Ein Land, das Himmel heißt
Beruhigungsmitteln. Sie hat fürchterliche Schmerzen in der Lunge. Jeder Atemzug muss ihr wahnsinnig wehtun.« Sie nahm ihren schwarzen Wagenradhut ab, warf ihn auf einen Sessel und fächelte sich mit den Händen Kühlung zu. »Meine Güte, ist das eine Bullenhitze.«
Jill, die an der Abrechnung gearbeitet hatte, aus der hervorging, wie viel Ben und seine Leute im vergangenen Monat mit ihrer Arbeit auf das Land abbezahlt hatten, das sie bestellten, schob die Papiere beiseite. Einen Moment unterhielten sie sich über die Farringtons. »Hat Angelica schon sagen können, was passiert ist? Kann sie sich erinnern?«
Irma öffnete den kleinen Kühlschrank, der in einem Schrank eingebaut war, nahm eine eisgekühlte Cola und trank einen tiefen Zug aus der Flasche. »Die Polizei durfte heute fünf Minuten mit ihr reden. Die, die sie überfallen haben, waren offenbar ausnahmslos Schwarze, aber sie hat niemanden erkannt, kann also nicht sagen, ob es dieser Kunene und seine Gang war.«
Jill überlegte, ob sie ihrer Tante von dem Stein erzählen sollte, der auf ihrer Veranda gelandet war, entschied sich dann aber dagegen. Es würde nichts bringen, außer dass Irmas Schlaf gestört würde. »Weißt du, was werden soll, wenn Angelica aus dem Krankenhaus kommt?«, fragte sie. »Die Kinder wird sie wohl erst mal nach Kapstadt zu ihren Eltern schicken. Vermutlich wird sie auch dorthin fahren, wenn es ihr besser geht. Aber dann?« Was hatte Angelica damals gesagt, als Popis Leute auftauchten und behaupteten, dass die Farrington-Farm ihren Vorfahren gehörte?
»Wir schicken die Kinder zu meinen Eltern nach Kapstadt, laden einen Koffer mit unseren Wertsachen in unser voll getanktes Geländefahrzeug, damit wir die Farm innerhalb von Minuten verlassen können. Und wenn nichts passiert, die Kerle abziehen, packen wir unsere Wertsachen wieder aus und leben weiter wie bisher.«
Sie wiederholte die Worte zu Irma. »Sie können die Farm unter diesen Umständen doch kaum noch verkaufen. Die Farm bedeutet ihr Leben und ihre Existenz. Alastair ist Farmer mit jeder Faser seines Körpers.« Sie redete von den Farringtons, aber dachte dabei an sich und Inqaba.
»Verkaufen? Wo sollen sie denn hin? Wie ich Alastair kenne, schaltet der jetzt erst recht auf stur. Seine Familie wird er nach Kapstadt schicken, aber er wird hier bleiben, jeden Abend mit seinem Gewehr auf dem Schoß warten, dass sie kommen. Und wenn sie kommen, wird er ihnen einen Sieg nicht leicht machen.«
Die beiden Frauen sahen sich an. Keine sprach aus, wie eine solche Begegnung aussehen würde. Zu häufig hatten sie darüber in der Zeitung gelesen. Die Stimmen, die plötzlich die Stille der Nacht zerrissen, das Krachen der eingeschlagenen Türen, das Jaulen der sterbenden Hunde, das Gebrüll, das immer näher kam, bis dann die letzte Tür zersplitterte. Jill wischte sich über die Augen, wollte das Bild auslöschen, das sie jetzt vor ihrem inneren Auge sah, konnte nur mühsam verhindern, dass Angst den Damm ihrer Selbstbeherrschung und Selbsttäuschung durchbrach.
»Man kann sich von solchen Gangstern doch nicht kleinkriegen lassen«, bemerkte Irma, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. Mit allen Fingern fuhr sie durch ihre weißen Haare, schaute Jill an, ihre Augen sehr blau gegen die sonnengebräunte Haut. »Uns kriegen sie hier nicht weg, Jilly, bestimmt nicht. Wir werden Vorkehrungen treffen. Komm, lass uns drüber reden.«
Jill folgte ihr auf die Terrasse, hörte ihr zu, weniger den Worten als ihrem Ton, registrierte ihre energischen Bewegungen, glaubte ihr aufs Wort, dass sie Popi und seine Leute mit furchtlos blitzenden Augen und dem Gewehr im Anschlag empfangen würde. Das Blut von Johann und Catherine floss in ihren Adern, bestes, widerstandsfähiges Pionierblut. Mein Blut, dachte sie, richtete sich innerlich auf. Das Gefühl, das diese Erkenntnis in ihr auslöste, war ein gutes.
»Jeder von uns sollte eine Waffe tragen«, sagte Irma, »zu jeder Zeit.« Sie öffnete ihre geräumige Handtasche und zog eine silberne Pistole hervor. »Hier, mein ständiger Begleiter.«
Jill schob die Hand ihrer Tante samt Pistole mit einem Griff zurück in die Tasche. »Steck sie weg, was sollen die Gäste denken?« Sie wies auf mehrere Gäste, die im Schatten der Sonnenschirme saßen und ihren Tag auf auseinander gefalteten Landkarten planten. »Auf Inqaba kann ich unmöglich mit einer Waffe herumlaufen«, protestierte sie leise, damit sie niemand hören konnte, »mir laufen doch die
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