Ein Kuss für die Ewigkeit
Alles in ihr drängte sie danach, den Iren zu bitten, dass sie eine Pause machten und etwas von dem Proviant aßen, den er in seiner Tasche mit sich führte. Doch ihr Stolz war stärker als die Erschöpfung und der Hunger, und so ging sie stattdessen noch etwas zügiger, um zu dem Iren aufzuschließen, bis sie nahe genug war, um sich mit ihm zu unterhalten.
Da sie ihn nicht verärgern wollte, begann sie mit etwas Belanglosem. „Ist Garreth Euer Sohn?“
Der Ire blieb abrupt stehen. „Himmel, nein.“
Er setzte den Weg fort und drückte einen tief hängenden Ast zur Seite, dann warf er ihr einen bedrückten Blick zu. „So alt bin ich noch nicht.“
„Ich dachte das nur, weil er Euch so offensichtlich bewundert“, antwortete sie und fürchtete, sie könnte ihn beleidigt haben, obwohl sie ihn mit ein wenig Schmeichelei nur zum Reden hatte bringen wollen.
„Wenn er mich bewundert, dann nur, weil ich ihn anständig behandele. Garreth kam in der Gosse zur Welt, Mylady, so wie ich auch. Menschen wie wir erleben es selten, dass man uns mit Respekt begegnet.“
Sollte dieser Ire, der sich als Adliger ausgab, tatsächlich von so einfacher Herkunft sein? „Seid Ihr wirklich unter solchen Bedingungen aufgewachsen? Ihr hört Euch genauso an wie ein Höfling.“
„Das liegt daran, dass ich mir die Mühe gemacht habe, das zu erlernen.“
„Aber warum?“, platzte sie vor Neugier heraus.
„Natürlich, um mir das Leben als Dieb zu erleichtern. Wenn man wie ein Adliger reden kann, findet man ohne Schwierigkeiten überall Einlass.“
Sie wurde sich ihrer Hoffnung bewusst, er sei in Wahrheit gar kein Gesetzloser, doch die hatte sich nun zerschlagen.
Er lachte voller Selbstspott auf. „Habe ich Euch jetzt Euren kleinen Wunschtraum zunichtegemacht? Habt Ihr Euch eingeredet, ich sei ein guter, anständiger Kerl, der nur vorübergehend eine schwierige Zeit durchlebt? Falls ja, dann irrt Ihr Euch. Ich war immer ein Dieb, schon seit ich ein kleiner Junge war. Hätte ich keine Diebstähle begangen, wäre ich entweder erfroren oder verhungert.“ Sein Gesichtsausdruck nahm einen verächtlichen Zug an. „Ich kann natürlich nicht erwarten, dass Ihr wisst, was es heißt zu leiden.“
„Vielleicht nicht so, wie Ihr meint“, entgegnete sie, während ihr Temperament in Wallung geriet. „Aber es war auch nicht leicht, bei einem Vater groß zu werden, der zu viel trank, der mich verfluchte, weil ich kein Junge war, und der manchmal seine Fäuste einsetzte, wenn er wütend war – was ziemlich oft vorkam.“
Der Ire sah sie erschrocken an. „Gegen Euch?“
„Nein, nicht gegen mich. Gegen meine Mutter und hin und wieder auch gegen Adelaide, wenn sie versuchte, uns zu beschützen. Aber wir wussten nie mit Gewissheit, ob er uns nicht auch schlagen würde. Gillian und mich, meine ich. Wenn mein Vater zu Hause war, lebte ich immer in Angst. Ich muss gestehen, ich war erleichtert, als er letztes Jahr starb, auch wenn das bedeutet, dass nun der König das Recht hat, über mein Schicksal zu bestimmen. Aber wenigstens wohnt John nicht in Averette.“
„Und ich war froh, als meine Mutter starb“, vertraute Finn ihr leise an. „In ihren letzten Jahren machte sie mir das Leben zur Hölle.“
Von dieser Enthüllung überrascht, war Lizette einen Moment lang nicht so aufmerksam, wie sie es hätte sein sollen, sodass sie auf den schmutzigen Saum ihres Kleides trat und stolperte. Sofort griff Finn nach ihr, um ihr Halt zu geben. Erschrocken bemühte sie sich, seine Berührung zu ignorieren, dabei entging ihr aber nicht, dass er seine Hand in dem Augenblick zurückzog, da sie wieder sicher auf den Beinen stand.
„Ich habe nichts anderes beabsichtigt, als Euch davor zu bewahren, dass Ihr mit dem Gesicht voran auf dem Boden landet“, erklärte der Ire kühl. „Daher hoffe ich, Ihr spielt nicht mit dem Gedanken, mich zu töten, nur weil ich es gewagt habe, Euch anzufassen.“
Versuchte er, einen Scherz zu machen? „Nein, sicher nicht“, erwiderte sie knapp. „Garreth nannte Euch gestern Finn. Ist das Euer wahrer Name?“
Die Miene des Mannes wurde ernster, während er über einen großen Stein stieg, den Lizette umrunden musste. „Ja. Das ist die Kurzform von Fingal.“
„Dann seid Ihr also tatsächlich aus Irland?“
„Meine Mutter stammte von dort.“
Die Mutter, die ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte. „Brachte sie Euch bei, wie ein Höfling zu reden?“
„Bei Gott, nein. Und das ist jetzt alles, was Ihr über
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