Ein Kuss und Schluss
Hoffnungslosigkeit verurteilt, für ein Verbrechen, das sie nicht begangen hatte.
Jetzt war es offiziell. Ihr Leben war vorbei.
Zwanzig Minuten später hielt John vor der Hütte und wurde von einem heftigen Deja-vu-Gefühl heimgesucht, das wie eine Flutwelle über ihn hinwegschwappte. Es war erst wenige Stunden her, dass er an derselben Stelle gehalten hatte und ganz auf eine Nacht voller wildem Sex mit einer schönen Frau programmiert gewesen war. Jetzt war er dabei, genau diese schöne Frau ins Gefängnis zu bringen.
Mein Gott, was für eine Nacht!
Andererseits ... je mehr er darüber nachdachte, desto zuversichtlicher war er, dass diese Ereignisse ein gutes Ende nehmen würden. Jetzt hatte er einen triftigen Grund, nach Tolosa zurückzukehren. Er konnte zu Daniels sagen, dass er seinen Urlaub abbrechen musste, um eine flüchtige Verbrecherin abzuliefern. Das konnte sein Chef ihm auf gar keinen Fall zum Vorwurf machen.
Zum Glück war Renee so vernünftig, den Mund zu halten, während sie zur Hütte unterwegs waren. Wenn sie ihn aufgemacht und weitergequatscht hätte, wie Leid es ihr tat und wie unschuldig sie doch war und den ganzen sonstigen Blödsinn, hätte er sie wahrscheinlich geknebelt, auf das Wagendach geworfen und am Gepäckträger festgebunden.
Aber sie hatte kein Wort gesagt, sondern die ganze Zeit auf ihre gefesselten Hände gestarrt und mit einem Fingernagel über eine Naht ihrer Jeans gestrichen, vor und zurück. Und das machte sie auch jetzt, während sie die blauen Augen niedergeschlagen hatte und ihr eine lose blonde Strähne über die Wange hing. Sie sah so verdammt unschuldig aus! Wenn er es nicht besser wüsste, könnte er auf die Idee kommen ...
John stellte den Motor ab und kam sich wie der größte Trottel vor, der je über diesen Planeten spaziert war. Sie hatte ihn die ganze Zeit wie eine geschickte Puppenspielerin manipuliert, und jetzt fing sie schon wieder damit an, indem sie einfach nur dasaß und gar nichts tat.
Er riss die Schlüssel aus der Zündung, stieg aus, öffnete die Tür auf Renees Seite und zog sie am Arm aus dem Auto. Der Strahler neben der Tür zur Hütte war hell genug, um ihr Gesicht sanft zu beleuchten, und als sie aufblickte und in seine Augen sah, kam er sich plötzlich vor, als misshandelte er ein verirrtes Kätzchen.
Nein. Sie ist nicht unschuldig. An dieser Frau ist überhaupt nichts Unschuldiges.
Er schloss den Wagen ab und führte sie über den gewundenen Waldpfad zur Hütte. Renee stieß einen schweren Seufzer aus, worauf er sich vorkam, als hätte er soeben einem niedlichen Kätzchen einen Fußtritt verpasst. Verdammt! Diese Frau trieb ihn in den Wahnsinn. Je schneller er nach Tolosa zurückkehrte, sie einlieferte und vergaß, dass er jemals mit ihr zu tun gehabt hatte, desto glücklicher würde er sein weiteres Leben verbringen können.
Unvermittelt hob Renee den Kopf. »Was war das?«
»Was war was?«
Sie blieb stehen und lauschte. »Das Geräusch.«
»Fang nicht schon wieder an, Renee!«
»Ich meine es ernst!«, flüsterte sie und drängte sich schutzsuchend gegen John, während sie in den dunklen Wald starrte. »Da ist jemand!«
John horchte, aber an seinem skeptischen Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er überzeugt war, alles sei nur eine weitere Lüge. Renee war jedoch fest davon überzeugt, das Knirschen trockener Kiefernnadeln gehört zu haben, als jemand zwischen den Bäumen herumschliche.
John schüttelte den Kopf und wollte gerade weitergehen, als sich das Geräusch wiederholte, nur diesmal wesentlich deutlicher. Sein Kopf fuhr herum, sein Blick suchte den Wald ab, und jetzt wusste sie, dass er es ebenfalls gehört hatte. Langsam zog er seine Pistole.
»Wer könnte das sein?«, flüsterte sie.
»Keine Ahnung«, antwortete John genauso leise. »Eigentlich sollte sich im Umkreis von zehn Kilometern keine Menschenseele aufhalten.«
Renees Herz schlug so heftig, dass es sich anfühlte, als wollte es aus ihrer Brust springen. Sie war überzeugt, dass jemand - oder etwas - sich durch den Wald bewegte. Leider hatten sich inzwischen Wolken vor die blasse Scheibe des Mondes geschoben, so dass nur schwer zu erkennen war, ob ihnen ein mit Zähnen bewaffnetes Tier oder ein mit einer Axt bewaffneter Mensch auflauerte.
John hielt sie immer noch fest und führte sie durchs Geäst. Er stieg über einen Baumstamm hinweg, der halb von Kiefernnadeln begraben war, und wich einer Gruppe junger Baumschösslinge aus. Der klägliche Rest ihres
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