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Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Ein letzter Brief von dir (German Edition)

Titel: Ein letzter Brief von dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Ashton
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wie möglich zu bewerkstelligen war. Sheraz erklärte sich gern bereit zu liefern, er ist so ein Gentleman. Ich besaß bereits einen Computer und machte mich mit der riesigen Auswahl von, na ja,
allem
vertraut, was man online bestellen kann. Ich besorgte mir die Telefonnummer aller Geschäfte hier in der Gegend, die ich frequentierte, und mit Hilfe einer erfundenen Grippe lieferten sie alle ins Haus. Nachdem ich das einmal erreicht hatte, war es einfach, weiterhin um Lieferungen zu bitten. Weiße Haare und Altersflecken haben auch ihre Vorteile.»
    «Das sind ja wohl Sommersprossen», widersprach Orla. Sie war dankbar für Maudes Aufleben, aber auch skeptisch. Maude stellte ihren Abstieg in die Einzelhaft als gelungenen Coup dar.
    «Urlaube sind unmöglich. Ich bin froh, dass ich früher gereist bin. Freundschaften, na ja, viele sind auf der Strecke geblieben.» Maude blinzelte ein paar Erinnerungen weg.
    Orla hatte sich nie gefragt, warum so eine gesellige, bereichernde Dame so wenige Freunde hatte.
Zu verdammt beschäftigt damit, dich um dich selbst zu drehen,
lautete die brüske Erkenntnis. «Ist das der eigentliche Grund, warum du die Wohnung untervermietet hast? Um Menschen ins Haus zu holen?»
    Maude sah überrascht aus. «Du liebe Güte, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen!», rief sie. «Das hätte ich nie … Ich habe das wohl hinter meinem eigenen Rücken getan, aber du hast mich sofort durchschaut.» Sie nickte wohlwollend. «Wir sitzen hier seit einer Ewigkeit, Liebes, und mein bejahrtes Hinterteil leidet. Könnten wir uns an einem anderen Abend wieder zusammenfinden?»
    «Also …» Orla hätte das Thema lieber ausdiskutiert. «Noch eine Sache. Was folgt nun daraus?»
    Maude zuckte mit den Schultern, strich ihren Rock glatt, betupfte ihr Haar. «Ich komme wunderbar zurecht. Besonders jetzt, wo ich dich habe. Und ich bilde mir ein, dass du mich noch ab und zu besuchen wirst, wenn du weitergezogen bist.»
    «Das versteht sich von selbst. Aber es ist nicht genug. Du musst da raus, Maude, in die echte Welt. Ich will dich zum Tee ausführen. Ich will mit dir zusammen Enten füttern. Ich will dir die Schreckenskammer zeigen, Sheraz’ Kühlraum.» Maudes Glucksen spornte sie an. «Kann ich deinen Hausarzt um einen Hausbesuch bitten und alles Weitere mit ihm besprechen?»
    Das Glucksen blieb Maude im Halse stecken. «Auf gar keinen Fall. Hörst du? Nein.»
    Orla seufzte.
    «Ich weiß, ich weiß», stöhnte Maude mit verzweifeltem Gesicht. Die aufgeweckte Höflichkeit hatte sich aufgelöst. «Du verdienst es nicht. Du versuchst mir zu helfen, aber mir ist nicht mehr zu helfen.» Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen, und als sie den Kopf wieder hob, hatte wie von Zauberhand erneut ihr alter Gesichtsausdruck die Oberhand gewonnen. «Die Wahrheit ist, ich habe das Beste aus meinem Leben gemacht. Und das Schicksal hat mich nicht fallengelassen: Es hat mir dich gesandt. Wenn du mir wirklich helfen willst, dann lass mich in Frieden so weitermachen.»
    «Keine Chance.»
    «Du bist diejenige, um die wir uns Sorgen machen sollten», sagte Maude, stand auf und stützte sich mit den Fingerknöcheln schwer auf den Tisch.
    «Ich? Wieso?» Orla drückte den Rücken durch und wappnete sich gegen den Vorwurf des Cyber-Stalkings. Maudes Kompetenzen beinhalteten vermutlich auch Gedankenleserei.
    «Weil deine neue Beziehung zu diesem verteufelt gut aussehenden Marek wertvoll und zerbrechlich ist. Und du verhältst dich wie ein Mädchen, das eine Ming-Vase in einem Einkaufsnetz herumschwingt.»
    Also wusste sie es nicht. Gut. «Ich merke, was du vorhast, du Schlitzohr. Es geht hier um dich, nicht um mich. Ich werde dich zu nichts zwingen, was du nicht möchtest, Maude, aber stell dir mal einen Moment lang vor, es wäre umgekehrt. Was würdest du tun?»
    Maude bedachte Orla mit ihrem bohrendsten Blick, dann gab sie auf und hob beide Hände. «Da hast du mich erwischt, Liebes. Da hast du mich erwischt.»
    «Maude! Warte.» Orla fing sie an der Tür ab und schloss sie in die Arme, als wäre Orla eine Mutter und Maude ihr Lieblingskind. «Du bedeutest mir so viel», sagte sie.
    «Ich weiß», erwiderte Maude.

Kapitel sechsundzwanzig
    O rla sah auf die Uhr. Die Studenten saßen über ihre Freitags-Klausuren gebeugt. Mareks Flugzeug war jetzt vermutlich in der Luft. Ihr Abschied vor seinem Haus zu unchristlich früher Stunde war süß gewesen. Er hatte ihre Hände genommen und sie geküsst.
    Der einzige Mensch, der über ihre

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