Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
an ihr vorbei zur Terrasse. »Hallo, Nelly, ich sterbe vor Hunger.« Sie lief ihr nach.
    »Bist du meinen Worten gefolgt?«, fragte diese, setzte das Tablett ab und begann den Tisch zu decken.
    »Nein«, sagte sie, »ich war dort. War kein Mensch da.« Sie lehnte im Türeingang, sah Nelly zu, wartete darauf, dass sie etwas sagte. Die Gestalt Popis hatte sie als Sinnestäuschung abgetan.
    Die alte Zulu fuhr herum und stieß einen Laut durch ihre Zahnlücke, als ahmte sie das kurze, drohende Zischen einer Schlange nach. Ihre Augen loderten auf, aber Jill verstand nicht.
    »Du musst mir sagen, was los ist«, verlangte sie. Doch vergebens. »Geht es um Lenas Kräutergarten, auf den kein Schatten fallen darf? Oder wollen deine Ahnen nicht, dass jemand das Gebiet betritt? Ist einer deiner Vorfahren dort begraben?«
    Nelly schien auf etwas zu kauen, ihre Lider flatterten, sie runzelte die Brauen, schüttelte den Kopf. Es war, als kämpfte sie gegen einen inneren Dämon. Aber sie sagte nichts, drehte ihr den Rücken zu.
    Ungeduldig zuckte Jill die Schultern. »Ich dusche jetzt, zieh mich um, dann möchte ich etwas essen«, sagte sie knapp.
    »Ich bring dich rüber.« Martin, der eben hereingekommen war, nahm eine Stabtaschenlampe von der Kommode im Eingang. »Die Steine sind warm und fast trocken, das Gras ist noch nass, wer weiß, was sich auf dem Weg alles zum Schlafen niederlässt.«
    »Du weißt, dass ich keine Angst vor Schlangen habe.«
    »Warum bist du nur immer so widerborstig? Ich will dich doch nur beschützen, erinnere dich doch nur an die Schlange vor einiger Zeit, auf die du fast getreten wärst.«
    Es war noch nicht lange her, als sie nachts den Weg hinuntergegangen war. Die Schlange hatte sich reglos auf ihre Tarnung verlassen, ihre matten Brauntöne verschmolzen wunderbar mit denen der Steine. Nur mit einem gewaltigen Sprung ins Gebüsch hatte sie vermieden, auf das Reptil zu treten. Die Dornen, die sich dabei tief in ihre Rückseite gebohrt hatten, eiterten noch nach Wochen heraus. Verstohlen rieb sie sich ihr Hinterteil. Es hatte allerdings ihren Stolz getroffen, als sie herausfand, dass es eine völlig harmlose Hausschlange gewesen war, die sie so ins Bockshorn gejagt hatte.
    »Okay, Siegfried, schwinge dein Schwert und töte die Drachen, die es auf mich abgesehen haben.« Kichernd schmiegte sie sich an seinen Rücken, und so marschierten sie im Gleichschritt zu ihrem Bungalow. Die Tür war nicht abgeschlossen, und Martin schaltete das Licht ein. Zwei Geckos flitzten aufgestört die Wand hoch zum Gardinenbrett, kicherten leise, eine Kakerlake raschelte über die Fliesen. Martin machte einen Satz und erwischte sie mit dem Schuh. Es knirschte. »Ben muss hier mal wieder sprühen, ich hasse diese Biester«, knurrte er angewidert und wischte das zerquetschte Insekt mit einem Papiertaschentuch weg. »Wie war dein Tag?«, fragte sie, während sie ihr Oberteil über den Kopf streifte. »Ist man mit deinen Plänen einverstanden?«
    »Nein, nein … das verzögert sich alles noch … die Leute treiben mich mit ständigen Änderungswünschen zum Wahnsinn. King Charles scheint Bewunderer des Zuckerbäckerstils zu sein, aber das lasse ich nicht zu. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, das renkt sich alles wieder ein.« Fahrig schob er seine Haare aus der Stirn. Widerborstig fielen sie sofort wieder zurück. »Verdammt heiß heute wieder und so feucht, wird es dir nicht zu viel?«
    Der Satz überlagerte in ihrer Wahrnehmung den ersten, und sie fragte nicht nach, was sich wieder einrenken sollte. »Du weißt, mir macht Hitze nichts aus, solange sie feucht ist«, antwortete sie, »ich bin eine Tropenpflanze.« Sie legte ihm die Arme um den Hals und küsste ihn. »Hmm«, sie leckte sich die Lippen, »du hast Pfefferminz gegessen. Setz dich auf den Balkon, ich bin gleich fertig.« Nach dem Duschen zog sie ein weites, besticktes Baumwollhemd und lange Hosen an und sprühte sich rasch mit Mückenschutz ein, Arme, Beine und auch einmal kurz unter das Hemd, denn die Mücken fanden immer einen Weg, sich an ihr zu delektieren, und seit einiger Zeit war die Malaria auch hier wieder auf dem Vormarsch.
    Martins Stuhl schurrte laut über die Terrakottasteine des Balkons. »Es ist zum Kotzen«, stieß er hervor und kam ins Zimmer. Sein Gesicht war wutverzerrt, der Mund war ein scharfer Strich, die Haare standen wirr hoch.
    Erschrocken musterte sie ihn, wusste nicht, was plötzlich in ihn gefahren war. In der letzten Zeit war er

Weitere Kostenlose Bücher