Ein Kuss unter dem Mistelzweig
erstreckten sich um sie herum, so weit das Auge blicken konnte. Die perfekte Weihnachtsszenerie.
»So, dort wollen wir hin«, erklärte Patrick und deutete auf die Ruine einer Windmühle auf einem weit entfernten Hügel. »Von dort oben kannst du mein Heimatdorf sehen.« Laurie musterte die ausgedehnten Felder, durch die sich ein Flüsschen schlängelte, das sich zwischen ihnen und den Ruinen dieser Windmühle befand – ihrem Ziel.
»Dort drüben?«, fragte Laurie und kniff die Augen zusammen. »Das sieht aus, als wäre es hundert Meilen entfernt.« Sie griff in ihre Tasche, kramte ihre Gucci-Sonnenbrille hervor und setzte sie auf, um sich vor dem grellen Schein der Wintersonne auf den Überresten des Schnees zu schützen. Patrick warf ihr einen herausfordernden Blick zu. »Okay, ich vertraue dir«, lächelte sie und hob resignierend die Hände. »Wenn du meinst, dass es toll wird, dann will ich dir mal glauben.«
Und es war tatsächlich toll, zumindest zu Beginn. Arm in Arm spazierten sie gemächlich über die Felder, die Luft eiskalt, aber doch sehr erfrischend, und unterhielten sich ungezwungen, während Gadget neben ihnen herlief. Als sie jedoch über den Zaun zum nächsten Feld kletterten, entdeckte Gadget ein umherstreunendes Schaf und raste los. Um es einzuschüchtern, bellte er so laut er konnte. Als Patrick hinter ihm herrannte, ging Laurie weiter, blieb allerdings mit einem Gummistiefel in einem eisig kalten, schlammigen Bachlauf stecken. Sie konnte zwar ihren Fuß aus dem Stiefel ziehen, nicht jedoch den Stiefel aus dem Bach, weshalb sie wie festgenagelt stehen bleiben musste. »Hilfe!«, schrie sie.
Patrick leinte Gadget an, kam zu Laurie zurück und half ihr, das Gleichgewicht zu halten, während er ihren festgeklemmten Stiefel aus dem Bach befreite. »Das sind die Risiken des Landlebens«, erklärte er und zog ihr den Gummistiefel wieder an. »Aber lass dich davon nicht abschrecken!«
Das nächste Feld fiel steil ab und führte sie in ein Tal hinunter. Ein teilweise zugefrorener Fluss, gesäumt von Bäumen, befand sich am Fuße des Hügels. Auf dem Weg dorthin entdeckten sie ein Rotkehlchen, das auf einem Zaunpfahl hockte und wegflog, als Gadget darauf zugesprungen kam.
Patrick nahm Laurie wieder an die Hand.
»Wettlauf bis zum Fluss?«, forderte er sie heraus.
Bevor Laurie jedoch protestieren konnte, war Patrick schon losgelaufen. Sie rannte ihm hinterher, knirschte über das schneebedeckte Gras und wurde immer schneller, je steiler der Hang wurde, bis sie wenige Meter vor dem Fluss Patrick überholte, die Hände hochriss und ein lautes Jubelgeschrei ausstieß. Ohne vorher abbremsen zu können, lief sie auf einen Baumstamm am Flussufer auf, bevor sie sich atemlos vorbeugte und in Gelächter ausbrach.
Patrick schloss zu ihr auf. »Hey«, rief er keuchend, während sie schon langsam wieder zu Atem kam. »Du bist ziemlich schnell.«
»Bin’s gewohnt, vor Jungs davonzulaufen«, scherzte Laurie, mit dem Rücken an den Baum gelehnt, und strich sich das Haar zurück.
»Ach ja?«, fragte Patrick, kam auf sie zu und schob ihre Arme sanft an die raue Baumrinde. Dann presste er seinen Körper an ihren. »Ich würde ja gerne mal sehen, wie du versuchst, vor diesem Jungen hier wegzulaufen.«
Halbherzig unternahm Laurie einen Fluchtversuch, bei dem Gadget an ihrer Seite bellte. Als sie zu Patrick aufschaute, spürte sie plötzlich, wie nah auf einmal sein Gesicht, sein Mund, seine Lippen waren – nur wenige Zentimeter entfernt.
Er beugte sich zu ihr herunter, küsste sie und verweilte mit seinen Lippen auf ihrem Mund. Als Laurie mit ihren gespielten Fluchtbemühungen aufhörte und mit einer Hand durch sein Haar strich, um Patrick näher an sich zu ziehen, küsste sie ihn innig und wünschte sich, dass dieser Kuss nie mehr aufhören würde.
»Eines musst du mir aber doch noch erklären«, bat Patrick, als sie Hand in Hand einen matschigen Weg hinaufstiegen, der sich zur Windmühle hinaufschlängelte. »Wie kommt es, dass du noch keinerlei Pläne hast, obwohl Weihnachten vor der Tür steht?«
»Meine Mutter lebt in Spanien«, erwiderte sie.
»Hast du denn sonst keine Familienmitglieder? Was ist mit deinem Vater?«
Warum konnten sie nicht einfach weiterküssen, dachte Laurie. Waren denn all diese Fragen wirklich nötig?
»Das ist keine Alternative«, erklärte Laurie. Sie bückte sich, hob einen Stein vom Weg auf, drehte sich um und schleuderte ihn den Hügel hinunter in Richtung des
Weitere Kostenlose Bücher