Ein Kuss von dir
»Ich möchte darauf hinweisen, dass du mir keine Zeit gelassen hast, die Gästeliste herunterzubeten. Abgesehen davon, falls du Madeline geheiratet hättest, wäre Magnus wohl öfters hier. Er ist ihr Vater, solltest du wissen.«
»Das weiß ich. Ich weiß genau, wer er ist, und ich weiß genau, was er ist.«
Die meisten Männer mochten Magnus. Er war rau, aber herzlich, ein Trinker, ein Spieler, und er ging mit jeglichen Verfehlungen großmütig um – ein Männer-Mann in jeder Hinsicht. Aber obwohl Remington ihn am Kartentisch besiegt hatte, verabscheute er Magnus offensichtlich, und er benahm sich, als traue er ihm nicht.
Auch letzte Nacht hatte Remington etwas gesagt, das Eleanor verwirrt hatte, aber im Rausch der Leidenschaft hatte sie es verdrängt. Sie holte den Satz aus den Tiefen der Erinnerung. »Was hast du damit gemeint, du seiest schon einmal dem Tod durch die Hände meiner Familie entgangen?«
»Ah.« Remington verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln, das ihr wehtat. »Es ist dir schließlich doch noch aufgefallen.«
Sie fügte im Geiste Ungereimtheiten zusammen, kleine Bruchstücke, die darauf hindeuteten, dass Remington einen größeren Plan verfolgte, als er zugeben wollte. Sie hob den Kopf aus den Kissen und sah ihn an. »Hast du bei dem Kartenspiel, bei dem du Madeline gewonnen hast, falsch gespielt?«
»Nein«, sagte er kurz angebunden. »Ich betrüge nicht.«
Sie setzte sich auf und zog die Decke hoch. »Du musst im Gegenzug selbst jede Menge eingesetzt haben.«
Remington richtete sich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und fixierte sie. »Ich habe meine Handelsflotte gesetzt.«
»Die ganze?« Er war doch kein zwanghafter Spieler. Lady Gertrude hatte dieser Überzeugung Ausdruck gegeben, und auf dem Ball der Picards hatte ihn das Spielzimmer nicht im Geringsten interessiert. Sie fragte gemessenen Tonfalls: »Warum wolltest du die Duchess haben?«
Er betrachtete sie mit einem zynischen Ausdruck in den Augen. »Du weißt warum.«
»Geld. Welchen anderen Grund könnte es geben? Geld und Macht.« Eleanor konnte es nicht glauben.
»Macht, ja. Macht über die wichtigste de Lacy im Land. Macht über Leben und Tod. Die Macht, den Duke of Magnus nach meiner Pfeife tanzen zu lassen.«
Remingtons Vehemenz ließ sie zwinkern. Ihr Verstand raste, und sie sagte scharfsinnig: »Als ob irgendwer es darauf anlegen würde, den Duke of Magnus unter seine Kontrolle zu bekommen. Er ist wie eine defekte Pistole. Man kann nie sicher sein, ob er tut, was man erwartet. Er hat, zum Beispiel, seine Tochter an einen hergelaufenen Fremden verspielt. Handelt so ein liebender Vater? Trotzdem liebt er Madeline, glaube ich.«
»Ich war kein hergelaufener Fremder«, sagte Remington. »Ich habe unser Aufeinandertreffen sorgfältig eingefädelt.«
Das bestätigte ihren Verdacht, und sie wiederholte: »Wegen des Geldes und der Macht.«
Er wirkte bedrohlich, gar nicht wie der leidenschaftliche Liebhaber von letzter Nacht. »Warum interessiert dich das?«
Die lapidare Antwort tat weh, aber Eleanor hatte ihren Stolz. Wenn er gleichgültig sein konnte, dann konnte sie es auch – oder wenigstens so tun. »Es erscheint recht seltsam, dass ein Amerikaner, der es im eigenen Land zu Reichtum und Ansehen gebracht hat, nach England kommen sollte, weil er dezidiert eine Duchess heiraten und der feinen Gesellschaft angehören will.«
Er senkte die Lider, verbarg seinen Blick vor ihr. »Du bist heute Morgen sehr wissbegierig.«
Warum verbarg er seine Überlegungen?
Weil er etwas zu verbergen hatte.
Eleanor verspürte Ernüchterung. Sie hatte gedacht, gehofft, sich ausgemalt, dass die letzte Nacht zwischen ihnen Bande geknüpft hatte. Nicht der Liebe, zumindest auf seiner Seite nicht, aber der Lust. Jetzt hatte Remington ihr de facto eine Abfuhr erteilt, und ihr Bedauern darüber wich einer gewissen Feindseligkeit. »Wie du gesagt hast, wir sind rechtmäßig verheiratet und haben keine Möglichkeit, den Fesseln der Ehe zu entfliehen. Sollte ich da nicht wissen, was meinen Ehemann bewegt?«
»Du willst wissen, was die Eheschließung mit der künftigen Duchess of Magnus bezwecken sollte?« Er lächelte mit der eisigen Kälte des Nordwinds. »Ich wollte Rache nehmen.«
Was hatte er getan?
Schlimmer, was hatte sie getan? In welches Komplott hatte ihre alberne Liebe zu Remington sie verwickelt? »Du hast mich angelogen.«
»Was?« Es kratzte an der Tür. Er sah Eleanor verwirrt an und öffnete.
Lizzie sprang
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