Ein Kuss für die Ewigkeit
Finn niemals begegnet, und ohne Finn hätte Wimarc sie und Keldra entführen können, um ihre Schwäger zu zwingen, sich seinem aufrührerischen Plan anzuschließen.
Ohne Finn wäre sie nicht in den Besitz von Dokumenten gelangt, die Wimarcs Absicht bewiesen, dass er den König stürzen wollte. Und sie könnte Finn auch nicht helfen, seinen Halbbruder zu befreien.
Wenn sie Finn nicht nach Castle de Werre begleitet hätte, dann wäre sie jetzt noch immer eine Jungfrau und würde sich fragen, wie es wohl wäre, von einem wundervollen Mann geliebt zu werden. Nun wusste sie es, und sie bereute einzig die Tatsache, dass ihnen beiden kein gemeinsames Leben beschieden war. Außer natürlich, sie kehrte nicht nach Averette zurück, nachdem sie dem König die Beweise übergeben hatte, sondern vereinbarte mit Finn, sich mit ihm irgendwo zu treffen und bei ihm zu bleiben.
Falls er das wollte.
Aber falls ja, war sie dann tatsächlich bereit, auf ihre gesellschaftliche Stellung, ihr Zuhause und ihre Familie zu verzichten, um mit einem Gesetzlosen in Sünde zu leben?
Jedoch musste er nicht zwangsläufig ein Dieb bleiben, immerhin war er ein äußerst kluger Mann. Er konnte wie von ihr vorgeschlagen ein Handwerk lernen oder Kaufmann werden. Die Idee hatte ihm gefallen, das war ihm deutlich anzusehen gewesen. Und wenn er von Ryder sprach, wurde auch deutlich, dass er dessen Leben als Gesetzloser keineswegs guthieß.
Wenn sie auf ihr Herz hörte, lag die Antwort klar und deutlich vor ihr.
„Ganz allein hier, Mylady?“
Sie schreckte hoch, als sie Wimarcs Stimme vernahm, und als sie aufblickte, entdeckte sie ihn nur einen Schritt weit von ihr entfernt.
Ein ungutes Gefühl sagte ihr, dass er sie schon längere Zeit beobachtet hatte.
„Ihr wirkt aufgewühlt“, stellte er mit scheinbarer Sorge fest und setzte sich unaufgefordert zu ihr. „Ich hoffe, ich trage nicht die Verantwortung für Eure Verfassung.“ Er redete in einem leisen, flüsternden Tonfall weiter, der in ihren Ohren wie das Zischen einer Schlange klang. „Vielleicht wäre es Euch lieber gewesen, wenn ich Euch nicht die Badewanne in Euer Gemach hätte bringen lassen.“
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, mehr nicht, denn die Lust in seinen Augen war so abstoßend, dass sie ihn gar nicht länger hätte anschauen können. „Mein Gatte war sehr dankbar.“
„Aber Ihr nicht?“, hakte er nach.
Sie erwiderte nichts.
„Ich fand, ich sollte ihn bei guter Laune halten. Männer sind dann nicht so misstrauisch, auch wenn mich der Gedanke stört, dass Ihr mit ihm zusammen wart, vor allem jetzt, da meine Frau mich verlassen hat.“ Während er sprach, ließ er seine Hand auf Lizettes Knie gleiten.
Es kostete sie große Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, wie widerwärtig diese Berührung für sie war. „Ich glaube nicht, dass er etwas ahnt, Mylord.“
„Dass so förmliche Worte über Eure lieblichen Lippen kommen, ist bestürzend“, raunte er ihr zu und beugte sich zu ihr herüber. Das erinnerte sie daran, dass diese Bank durch die umstehenden Rankgitter so gut wie uneinsehbar war.
Sie hatte zwar nicht vergessen, welche Rolle sie spielen musste, aber beim Gedanken an den Inhalt jener Pergamente, die in ihrem Ärmel steckten, ertrug sie es nicht, sich von Wimarc küssen zu lassen. Sie hob ihre Hand und gebot ihm Einhalt. „Wir sind hier zwar geschützt, aber dies hier ist trotz allem ein öffentlicher Ort. Nachdem Ihr Euch schon solche Mühe gemacht habt, meinen Gatten bei Laune zu halten, wäre es doch ärgerlich, wenn er jetzt herausfinden würde, was wir für einander empfinden.“
Wimarc zog zwar seine Hand weg, aber seine Miene verfinsterte sich. „Ich sagte Euch schon einmal, Mylady, dass ich für Spiele nichts übrig habe. Wenn Ihr nicht länger gewillt seid, sagt es mir und die Sache ist erledigt.“
Und was dann? Würde er sie zwingen, noch am selben Tag abzureisen?
Sie berührte mit einer Hand seine Brust und legte so viel Inbrunst in ihre Worte, wie sie entgegen ihrer wahren Gefühle aufbringen konnte. „Ich möchte mit Euch zusammen sein, Mylord. Ich möchte Eure Küsse und Eure Liebe genießen. Doch ich habe auch Angst vor meinem Ehemann. Ich habe keine Ahnung, was er tut, wenn er herauskriegt, dass ich einem anderen Mann den Vorzug gebe. Greseld oder irgendein anderer Diener könnte in den Garten kommen und uns entdecken.“
„Greseld ist meiner Meinung, dass Ihr eine bessere Ehefrau für mich wärt als Roslynn.“
„Ehefrau?“,
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