Ein Lord mit besten Absichten
meiner Frau und den meines Sohnes. Haben Sie irgendwelche Fragen?«
Die angetretenen Lakaien, Butler und übrigen männlichen Angestellten schüttelten den Kopf. Crouch hob seinen Haken.
»Ja?«
»Äh, M’lord, was soll’n wir tun, wenn M’lady das Haus verlass’n möchte?«
»Ich habe Lady Weston davon in Kenntnis gesetzt, dass sie das Haus nur zusammen mit mir verlassen darf oder mit Lord Rosse.«
Crouch rieb sich mit dem runden Teil seines Hakens übers Kinn. »Verzeih’n Se, M’lord, aber das hat se das letzte Mal nich’ abgehalt’n.«
Noble blickte grimmig. »Was sich nicht wiederholen wird. Gibt es sonst noch Fragen? Nein? Ausgezeichnet. Hat jeder eine Waffe?«
Die Männer nickten. Einer der Lakaien hustete und trat vor.
»Ja, Dickon?«
»Mylord, wäre es nicht besser, wir hätten eine Parole? Wie in
The Mysteries of Limehouse
, wo die Wachen eine berüchtigte Bande von Piraten fassen konnten, als diese eine Gruppe junger Damen für einen Sultan aus einem fernen Land entführen wollten, wo man Liebessklavinnen aus ihnen gemacht und sie gezwungen hätte …«
»Ja, ja, ich verstehe, Dickon. Sehr schön. Dann denken wir uns eine Parole aus. Irgendwelche Vorschläge?«
»Testikel!«, platzte Charles heraus.
Noble sah ihn verwundert an.
»Bestimmt meint er Tentakel, M’lord. Er hatte gestern ’n halb’n Tag frei und ein’n von den Oktopant’n im Zoo geseh’n.«
»Nein, ich meine Testikel«, wiederholte Charles.
Noble musterte seinen Lakaien. »Gibt es einen bestimmten Grund, warum Sie möchten, dass die Parole Testikel lautet, Charles?«
Der junge Mann saugte die Wangen ein und wippte auf den Fußballen. »Nein, Mylord.«
»Dann gefällt Ihnen das Wort also einfach?«
»Ja, Mylord.«
Noble baute sich vor dem Lakaien auf und sah ihn durchdringend an. »Und Sie haben mir vielleicht nicht noch irgendetwas zu erzählen, was Sie bisher versäumt haben, Charles?«
Charles riss die Augen auf. »Ich, Mylord?«, fragte er schrill.
»Mmm«, sagte Noble und blickte ihn noch einmal scharf an, ehe er wieder den Raum durchmaß. »Also schön, dann lautet unsere Parole Testikel. Sollten Sie jemandem begegnen, der auf den Zuruf, ›Halt, wer ist da?‹, nicht auf der Stelle mit ›Testikel‹ antwortet, halten Sie ihn fest und rufen nach Unterstützung.«
»Eine Dame würde so etwas nicht sagen«, gab Charles zu Bedenken.
Noble wirbelte herum, um zu sehen, wer ihn da unterbrach. »Wie bitte?«
»Sie haben mich gefragt, ob ich einen bestimmten Grund für das Wort Testikel hätte, Mylord. Mir ist einer eingefallen. Eine Dame würde so etwas nicht sagen. Und deshalb würde jede Schurkin, die uns begegnet, die Parole nicht sagen.«
»Äh … richtig. Noch weitere Fragen?«
»Sie würde etwas anderes sagen«, fuhr Charles fort. Noble ignorierte ihn und ließ den Blick über die Reihe der Lakaien schweifen.
»So etwas wie Glockenspiel«, erwiderte Dickon mit einem Nicken. »So hat meine Mama sie immer genannt.«
»Gehänge«, ergänzte Crouch. »Erbsen. Kronjuwelen.«
»Ja, genau. Gibt es noch …?«
»Billardkugeln«, sagte einer der Bow Street Runners.
»Nein, sie heißen Glocken, so heißen sie«, kam es von jemand anderem.
Noble rieb sich den noch immer schmerzenden Kopf. Die Schmerzen schienen wieder zuzunehmen.
»
Les accessoires
«, steuerte Tremayne zwei mit perfektem französischem Akzent bei.
»Nüsse«, warf Crouch ein.
»Bällchen. Eine Dame würde bestimmt Bällchen sagen«, schlug Charles vor und blickte auf, als sich die Tür öffnete. »Ah, Mylady, könnten Sie uns wohl eine Frage beantworten? Hätten Sie Hemmungen, folgendes Wort zu sagen …?«
»
Charles!
«, bellte Noble. »Das wäre alles! Sie können gehen. Alle!«
»Welches Wort?«, fragte Gillian, als die Lakaien an ihr vorbei hinausmarschierten. Noble bedachte sie mit einem Blick, der besagte, dass sie es bloß nicht wagen sollten, ihr zu antworten.
»Klöten«, murmelte Crouch, als er die Tür hinter sich schloss.
Gillian wandte sich zu Noble um. »Klöten? Ach, Testikel. Was ist damit? Ist mit deinen vielleicht etwas nicht in Ordnung?« Mit besorgter Miene lenkte sie ihren Blick auf Nobles Hosenstall. »Hast du dir letzte Nacht wehgetan? Du warst ziemlich forsch, mein Lieber, aber heute Morgen schien alles an dir in bester Ordnung zu sein. Soll ich kurz nachschauen?«
Sie langte nach den Knöpfen seiner Hose. Noble fing ihre Hand ab. »Da unten ist alles in bester Ordnung, danke. Hast du getan, worum
Weitere Kostenlose Bücher