Ein Land, das Himmel heißt
markierte, »und teuer war er auch nicht.« Dann drückte er einen Knopf. Der Film lief weiter.
Wie versteinert stand sie da. Die Worte machten keinen Sinn. Was hieß teuer in diesem Zusammenhang? Was sie sah, war eine Landbesetzung, das hatte sie erkannt, Bilder, wie sie neuerdings häufiger aus Simbabwe gesendet wurden. Aber wo fand sie statt? Welche Rolle spielte Popi? Ihr Herz raste.
Die Kamera schwenkte von den brüllenden Männern über üppiges Grün, Palmwipfel, dichten Busch, und da erkannte sie, wo der Film gedreht worden sein musste.
Im verwilderten Teil oberhalb des Flusses.
Auf Inqaba.
Auf ihrem Land.
Plötzlich bekamen Axels Worte einen Sinn, plötzlich wusste sie, was sie wirklich sah. Nils und Axel hatten den Rattenfänger bezahlt, eine Landbesetzung zu inszenieren, hatten ihn und seine Leute aufgestachelt, vor der Kamera herumzuspringen und »Bulala amaBhunu« zu brüllen. Und Popi hatte sich in Stimmung gebracht, Inqaba überfallen, hatte Irma fast getötet, ihr Haus abgebrannt, die Hunde bestialisch geschlachtet.
Nils.
Alles Gefühl rann aus ihr heraus. Sie verlor die Verbindung zu ihrem Körper. Der Abgrund, in den sie stürzte, schien bodenlos. Sie fiel und fiel und fiel. Der Tag erlosch, das Licht starb. Sie war allein in ewiger Dunkelheit und Kälte, ihr Äußeres gefror zu einem Eispanzer, der ihre Seele gefangen hielt.
Nils drehte sich um, sah sie, sprang auf, streckte ihr die Hand hin. »Liebling.«
Sie rührte sich nicht, blickte hinunter auf die Hand. Er hatte so schöne Hände, schlank, kräftig. Hatten diese Hände sie jemals liebkost? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. »Wage es nicht, mich anzufassen.« Ihre Stimme klirrte.
Nils musterte sie überrascht, erfasste ihren starren Blick, der wieder auf dem Bildschirm klebte, folgte ihm und lachte. »Ach, das siehst du falsch, das kann ich dir erklären.«
Mühsam löste sie ihre Augen von dem Monitor, sah ihn an. »Wie willst du erlären, dass du den Mann, der mich von meinem Land jagen will, der uns überfallen und Irma fast ermordet hat, dessen Mutter den Tod meiner Mutter auf dem Gewissen hat, dass du diesen Mann dafür bezahlt hast, dass er mein Land besetzt? Hast du ihm beim Aufbau der Hütten geholfen? Habt ihr vorher das Gebrüll geübt, die richtige Einstellung?« Nils Miene sagte ihr, dass sie mitten ins Schwarze getroffen hatte. »Vermutlich habt ihr den Kerlen auch die Schlüssel gegeben, damit sie die Tore aufschließen konnten?« Wie ein Stromschlag durchfuhr es sie. Natürlich, wer sonst!
Entrüstet brauste er auf, öffnete den Mund, wollte etwas sagen, aber sie hob die Hand. »Gib dir keine Mühe, ich will es nicht hören. Ich will, dass du deine Sachen packst und von Inqaba verschwindest und nie wiederkommst, und wenn ich diesen Film irgendwo sehe, werde ich dafür sorgen, dass du Schwierigkeiten bekommst, und zwar ernste. Das Gleiche gilt natürlich für Herrn Hopper.« Kalte, klare Worte wie zerspringendes Kristall, und wie Kristall zersprang auch ihr Herz.
Völlig aus der Fassung gebracht, machte er einen Schritt auf sie zu. »Du irrst dich, es war nicht Popi, der Inqaba überfallen hat, und das mit dem Film kann ich dir erklären. Jill, bitte, Liebling.«
»Du bist ein Schwein«, sagte sie ruhig, »in einer Stunde seid ihr hier raus. Jonas wird eure Rechnung fertig machen.« Ihre Worte fielen wie Steine in die Leere zwischen ihnen. Dann ging sie, schaffte es hinaus aus dem Haus, über den Hof in den Stall, bis sie Martini erreichte. Sie barg ihren Kopf an dem Pferdehals, hielt sich daran fest, als der Tränensturm über sie hinwegfegte. Dann sattelte sie den Hengst, führte ihn hinaus aus der Box und ritt ziellos in Richtung von Mamas Platz. Später erinnerte sie nichts mehr von diesem Ritt.
Gegen sieben kehrte sie zurück. Nils’ Leihwagen stand nicht mehr auf dem Hof. Schnell sattelte sie ab, rieb Martini trocken und ging ins Haus. »Sind die Reporter weg?«, fragte sie Jonas.
Er nickte, schob ihr ein Formular hin. »Sie haben mit Kreditkarte bezahlt und sind abgereist.« Er machte eine Pause, sah sie nicht an dabei. »Sie haben keine Nachricht hinterlassen.«
Das hatte sie erwartet. »Hast du eine Nachsendeadresse?« Sie vermied, darüber nachzudenken, warum sie das gefragt hatte.
Jonas blätterte seine Unterlagen durch. »Nein. Keine. Tut mir Leid.« Seine dunklen Augen zeigten ihr, dass er ahnte, was vorgefallen war.
»Gut«, sagte sie, ging geradewegs ins Esszimmer, schloss die Tür hinter
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