesen, dass eine Frau ihre Erfüllung nur in der Ehe finden könnte. Frauen heirateten nun mal. Das war einfach Standard in der Gesellschaft. Diese konventionelle Auffassung hatte Shelley Browning zum damaligen Zeitpunkt auch vertreten, und ihr wäre nie in den Sinn gekommen, an ihrer Einstellung zu zweifeln.
Mag sein, dass sie Daryl glücklich gemacht hätte und umgekehrt, aber eine wesentliche Voraussetzung fehlte in ihrer Beziehung: Sie liebte ihn nicht, hatte ihn nie geliebt. Ihr Herz schlug weiterhin für einen anderen. Und weil sie diesen Traummann nicht hatte haben können, war ihre Wahl auf Daryl gefallen.
»Shelley.« Seine leise Stimme, die durch den Raum zu ihr drang, klang nach all den Jahren wie eine zärtliche Liebeserklärung. Aus reinem Selbstschutz kniff sie die Lider noch fester zusammen. »Das mit deiner unglücklichen Ehe tut mir wahnsinnig leid für dich. Und ich möchte kein Störfaktor in deinem Leben sein.«
Spontan hätte sie
Weitere Kostenlose Bücher