Ein Lord mit besten Absichten
muss ich dir wohl etwas zu viel gegeben haben, denn du hast geschlafen wie ein Toter.«
Seine Empörung von eben kehrte zurück. »Entsinne ich mich richtig, dass du und Crouch eine Diskussion über meinen Allerwertesten hattet?«
Gillians Gesicht erstrahlte, und sie trat wieder vor. Sie befand sich in sicheren Gefilden. Bestimmt konnte er nichts Falsches daran finden, dass sie ihn, wie es sich für eine liebende Ehefrau gehörte, verteidigt hatte. »Oh ja, ich hatte mich gefragt, ob du wach bist oder nicht. Crouch machte ein paar ziemlich abfällige Bemerkungen über dein wunderbares Hinterteil, und ich habe ihm widersprochen. Wenn es um solche Dinge geht, darf man nicht zu nachsichtig mit seinen Piraten sein. Ich meine, was Bemerkungen übers eigene Hinterteil angeht. Siehst du das nicht genauso?«
Noble öffnete den Mund, um zu antworten, schloss ihn aber wieder, als er merkte, dass er nicht wusste, was zur Hölle er darauf erwidern sollte. Winzige Stiche an seinen Schläfen gingen in ein schmerzhaft dumpfes Dauerpochen über. Wenn er sich konzentrierte, konnte er die Schmerzen so weit ignorieren, um das erhellende Gespräch von eben fortzuführen.
»Nur noch mal, um zu sehen, ob ich alles verstanden habe. Du hast mich außer Gefecht gesetzt und McGregor entführt, damit keiner von uns zum Duell erscheint und der eine vom anderen denkt, er sei dem Duell ferngeblieben?«
Gillian nickte. »Ich dachte, das sei nur fair. Ich wollte nicht, dass einer den anderen der Feigheit bezichtigt, weil er nicht da war.« Sie blickte nachdenklich. »Es hat ganz gut funktioniert. Hat Crouch mir erzählt. Lord Carlisle war sehr zuvorkommend und hat Crouch keinerlei Schwierigkeiten gemacht, nachdem Lord Carlisle einen Schwinger von ihm bekommen hatte. Crouch wollte mir zwar nicht so genau sagen, was ein Schwinger ist, aber er hat Lord Carlisle bestimmt gut gefallen, weil er danach nämlich friedlich mit Crouch mitgegangen ist.«
Noble überlegte, ob er ihr verraten sollte, dass es sich um einen Boxhieb handelte, verzichtete dann aber darauf. Sie schnappte von Crouch schon genügend Ausdrücke auf, die in ihrem Sprachgebrauch nichts verloren hatten. »Ich nehme an, dass er wieder auf freiem Fuß ist?«
»Aber ja, seit dem frühen Morgen. Crouch sagte, dass er vor Wut getobt hätte, sich dann aber schnell beruhigte, als er noch einen Schwinger bekam. Ich hoffe, dass dies nicht zur Gewohnheit wird.«
Noble schloss die Augen und sackte in den Sessel zurück. Er wusste nicht, ob er sie erwürgen sollte, weil sie sich ständig einmischte, oder ob er sie erst küssen und ihr dann erzählen sollte, was er in der Zwischenzeit getan hatte. Vielleicht sollte er beides tun. Erst schnell ein bisschen würgen und danach küssen. Ausgiebig küssen. Er öffnete die Augen und blickte in ihr besorgtes Gesicht. Vielleicht könnte das Würgen noch ein bisschen warten und er sollte sie lieber zuerst küssen.
»Oh ja, da stimme ich dir zu.« Gillian nickte eifrig. Noble starrte sie an.
»Wobei stimmst du mir zu?«
»Dass das Würgen noch warten kann und du mich lieber erst küssen solltest. Ich mag es, wenn du mich küsst. Dann bekomme ich immer butterweiche Knie.«
Herr im Himmel, jetzt hatte er auch noch ihre unselige Angewohnheit übernommen! Er stählte sich gegen ihren hoffnungsvollen Blick und sah sie missmutig an. »Gillian, ich verbitte mir jede Einmischung –«
»Noble?«, unterbrach sie ihn und wirkte wieder ziemlich beunruhigt. »Wird diese Strafpredigt lange dauern? Wenn ja, würde ich gerne erst über etwas anderes mit dir reden …«
»Das kann ich mir gut vorstellen, meine Liebe …«
»Ich würde gerne über Nick sprechen«, fuhr sie fort, als hätte er gar nichts gesagt. »Er hat mir von der Nacht, in der Elizabeth starb, erzählt, und ich denke, dass du ihm unbedingt versichern musst, dass er nichts falsch gemacht hat. Er war furchtbar unglücklich über den Gedanken, versagt oder dich in irgendeiner Weise enttäuscht zu haben.«
Noble starrte sie an und konnte nicht glauben, was sie da sagte. »Er hat es dir erzählt? Genau so, wie er dir erzählt hat, dass es ihm in London gefällt?«
Sie zog die Brauen hoch. »Nein, natürlich nicht, er hat es mir erzählt. Das heißt, er hat gesprochen …«
Noble war schon aufgesprungen, noch ehe er wusste, was er tat. »Er hat es dir erzählt? Er hat gesprochen?« Seine Hände lagen auf Gillians Schultern, während seine Augen sie anfunkelten. »Er hat tatsächlich gesprochen,
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