Ein Kuss von dir
Leidenschaft war sie sogar willens gewesen, sich ihm hinzugeben, und er – Idiot, der er war – hatte es nicht ausgenutzt. Er wollte, dass sie wusste, was sie tat, wenn sie einander liebten. Er hatte sich an seinen Zeitplan gehalten. Er sagte sich, dass sie ihm für seine Zurückhaltung dankbar sein würde.
Aber der Zeitplan war bedeutungslos, verglichen mit seinem Begehren. Vielleicht hatte sie seine ehrenwerten Absichten nicht zu schätzen gewusst und seine Weigerung als Abfuhr aufgefasst. In den dreißig Stunden, die seither vergangen waren, hatte sein Körper ihm wegen dieser ehrenwerten Absichten die Hölle heiß gemacht. Er hatte Stunden damit zugebracht, halbwegs erregt zu sein und die restlichen Stunden damit, völlig erregt zu sein. Nichts hatte geholfen, nicht einmal das Gespräch über den Profit der letzten Schiffsladung, und der Tag, an dem eine Frau ihn von seinen Geschäften ablenkte, war in der Tat ein schwarzer Tag.
Aber sie war nicht irgendeine Frau. Sie war seine Duchess, sie hatte wie der Himmel geschmeckt und mit unverbildeter Inbrunst auf ihn reagiert. Wenn sie endlich wirklich unter ihm lag, würde er sie stundenlang, tagelang nicht aufstehen lassen.
Wenn sie endlich unter ihm lag. Sie mussten die Hochzeitszeremonie hinter sich bringen, dann das Mittagessen, dann das Abendessen, dann … Mein Gott, was hatte er sich nur dabei gedacht? Er überstand keine fünf Minuten, ohne sie nicht vor Leidenschaft der Ohnmacht nahe bringen zu wollen. Wie sollte er da Stunden überstehen?
Clark wippte auf den Absätzen, von Remingtons Schweigsamkeit und Madelines Unpünktlichkeit verunsichert. »Das Wetter hätte schlechter sein können. Es hätte immer noch stürmen können, und das, mein Freund, wäre ein Desaster gewesen.«
»Stimmt.«
Pfützen bedeckten die Straße. Wolken verbargen die Sonne. Der Wind fegte heulend durch die Straßen und um die Ecken – und von Remingtons Duchess nach wie vor keine Spur.
»Hat die halbe Nacht lang geregnet.« Clark sah zu den rasenden Wolken auf. »Ich dachte, es hört nie wieder auf. Ich dachte, wir würden einen Baldachin über Ihre Verlobte halten müssen, um sie überhaupt in die Kirche … Was ist das?«
Remington hörte es gleichfalls. Das Rumpeln einer Kutsche. Remingtons Wagen nahm die Kurve in würdigem Tempo und kam vor den Stufen der Kirche zum Stehen.
»Da sind sie«, sagte Clark von Herzen erfreut. »Ihre Duchess ist da und wird Sie doch noch heiraten. Sie Glückspilz, Sie haben eine solche Schönheit gar nicht verdient.«
»Doch, das habe ich.« Remington sah sie dem Lakaien die Hand geben und aus der Kutsche steigen – und in ihm löste sich eine tief sitzende Unruhe auf. »Das habe ich ganz bestimmt.«
Sie trug die Kleider, die er ihr gekauft hatte. Wenigstens hatte sie sich angezogen, wie er es verlangt hatte.
Das Kleid war aus weißem Samt und umfasste ihren schlanken Körper mit der Zärtlichkeit eines Geliebten. Der Spencer war aus madonnenblauer Seide und umschloss ihren Busen so perfekt, dass ihm vor Begierde der Mund trocken wurde. Sie trug weiße Lederstiefeletten und einen Hut, der ihr süßes Gesicht im gleichen Blau wie der Spencer rahmte. Natürlich bestand ihr Brautstrauß aus gelben Rosen. Er hatte weiße Rosen im Sinn gehabt, weil sie damit, seiner Ansicht nach, die perfekte Braut gewesen wäre. Aber sein perfektionistisches Idealbild war ins Wanken geraten und hatte sich verändert. Er konnte nichts anderes mehr sehen, nur noch seine Duchess. Und egal was seine Duchess wünschte, sie sollte es bekommen.
Sie sah wie ein Engel aus, und er allein wusste, wie irdisch sie war. Er allein wusste, wonach sie schmeckte, warm und fraulich. Er allein wusste, wie sie ohne Kleider aussah. Glatt und seidig, mit großen festen Brüsten und hellrosa Nippeln. Die Biegung ihrer Taille, der Schwung ihrer Hüften, die Senke zwischen ihren Oberschenkeln … Er hatte sich nichts mehr gewünscht, als sie in ihrem Brautkleid zu sehen.
Und jetzt konnte er es nicht erwarten, ihr das Kleid auszuziehen und das Unterkleid aus Spitze zu betrachten … Sie trug es doch, oder? Er hatte es extra für den Hochzeitstag ausgesucht. Sie hatte sich doch nicht etwa geweigert, oder?
Aber Lady Gertrude würde er deshalb wirklich nicht fragen. Madelines Tante würde die Unterwäsche ihrer Nichte nicht mit ihm diskutieren wollen. Aber er musste es wissen, und ein dünner Schweißfilm legte sich auf seine Stirn, als er darüber nachdachte, wie lange es noch dauern
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